Philosophie der Technik

Philosophie der Technik

Unter Technikphilosophie versteht man die philosophische Untersuchung der Bedeutung der Technik.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Technikphilosophie ist keinesfalls eine Erfindung der Neuzeit. Vielmehr haben sich bereits Protagoras und Platon mit ihr auseinandergesetzt, später dann auch Hegel, Marx, Heidegger (Die Frage nach der Technik) oder Walter Benjamin. Die konkrete Beschäftigung mit dem Thema "Technik" wurde in der Philosophie jedoch erst Ende des 19.Jahrhunderts durch das Buch "Grundlinien einer Philosophie der Technik" (1877) von Ernst Kapp ausgelöst. Ausgangspunkt waren Erkenntnisse aus der Biologie, die den Menschen als „Mängelwesen“, d.h. mangelhaft in der Spezialisierung seiner Organe, sah. Anders als alle anderen Tiere ist der Mensch in keiner Weise auf eine spezielle Lebensumgebung angewiesen, sondern kann und muss sich auf Grund dieses Mangels ständig seinen eigenen Lebensraum schaffen. Im 20. Jahrhundert nahm Arnold Gehlen diese These vom Mängelwesen Mensch wieder auf und integrierte diese in seine kulturpessimistische Anthropologie.

Magie und Technik: Ernst Cassirer hat darauf hingewiesen, dass die heutige technische Kultur bereits Anklänge in der magischen Weltauffassung vortechnischer Kulturen findet. Grundlage für technisches Denken und Handeln ist jeweils die Distanz von der zu verändernden Natur. Ohne die Distanzierung des Subjekts von der objektiven Welt kann keine technische Entwicklung stattfinden. Diese erste objektivere Haltung, erste Reflexion über die Beschaffenheit der Welt ist in der magischen Weltauffassung inhärent. Ihr liegt ein Glaube zu Grunde, die Welt durch feste Riten und Handlungsabläufe verändern zu können. Die Willkür oder der Glaube an eine allumfassende und -beherrschende Schicksalskraft (das Göttliche) tritt also schon im magischen Handeln zurück. Doch erst die naturwissenschaftlich-analytische Versuchsanordnung des Experiments hat im Laufe des 17., 18. und 19. Jahrhunderts zu einer endgültigen Loslösung des Subjekts vom Objekt geführt. Die Beschreibung von Naturgesetzen nach festen, ahistorischen Grundsätzen erlaubte eine zunehmend rationale Beschreibung der Welt.

Technikphilosophie und Lebensphilosophie

Grundlegungen

In seiner Schrift Der Mensch und die Technik (1931) verbindet der Kulturphilosoph Oswald Spengler das Problem der Entwicklung der Technik mit der Urfrage des Lebens, des Ringens um Macht. Die führe gerade in der Krise der neuesten Zeit (erste Hälfte des 20. Jahrhunderts) zu katastrophalen Entwicklungen, vor allem innerhalb der faustischen Kultur. Diese seien jedoch schicksalhaft hinzunehmen.

Sowohl Gehlen als auch Cassirer verweisen auf die enge Verknüpfung von technischer Entwicklung und der Entstehung und Unterstützung des kapitalischen Wirtschaftssystems.

Neuere Entwicklungen

Günther Anders untersuchte die Auswirkung des technischen Fortschritts auf die Psyche des Menschen sowie seine ethisch-moralischen Folgen (Die Antiquiertheit des Menschen, Band 1: 1956; Band 2: 1980).

Mit dem ethisch-moralischen Aspekt unserer zunehmend technisierten Welt beschäftigte sich auch der Moralphilosoph Hans Jonas. Er stellte die Diskussion unter das Thema "das Prinzip Verantwortung" (1979). Es habe sich, so Jonas, eine "Heuristik der Furcht" entwickelt, die einzig noch vor der Selbstzerstörung des Menschen durch die von ihm entwickelte Technik schütze. Die Absehbarkeit und Furcht vor den möglichen Folgen vor der Verwendung von Technik verhindere ihren Einsatz. Längerfristig könne nur eine moralische Verantwortung die Technik lenken.

In Deutschland wurde die akademische Technikphilosophie u.a. von Christoph Hubig, Klaus Kornwachs und Günter Ropohl weiterentwickelt (s. Literatur).

Stanisław Lem übertrug in einem literarischen Gedankenexperiment die biologische Evolutionstheorie auf technische Systeme und spekulierte in diesem Zusammenhang auch über die Möglichkeiten von Nanotechnologie und verteilter künstlicher Intelligenz (Der Unbesiegbare, 1964). Mit diesen und ähnlichen Themen beschäftigte er sich auch in Summa Technologiae (1964). Dort konzeptualisierte er seine Vorstellungen von biologischer, technischer und soziokultureller Evolution, künstlicher Intelligenz, virtueller Realität, Computersimulation, Nanotechnologie und technologischer Singularität.

Transhumanisten denken über die technische Weiterentwicklung des Menschen nach.

Siehe auch

Literatur

  • Achterhuis, Hans. (ed.), American Philosophy of Technology: The Empirical Turn, Bloomington: Indiana University Press, 2001
  • Cassirer, Ernst. Symbol,Technik, Sprache. Aufsätze aus den Jahren 1927-33. Hrsg. E.W. Orth und J. M. Krois. Hamburg: Meiner 1985.
  • Peter Fischer: Technikphilosophie. Reclam, Leipzig 1996. ISBN 3379015660
  • Gerhard Gamm/Andreas Hetzel (Hg.): Unbestimmtheitssignaturen der Technik. Eine neue Deutung der technisierten Welt. transcript, Bielefeld 2005.
  • Christoph Hubig, Alois Huning, Günter Ropohl (Hg.): Nachdenken über Technik. Die Klassiker der Technikphilosophie. edition sigma, Berlin 2000. ISBN 3-89404-952-9 Verlagsanzeige
  • Christoph Hubig: Die Kunst des Möglichen I. Technikphilosophie als Reflexion der Medialität. transcript, Bielefeld 2006.
  • Günter Ropohl: Allgemeine Technologie - Eine Systemtheorie der Technik. Carl Hanser Verlag, München/Wien 1999
  • Bernhard Irrgang: Philosophie der Technik; 3 Bd, Schöningh, Paderborn u. a. 2001-2002.
  • Rudi Zimmerman, Das System Mensch. Konstruktion und Kybernetik des neuen ganzen Menschen, Berlin. 2003, ISBN 3-00-012784-4
  • Thomas Zoglauer (Hrsg.): Technikphilosophie. Alber Verlag, Freiburg, 2002.
  • Nicole C. Karafyllis und Tilmann Haar (Hg.): Technikphilosophie im Aufbruch. Festschrift für Günter Ropohl. edition sigma, Berlin 2004.

Weblinks


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