- Preußischer Heereskonflikt
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Dieser Artikel behandelt den Verfassungskonflikt um die preußische Heeresreform von 1859-1866. Für die preußische Heeresreform von Scharnhorst von 1807-1813 siehe Preußische Heeresreform. - Neue Ära
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Unter dem so genannten preußischen Verfassungskonflikt oder Heereskonflikt versteht man einen Konflikt zwischen König Wilhelm I. als Staatsoberhaupt und dem von Liberalen dominierten Abgeordnetenhaus als Volksvertretung um eine Heeresreform und die Machtaufteilung zwischen König und Parlament in der Zeit von 1859 bis 1866.
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Heeresreform
Im Mittelpunkt der Kontroverse stand anfänglich die vom König und Kriegsminister Albrecht Graf von Roon geplante und für militärisch nötig erachtete Reorganisation des Heeres, wobei durch die Reform das Militär auch zu einem besseren Rückhalt bei Putschversuchen verstärkt werden sollte. Das Heer hatte mit 150.000 Mann immer noch die gleiche Stärke wie 1815, die Zahl der Einwohner Preußens hatte sich inzwischen jedoch fast verdoppelt. Inhalt der Reform war die Beibehaltung der einige Jahre vorher verlängerten Dienstzeit der Soldaten von drei Jahren, die Erhöhung der Rekrutenzahl um ein Drittel, eine Vergrößerung des vom Adel dominierten Feldheeres und die Verkleinerung der bürgerlich dominierten Landwehr. Der König wollte nach der Revolution von 1848 seine Position sichern. Die Abgeordneten, die als Inhaber des Budgetrechts einer Erhöhung des Militäretats zustimmen mussten, waren für eine Vergrößerung des Heeres, forderten aber zum Wohle der Bürger eine Verringerung der Dienstzeit auf 2 Jahre, waren gegen eine Zurückdrängung der Landwehr und forderten eine Erweiterung ihres Budgetrechts.
Der König empfand die Einmischung des Parlaments als Angriff auf seine starken Rechte in Bezug auf das Militär. Dieser eigentlich oberflächliche Konflikt wurde von den konservativen Mitgliedern, vor allem denen des Herrenhauses, ausgenutzt und zum Grundsatzkonflikt zwischen Königtum und Revolution ausgeweitet. Sie wollten einen Regierungswechsel und damit eine konservativere Regierung erreichen. Der König konnte die Mehrheit der Liberalen im Abgeordnetenhaus, die sich 1861 in der ersten deutschen Programmpartei, der „Fortschrittspartei“ zusammenschlossen, trotz mehrmaliger Neuwahlen nicht gewinnen, der Haushalt der Jahre 1860 und 61 wurden nur provisorisch gebilligt.
Bismarck und die Lückentheorie
Da kein Kompromiss in Sicht war, plante der König Wilhelm I. bereits seine Abdankung zu Gunsten seines Sohnes Friedrich Wilhelm. Da empfahl ihm Kriegsminister Roon, Otto von Bismarck, den preußischen Gesandten in Paris zum Ministerpräsidenten zu berufen. Der König ging darauf ein, wenn auch ungern, und ernannte ihn am 22. September 1862 zum preußischen Ministerpräsidenten und kurz darauf auch zum Außenminister. Bismarck sah den Konflikt als Machtkampf zwischen Parlamentsgewalt und Krongewalt. Er wollte als Vasall die Macht des Königs stärken und sich dem Parlament nicht beugen. Er löste den Konflikt durch das Aufstellen folgender Frage: Wie sollte ein derartiger Verfassungskonflikt zwischen Monarch und Parlament entschieden werden? Da die preußische Verfassung darauf keine Antwort gab, legte Bismarck dies als „Lücke in der Verfassung“ aus. In diesem Fall schloss er daraus, dass in verfassungsrechtlich ungeklärten Fällen im Zweifel derjenige die Machtbefugnis innehatte, der sich mit Hilfe des Militärs durchsetzen konnte, in diesem Fall der Monarch. Dieses Vorgehen ging als die Lückentheorie, mit der Bismarck das Parlament bezwang, in die Geschichte ein. Dieses antiparlamentarische Vorgehen wurde durch die Verfolgung der Liberalen in den kommenden Jahren noch zusätzlich flankiert. Bismarck regierte daraufhin nach der Ablehnung des Militärhaushalts durch die Liberalen ohne Budget, führte die Heeresreform durch und lenkte durch seine Außenpolitik vom Konflikt ab. Seiner Meinung nach würden die Fragen dieser Zeit nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse, sondern durch Eisen und Blut gelöst. Aus verfassungsrechtlicher Sicht war dieses Vorgehen nicht gerechtfertigt. Bei den nächsten Wahlen, 1863, erreichten die Liberalen zwei Drittel der Stimmen. Sie versuchten nicht, die Regierung zu stürzen, was aufgrund der fehlenden Massenbasis ohnehin nicht möglich gewesen wäre, sondern kooperierten mit ihr - zum Beispiel in der Wirtschaftspolitik.
Versöhnung durch Indemnitätsvorlage (Indemnitätserklärung)
Bismarck startete die Reichsgründung von oben und konnte damit Liberale gewinnen, denen die nationale Einheit wichtiger als Freiheit und Demokratie war. Den Konflikt löste er mit seinem Versöhnungsangebot an die Liberalen nach dem Sieg im Deutsch-Dänischen Krieg und 1866 im Deutschen Krieg um die Vorherrschaft in Deutschland. In der Indemnitätsvorlage, mit der er seinen Verfassungsbruch eingestand, sollte das Parlament nachträglich den Haushalt der vergangenen Jahre legalisieren. Im Gegenzug wurde den Abgeordneten ein deutscher Nationalstaat, der durch Bismarcks Politik ein Stück näher gekommen war, in Aussicht gestellt. Die Indemnitätsvorlage wurde am 3. September 1866 mit 230 zu 75 Stimmen angenommen, der Verfassungskonflikt war damit beendet. Als Folge dieser Entscheidung spaltete sich eine neue Partei, die Nationalliberale Partei, von der Fortschrittspartei ab. Diese neue Partei unterstützte Bismarck in seiner nationalen Politik, wohingegen die alte Partei weiterhin in scharfer Opposition zum Ministerpräsidenten blieb. Da Bismarck sich auch in der Folgezeit seinen Haushalt durch das Parlament bestätigen lassen musste, kam es zu weiteren Konflikten dieser Art. Im Jahre 1866 wollte er deshalb ein so genanntes Septennat verabschieden, wobei er über sieben Jahre hinweg das Parlament in Bezug auf das Heer nicht mehr hätte befragen müssen. Dieses Septennat wurde nach Auflösung des Parlaments und anschließenden Neuwahlen 1867 von den Nationalliberalen und Konservativen im Parlament verabschiedet.
Siehe auch
Literatur
Bernd Hoppe: Der preußische Verfassungskonflikt von 1862-1866, in: JA 1993, S. 146-148.
Weblinks
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