Polizeiregiment Bozen

Polizeiregiment Bozen
Eingang zum Höhlensystem

Die Ardeatinischen Höhlen (ital.: Fosse Ardeatine) sind zwei kurze, miteinander verbundene Höhlengänge in Rom. Hier wurden am 24. März 1944 auf Befehl des SS-Polizeichefs von Rom, Herbert Kappler, unter Beteiligung von Generalmajor Kurt Mälzer (1894 bis 1952), dem Stadtkommandanten von Rom (ab 31. Januar 1944 bis 8. Mai 1945) und Chef des Sicherheitsdienstes in Rom, 335 italienische Zivilisten erschossen. Das Massaker war eine Vergeltungsmaßnahme für den Tod von 33 Südtiroler Angehörigen des Polizeiregiments „Bozen“, die tags zuvor bei einem von der Resistenza durchgeführten Bombenanschlag in der Via Rasella getötet wurden.[1] Unter den Erschossenen waren 57 jüdische Geiseln.

Inhaltsverzeichnis

Das Attentat in der Via Rasella

Am 23. März 1944 explodierten eine in einem Müllkarren verborgene Bombe und eine präparierte Mörsergranate an der Kreuzung Via Rasella und Via del Bocaccio gegen 15:00 Uhr. 33 deutsche Angehörige der gerade vorbeimarschierenden 2. Kompanie des III. Bataillons des Regiments „Bozen“ wurden getötet, 67 verwundet. Außerdem starben zwei italienische Staatsbürger. Eine römische Gruppe der Resistenza hatte den immer gleichen Weg der militärischen Einheit zu ihrem Wachdienst am Viminal registriert, das Attentat lange geplant und gut vorbereitet. Sie gehörte zur Italienischen kommunistischen Partei, der Anschlag war durch den Militärausschuß des nationalen Befreiungskomitees (Giunta militare del Comitato di liberatione nazionale (CLN)) gebilligt worden.

Vorbereitung der Sühnemaßnahme

Noch am Tag des Attentats berieten Generaloberst Eberhard von Mackensen, Oberbefehlshaber der 14. Armee, Generalleutnant der Luftwaffe Kurt Mälzer, Stadtkommandant von Rom, und SS-Obersturmbannführer Herbert Kappler geeignete Vergeltungsaktionen. Kappler schlug vor, für jeden gefallenen Deutschen zehn Italiener zu erschießen. Er erbot sich, die Opfer dafür in den Gefängnissen des Sicherheitsdienstes der SS aufzutreiben. Albert Kesselring stimmte zu. Am Abend noch kam Hitlers Zustimmung zum Vorschlag aus Rom, Generaloberst Alfred Jodl bestimmte, dass die Exekution bis zum nächsten Abend durchzuführen sei und dem Sicherheitsdienst, also Kappler, obliege.

Kappler hatte die Anzahl der Todeskandidaten in den Gefängnissen des Sicherheitsdienstes überschätzt, obwohl auch die noch nicht zum Tode Verurteilten einbezogen wurden. Er geriet bei der Realisierung der Exekution deswegen in Schwierigkeiten. Es war die Erschießung von 320 Personen angeordnet, als einer der beim Anschlag Verletzten starb, ging es um 330. Der faschistische Polizeichef von Rom half ihm mit Insassen italienischer Gefängnisse und Straflager aus, was aber immer noch nicht reichte. Die noch fehlende Anzahl und fünf mehr requirierte Kappler unter den Juden, die den Deportationen noch entgangen waren.

Kappler wählte die Fosse Ardeatine als Ort für die Exekution aus, einige Sandsteinhöhlen an Roms Stadtgrenze.

Hinrichtung

Die bei ihrem Abtransport noch ahnungslosen Opfer wurden in Gruppen zu fünf Mann mit auf dem Rücken gefesselten Händen in die Höhlen geführt, mussten dort niederknien und erhielten sofort einen Genickschuss. Die Hinrichtungen dauerten Stunden. Als die Leichenberge zu hoch wurden, mussten die neuen sich auf die bereits getöteten legen. 80 bis 90 SS-Männer führten die Hinrichtungen durch. Kappler beteiligte sich an den Erschießungen auch selbst. Ob die Opfer tot waren, wurde nicht kontrolliert. Nach Abschluss der Bluttat wurden die Höhlen gesprengt, manche mögen erst dabei umgekommen sein.

Die Opfer

322 der Opfer konnten identifiziert werden, von den meisten ist der Beruf bekannt. Es waren mehrheitlich politische Gefangene. 77 Arbeiter, 57 Angestellte oder Beamte im Öffentlichen Dienst, 54 Angehörige kaufmännischer Berufe, 38 Offiziere, darunter fünf Generale, 17 Straßenhändler, 12 Bauern, 12 Rechtsanwälte, neun Studenten, acht Künstler, sechs Architekten oder Ingenieure, fünf Professoren bzw. Lehrer, fünf Industrielle, fünf Soldaten, vier Metzger, drei Ärzte, ein Bankkaufmann und ein Priester. Der jüngste Tote war gerade 15 Jahre alt, der älteste bereits 74.[2]

Die britischen Militärgerichte

Kappler wurde vom „Militärgericht für den Bezirk Rom“ am 20. Juli 1948 wegen aller 335 Tötungen für schuldig gesprochen. Ein Richter hatte aber in einem anderen Verfahren (in Venedig gegen Albert Kesselring) die Bemerkung fallen lassen, dass selbst bei Akzeptanz einer Repressalquote von 10 Geiseln auf einen getöteten Soldaten „fünf Männer unter den 335 ermordet wurden“. Diese Bemerkung wurde von NS-Verteidigern später in eine tatsächliche internationale Akzeptanz einer derartigen Repressalquote umgedeutet, wobei sie verschwiegen, dass Kappler nicht für fünf, sondern für alle 335 Tötungen verurteilt worden war.[3]

Rezeption

Seit 1949 befindet sich in den Ardeatinischen Höhlen eine Gedenkstätte für die Opfer des Massakers. 1998 wurde der am Massaker beteiligte SS-Offizier Erich Priebke zu 15 Jahren Haft verurteilt.

Die Geschichte des Massaker in den Ardeatinischen Höhlen wurde 1973 von dem italienischen Regisseur George P. Cosmatos, mit Richard Burton in der Hauptrolle, unter dem Titel: "Rappresaglia" verfilmt. Der Film, welcher auf Deutsch unter dem Titel: "Massaker in Rom - Der Fall Kappler" erschienen ist, kann mittlerweile auf DVD erworben werden. Im Abspann des Films werden schließlich alle Namen der 1944 von der SS in den Ardeatinischen Höhlen erschossenen Personen, sowie deren Alter und Berufsstand genannt. Außerdem erfährt der Zuschauer, was mit den für die Erschießung verantwortlichen Personen nach Kriegsende geschah. Außerdem wird im Abspann des Films auch darauf hingewiesen, dass nach der Haager Landkriegsordnung (bis zu deren Änderung im Jahr 1949) Geiselerschießungen, Repressalien und Vergeltungsmaßnahme im Krieg legitim waren.

Literatur

  • Alessandro Portelli: L'ordine è già stato eseguito: Roma, le Fosse Ardeatine, la memoria. Donzelli, Roma 1999.
  • Joachim Staron: Fosse Ardeatine und Marzabotto: Deutsche Kriegsverbrechen und Resistenza. Paderborn 2002
  • Gerald Steinacher, Roma, Marzo 1944: il Polizeiregiment Bozen e l’attentato di Via Rasella, in: Carlo Romeo, Piero Agostini (Hrsg.), Trentino e Alto Adige, Province del Reich, Trento 2002, pag. 283-288.
  • Lorenzo Baratter: Dall'Alpenvorland a via Rasella, Storia dei reggimenti di polizia sudtirolesi (1943-1945), Publilux, Trento, 2003.
  • Lorenzo Baratter: Le Dolomiti del Terzo Reich, Mursia, Milano, 2005.
  • Unter Vorbehalt , weil es ein Roman ist: Robert Katz: Rom 1943–1944: Besatzer, Befreier und der Papst. Essen 2006 – Behandelt auch das Massaker in den Ardeatinischen Höhlen und die Haltung des Papstes Pius XII. in dieser Angelegenheit.

Einzelnachweise

  1. Francesco lo Sardo: Quelli del Bozen.http://www.lorenzobaratter.it/recensione-www/t_recensioni/id_266/
  2. Gerhard Schreiber: Die italienischen Militärinternierten im deutschen Machtbereich, 1943-1945, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 1990, ISBN 3-486-55391-7, S. 125f.
  3. Gerhard Schreiber: Die italienischen Militärinternierten im deutschen Machtbereich, 1943-1945, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 1990, ISBN 3-486-55391-7, S. 120-125

Weblinks

41.85719722222212.5101694444447Koordinaten: 41° 51′ 26″ N, 12° 30′ 37″ O


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