Presseball

Presseball
Ansicht vom Presseball 1895. Der Börsenjournalist Georg Schweitzer (dritter von rechts, erste Reihe) gehörte zu den Mitbegründern der Balltradition.

Ein Presseball ist eine von Journalistenverbänden organisierte gesellschaftliche Tanzveranstaltung, deren Einnahmen einem sozialen Zweck im Bereich des Journalismus zugute kommen. In Deutschland am bekanntesten ist der Bundespresseball.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der erste deutsche Presseball fand am 9. März 1872 als Wohltätigkeitsfest zugunsten notleidender Journalisten des Vereins Berliner Presse statt und erbrachte einen "Reingewinn" von 450 Reichsmark. Dabei orientierte sich der Berliner Verein am Vorbild des Wiener Schriftsteller- und Journalistenballs, der vom dortigen Presseclub Concordia, dem ältesten Journalistenverband der Welt, organisiert wurde. Die Tradition des 1872 erstmals veranstalteten Balls wird vom Presseball Berlin (auch Berliner Presseball genannt) fortgeführt.

Weil es vereinsintern Streit um eine Einladung an Reichskanzler Otto von Bismarck gab, konnte der zweite "Ball mit Festsouper" erst am 1. Februar 1879 nach längeren Debatten abgehalten werden. Kritiker warfen dem Ball-Comitee vor, mit Einladungen an Politiker die parteipolitische Neutralitäts- und Abstandspflicht von Journalisten verletzt zu haben. Bismarck erschien nie, sein Sohn Herbert war jedoch häufiger Ballgast.

Der erste deutsche Presseball wurde im Concerthaus am Dönhoffplatz getanzt (Leipziger Straße 45), 1879 feierte man im Hotel de Rome, ab 1880 im Centralhotel/Wintergarten, ab 1889 in der Alten Philharmonie an der Bernburger Straße (Nähe Potsdamer Platz), ab 1912 in den Festsälen am Zoologischen Garten. Nachdem die Bundespressekonferenz 1951 die Presseball-Tradition zunächst im Kurhaus von Bad Neuenahr wieder belebt hatte, wechselte man ab 1959 in die neu erbaute Bonner Beethovenhalle. 1990 zog man um ins Bonner Hotel Maritim. Seit 1999 findet der Bundespresseball in Berlin statt, im Hotel Intercontinental, am Ort der ehemaligen Festsäle am Zoo. Der Berliner Presseball fand zuletzt im Hotel Ritz Carlton am Potsdamer Platz (bis 2007) und 2008 im Maritim Hotel Berlin in der Stauffenbergstraße statt.

Titelblatt des Presseballalmanachs von 1907, als das 25-jährige Jubiläum gefeiert wurde
Joseph Goebbels, Hermann Göring und Werner von Blomberg auf dem Presseball 1934, Aufnahme aus dem Bundesarchiv

Ausdrückliches Ziel der Journalisten war zunächst die Hebung ihrer gesellschaftlichen Stellung und der bessere Kontakt mit Politik und Verwaltung. Doch in den ersten Jahren waren fast ausschließlich Schriftsteller, Theaterintendanten, Sänger, Schauspieler und Offiziere unter den Gästen. Der erste Kanzler, der den Presseball besuchte, war 1895 Hohenlohe-Schillingfürst. Mit Reichskanzler Bethmann Hollweg wurde die Anwesenheit von Spitzenpolitikern ab 1909 die Regel. Adolf Hitler hat den Presseball nie besucht. 1933 fand der Ball am Samstag/Sonntag, 28./29. Januar, einen Tag vor seiner Ernennung zum Reichskanzler statt und wurde damit das letzte gesellschaftliche Großereignis vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Auch der Presseball wurde "gleichgeschaltet", Zitat aus der BZ am Mittag vom 5. Februar 1934: "Das Pressefest war ganz auf die neue Gestaltung des großen gesellschaftlichen Lebens gestimmt. Es war die Überleitung zum Sonntag des Eintopfgerichts." NS-Propaganda-Minister Joseph Goebbels schreibt am 6. Februar 1937 in sein Tagebuch: "Ich gehe noch schnell zum Presseball. Ein schwerer Gang. Geschmacklos aufgezogen. Das darf man diesen Pressefritzen nicht mehr lassen Muß von uns gemacht werden. Aber gute Tänze."

Karikatur vom Presseball 1933: Der Platz des Reichskanzlers blieb frei, der Lack ist ab
Dekorationsskizze Presseball 1936: Tanz unter dem Hakenkreuz

Bis 1939 wurde der Presseball jeweils am letzten Samstag im Januar bzw. am ersten Samstag im Februar auf dem Höhepunkt der Ballsaison abgehalten, inzwischen findet der Bundespresseball jeweils an einem Freitag im November statt. Entscheidend ist jeweils die Terminplanung des Bundespräsidenten. Der Berliner Presseball soll künftig wieder jeden zweiten Samstag im Januar abgehalten werden.

Eintrittskarten wurden in der Gründungszeit nur an Mitglieder und Freunde ausgegeben, später öffentlich verkauft (bis zu 7000 Gäste in den Zoo-Sälen). Der Bundespresseball ist seit 1951 wieder eine geschlossene Veranstaltung der Bundespressekonferenz, deren Mitglieder persönliche Gäste einladen dürfen. Darüber hinaus erhalten Sponsoren ein geringes Kartenkontingent. Insgesamt sind etwa 2500 Gäste auf der Einladungsliste.

In seinen ersten Jahren war der Ball mehr Vereinsfeier als Tanzereignis. Er gab längere Darbietungen von Kabarett und Schwänken. Später wurde aus den launigen Szenen aus dem Vereinsleben ein groß angelegtes Unterhaltungsprogramm bis hin zur aufwändigen Revue, die von der UFA ausgestattet wurde (1939: Tanzpantomime "Die bunte und die weiße Feder"). Seit 1951 werden jeweils Musikstars eingeladen, die ein etwa halbstündiges Showprogramm bestreiten. Vorher und nachher spielen Tanzorchester.

Von Anfang an war die Tombola Hauptmerkmal des Presseballs. Ihre Erlöse dienten der Versorgung alter und kranker Journalisten. In Kaiserreich und Weimarer Zeit kamen ausschließlich hochwertige Kunstgegenstände und Bücher zur Verlosung, in den Bonner Jahren Alltags- und Gebrauchsartikel aller Art von der Kaffeemaschine bis zur Armbanduhr, allerdings auch Autos. Seit 1999 werden nur noch wenige (8 - 10) hochwertige Hauptgewinne verlost.

Rezeption

Seit 1879 besteht die deutsche Presseball-Tradition fort. Unterbrechungen gab es während der Kriegs- und Krisenjahre von 1915 bis 1919, von 1940 bis 1950, sowie 1977 (Deutscher Herbst/RAF-Terrorismus). 1983 musste der Presseball im Zelt stattfinden, weil die Bonner Beethovenhalle teilweise abgebrannt war. 2001 gab es nach dem Anschlag vom 11. September lange Diskussionen, aber der Ball wurde nicht abgesagt. Auf die Tombola wurde allerdings zugunsten der Opfer der Anschläge verzichtet.

Zu den renommiertesten Ballbeobachtern und -kritikern der ersten Stunde gehört Ludwig Pietsch, der bis 1910 Jahr für Jahr für die Vossische Zeitung lange Artikel über das Ereignis schrieb. Auch Theodor Wolff für das Berliner Tageblatt reportierte vom Presseball. In der Bonner Zeit berichtete Walter Henkels regelmäßig für die Frankfurter Allgemeine Zeitung in längeren Beiträgen vom Presseball. Das wichtigste Zeitdokument für den Bonner Presseball war der von der Bundespressekonferenz als Veranstalter eigens zu diesem Anlass jährlich herausgebrachte Almanach zum Presseball, der jeweils an die geladenen Gäste verteilt wurde. Er steckte immer voller Satire, selbstverfassten Gedichten und auch versteckten Hintergrundinformationen; die Beiträge wurden von bekannten Bonner Journalisten ehrenamtlich geliefert. Als Andenken für die Ballgäste gibt es beim Berliner Presseball eine Ballzeitung mit einer Gästeliste und vielen Fotos vom Abend.

Weitere Pressebälle

Neben dem Reichs- bzw. später Bundespresseball haben sich auch regionale Landespressebälle etabliert, meist Wohltätigkeitsfeste des jeweiligen Landes-Journalistenverbands bzw. der Landespressekonferenzen.

Der traditionelle Berliner Presseball sieht sich in der Ahnenreihe des ersten Presseballs von 1872. Er ist nicht mit dem Bundespresseball zu verwechseln. Nach einer finanziellen und organisatorischen Krise und einem Verlust von 135.000 Euro kauften die Privatinvestoren Andreas Dorfmann (75%) und dessen Prokuristin Marina Schill (25%) für 50.000 Euro die Markenrechte am Ball im März 2007. Seitdem ist der Presseball Berlin eine Veranstaltung ohne Bezug zu Presseverbänden, jedoch mit Wohltätigkeitsabsichten zugunsten von Journalisten.

Auch der einst renommierte Münchner Presseball, neuerdings als Bayerischer Medienball bezeichnet, wurde von der Krise der Medienwirtschaft getroffen und musste 2008 und 2009 mangels Sponsoren abgesagt werden.

In Bonn gibt es ebenfalls noch einen Internationalen Wirtschafts- und Presseball, der seit dem Regierungsumzug jedoch sehr an (politischer) Bedeutung verloren hat.

2010 wurde der erste Presseball junger Journalisten in Berlin von der Jugendpresse Deutschland e.V. ausgerichtet.

Literatur

  • Ludwig Pietsch: Wie sich die Presse amüsiert, in: Gustav Dahms (ed.): Das litterarische Berlin. Illustriertes Handbuch der Presse in der Reichshauptstadt., Berlin, o.J., S. 275 - 282
  • Paul Schlenther: Der Verein Berliner Presse und seine Mitglieder 1862 - 1912. Zum fünfzigjährigen Bestehen, Berlin 1912

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