- Perchta
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Frau Perchta ist eine Sagengestalt, die sich in verschiedener Weise in der kontinentalgermanischen und slawischen Mythologie findet. Sie ist vermutlich unter Assimilation keltischen Substrats aus der germanischen Göttin Frigg hervorgegangen. Ihr entspricht in Mitteldeutschland die Sagengestalt Frau Holle. Der Name ist möglicherweise von althochdeutsch peraht für ‚hell, glänzend‘ abgeleitet und bedeutet demnach „Die Glänzende“. Andere Vermutungen gehen dahin, dass der Name Percht/Perchta keltischen Ursprungs ist.
Inhaltsverzeichnis
Vorkommen
Die Sagengestalt Frau Percht kommt vor allem im oberdeutschen Sprachgebiet sowie in geringerem Maße in Slowenien und Tschechien vor. Im Gebiet der nieder- und mitteldeutschen Dialekte ist sie unbekannt. Dort dominieren Frau Holle, sowie – weiter nördlich – weitere Volksglaubensgestalten wie Frau Fricke oder Frau Gode/Wode. Zwischen dem Percht- und Holle-Gebiet gibt es nur wenige Überschneidungen.
Zusammen mit Namensvarianten, Ausweichformen und präexistenten Substitutionsgestalten füllen Sagen und sonstige Hinweise über Perchta den gesamten oberdeutschen Sprachraum aus. Namensvarianten und Ausweichformen sind z. B. Bercht, Berchta, Pertica, Per(ch)tiga, Stampfe, Paxto-Stampfo oder Sperchta. Diese Namen sind aber nur kleinräumlich und in Gemengelage mit dem eigentlichen Namen Perchta anzutreffen. Gelegentlich sind auch Sagenmotive aus dem im Zusammenhang mit der Perchta stehenden Mittwinterbrauchtum auf christliche Heilige übertragen worden. So ist z. B. im Raum Passau die Perchta nicht anzutreffen, dafür hat aber in den Sagen die Heilige Lucia viele ihrer Attribute angenommen. Dies kann damit erklärt werden, dass im 14./15. Jahrhundert der 13. Dezember – ihr Namenstag – aufgrund der Verschiebungen des Julianischen Kalenders der kürzeste Tag des Jahres war. Sie ist also in Bezug auf Percht eine „präexistente Substitutionsgestalt“.[1]
Der früheste sichere Schriftbeleg über Perchta stammt aus dem 13., ein wahrscheinlicher Beleg aus dem 12. und ein erwägenswerter aus dem 11. Jahrhundert.[2]
Sprachgeographische Untersuchungen belegen die Wahrscheinlichkeit, dass der Name Percht mindestens bis zur zweiten Lautverschiebung zurückreicht.[3]
Sagen
Perchta bestraft Faulheit und Verstöße gegen das Festspeisegebot. Die Bestrafung kann von einfachen Albträumen bis hin zum Aufschlitzen des Bauches reichen (Gastrotomie). Der Bauch des Opfers wird dann gerne noch mit Steinen gefüllt, um es in einem Brunnen zu versenken.[4] Zudem kann Perchtas Atem töten oder blenden.
Umgekehrt belohnt sie Fleiß und Hilfsbereitschaft. Neben vollen Spulen, goldenen Fäden und Flachknoten für Spinnerinnen verschenkt sie auch Münzen, die Mägde in Eimern (vorwiegend am Brunnen) finden. Sie soll aber auch für das Wachstum des Getreides zuständig sein.[5]
Der Brunnen oder ein Teich sind auch die Orte, an dem Perchta die noch nicht geborenen Seelen hütet.[6] In diesem Sinne gilt sie auch als Führerin der Schar der ungeborenen Kinder.[7]
Die Perchta wird auch als Butzebercht, als alte Frau dargestellt, die einen verkrüppelten (vom Spinnen zu groß geratenen oder auch enten- oder gänseförmigen) Fuß hat, wie die alten Frauen in dem Märchen Die drei Spinnerinnen.
Perchta tritt vor allem in den Raunächten, also der Zeit zwischen der Wintersonnenwende und dem 6. Januar auf. Ihr Tag ist vornehmlich der 6. Januar (Epiphanias bzw. Dreikönigstag). Perchta soll in dieser Zeit durch die Lüfte fahren.[8]
Die Namensähnlichkeit zwischen Frau Perchta und Knecht Ruprecht lässt eine Verbindung zwischen den beiden Figuren erahnen. Dafür spricht auch ihr belohnendes bzw. bestrafendes Verhalten sowie dass beide bevorzugt in den Wintermonaten auftreten.[9]
Deutung
Bei Beschreibungen der Percht werden die Attribute Eisen und Nase stark betont. Sie führt die Gastrotomie (Bauchöffnung/Aufschlitzen) mit eisernen Geräten aus. Auch das Beil ist aus Eisen, mit dem sie in den Körper ihrer Opfer hackt. Sie rasselt in vielen Erzählungen zudem mit einer eisernen Kette. Fast durchgängig wird betont, dass Perchta eine große Nase habe. Diese auffällige Betonung des Eisens kann auf ein vorgermanisches Substrat hinweisen. So war das keltische Noricum der größte Eisenlieferant des Römischen Reiches. Dort wurde die Göttin Noreia sehr verehrt. Sie galt u. a. auch als Göttin des Bergbaus. Das Motiv Nase kann als Vogelschnabel gedeutet werden und weist vermutlich auf eine alte Vogelgöttin hin, die in zahlreichen Varianten in Südosteuropa verehrt wurde.
Die Germanistin Erika Timm vermutet, dass diejenigen Germanengruppen, die nach Süddeutschland zogen, dorthin ein weibliches Numen mitbrachten, das dem entsprechenden mitteldeutschen – also der später so genannten Frau Holle – noch sehr ähnlich war. Bald hätten sie es aber mit Elementen aus dem Brauchtum der Alteinwohner dieser Gebiete ausgestattet. Dies kann die gemeinsamen Elemente von Frau Holle und Perchta erklären, aber auch die jeweiligen Besonderheiten.
Die Perchtenläufe scheinen dagegen viel jünger zu sein als die Sagen über das Numen. Sie sind erstmals im Jahr 1582 schriftlich bezeugt. Auch in der von Erika Timm ausgewerteten Anti-Aberglaubensliteratur aus der Zeit zwischen dem 13. und dem 15. Jahrhundert, die selbst geringfügige Speiseopfer an die Percht als Todsünde verdammte, werden die Perchtenläufe nicht erwähnt. Allerdings sind vergleichbare Umzüge in zahlreichen Gebieten Europas bekannt, so z. B. die Graubündener Stopfer und die aus dem bayerisch-österreichischen Gebiet stammenden Klöpfler.
Dies könnte darauf hindeuten, dass früher existierende Bräuche im 16. Jahrhundert nun damit begründet wurden, man wolle die Percht jagen, was noch einigermaßen toleriert wurde, da sich der Brauch gegen den „Dämon“ richtete. Erst im Zeitalter der Gegenreformation war diese Toleranz vorbei, und die Perchtenläufe wurden von der katholischen Kirche und der weltlichen Obrigkeit rigoros unterdrückt. Bei ihnen handelt es sich wahrscheinlich nicht unmittelbar um Perchta-Brauchtum.[10]
Siehe auch
Literatur
- Jacob Grimm: Deutsche Mythologie. Olms-Weidmann, Hildesheim 2003, ISBN 3-487-09817-2.
- Erika Timm: Frau Holle, Frau Percht und verwandte Gestalten. 160 Jahre nach Jacob Grimm aus germanistischer Sicht betrachtet. Hirzel, Stuttgart 2003, ISBN 3-7776-1230-8.
Aufsätze
- Paolo Zammatteo: Il bosco sacro di Luserna In: Vox Populi, September 2009
Weblinks
Commons: Perchta – Album mit Bildern und/oder Videos und AudiodateienEinzelnachweise
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