- Private Raumfahrt
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Als private Raumfahrt werden Projekte im Weltraum bezeichnet, die von nicht-staatlichen Organisationen durchgeführt werden. Im Rahmen der Raumfahrt wird der Weltraum dabei als Region in einer Höhe von über 100 km über der Erdoberfläche definiert. Private Raumfahrtunternehmen umfassen zum Beispiel Kommunikationssatelliten und den Weltraumtourismus.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Als Private Raumfahrt bezeichnet man einen Flug oberhalb von 100 km, der nicht von Staaten durchgeführt wird. In den frühen Jahrzehnten des Raumflugs waren die amerikanischen und russischen Regierungen führend, in Kooperation mit privaten Unternehmen. Später begannen große Unternehmen der Militärtechnik sich der Entwicklung und dem Betrieb von Antriebssystemen und kommerziellen Satelliten zu widmen, die von Raketen und anderen militärischen Anwendungen abgeleitet waren.
Seit einiger Zeit beginnen Unternehmer suborbitale Flugzeuge zu entwickeln und zu betreiben. Geplante private Unternehmungen außerhalb der Erdnähe umfassen auch Solar-Segel-Prototypen, Weltraum-Bestattungen und Personenflüge um den Mond. Ein Prototyp eines aufblasbaren Wohnmoduls befindet sich bereits in einer Erdumlaufbahn, größere Versionen sollen folgen.[1]
Geschichte des kommerziellen Weltraumtransportes
Während der frühen Jahre des Raumfluges hatten nur Staaten die Ressourcen, Weltraumfahrzeuge zu entwickeln, zu bauen und zu betreiben. Sowohl die US-amerikanische als auch die sowjetische Raumfahrt nutzten Militärpiloten als Astronauten oder Kosmonauten. In dieser Phase waren für kommerzielle Unternehmen keine Weltraumstarts verfügbar, und keine private Organisation war in der Lage, Weltraumstarts anzubieten. Später waren private Organisationen in der Lage, sowohl Weltraumstarts zu buchen, zu kaufen und auch selbst auszuführen. Dies war der Beginn der privaten Raumfahrt.
Die erste Phase privater Weltraumunternehmungen war der Start des ersten kommerziellen Kommunikationssatelliten. Ein US-Gesetz von 1962 eröffnete den Weg für kommerzielle Konsortien, Satelliten in Privatbesitz zu haben und zu betreiben, obwohl diese damals noch von staatlichen Raketen ins Weltall befördert wurden.
Europäische Unternehmen
Am 26. März 1980 schuf die Europäische Weltraumagentur Arianespace, das weltweit erste kommerzielle Weltraumunternehmen. Arianespace entwickelt, produziert und vermarktet die Familie der Ariane-Raketen. 1995 schoss Arianespace ihren 100. Satelliten in die Umlaufbahn, und 1997 hatte Arianespace ihren 100. Raketenstart. [2] Die 24 Gesellschafter von Arianespace sind wissenschaftliche, technische, finanziell und politisch engagierte Anteilseigner aus zehn verschiedenen europäischen Ländern.[3]
Amerikanische Deregulierung
Seit Beginn des Space Shuttle-Programms bis zur Challenger-Katastrophe 1986 war es die Politik der Vereinigten Staaten, dass die NASA der öffentliche Markt-Lieferant für Weltraumstart-Kapazitäten sein solle.[4] Anfangs unterstützte die NASA Satellitenstarts mit der Absicht, den Shuttle-Dienst auf einer Langzeitbasis zu fördern („Marginalkosten“).
Am 30. Oktober 1984 unterzeichnete der US-Präsident Ronald Reagan den “Commercial Space Launch Act”.[5] Dieses Gesetz lockerte das bestehende Raumfahrtmonopol und ermöglichte der amerikanischen Industrie, Raketen und Startplätze zu betreiben, ohne auf die NASA angewiesen zu sein.
Am 5. November 1990 unterzeichnete Präsident George H. W. Bush das “Launch Services Purchase Act” (Gesetz zum Kauf von Weltraumstarts).[6] Das Gesetz wies, ganz entgegen früheren Vorgehensweisen, die NASA an, Startdienste für kommerzielle Unternehmen anzubieten, sobald eine Nachfrage hiernach bestand.
Im Jahre 1997 wurden von den Startplätzen in Florida erstmals mehr kommerzielle als staatliche Raketenstarts durchgeführt.[7]
Russische Privatisierung
Die russische Regierung verkaufte 1994 einen Anteil an der RKK Energija an private Investoren. Energija und GKNPZ Chrunitschew stellen seither den Hauptteil der russischen bemannten Raumfahrt. 1997 verkaufte die russische Regierung so viele Anteile, dass sie die unternehmerische Führung verlor.
Amerikanische Wettbewerber
1996 wählte die amerikanische Regierung Lockheed Martin und Boeing aus, dass jedes Unternehmen sogenannte “Evolved Expendable Launch Vehicles” (EELV, weiterentwickelte erweiterbare Startfahrzeuge) entwickelten, um für Startaufgaben miteinander zu konkurrieren und um einen sicheren Zugang zum Weltraum zu schaffen. Die Akquisitionsstrategie der Regierung verließ sich auf eine starke Einschätzung, dass beide Unternehmen in der Lage sein würden, Möglichkeiten zu niedrigeren Stückkosten zu entwickeln. Diese Annahme wurde vom Markt nicht angenommen, aber beide Systeme, die Delta IV- und Atlas V EELV-Systeme blieben im aktiven Dienst.
Start-Allianzen
Seit 1995 vermarktet International Launch Services die Proton-Rakete des russischen Herstellers GKNPZ Chrunitschew, während die Sojus-Rakete über Starsem vermarktet wird. Energia baut die Sojus-Rakete und besitzt die Mehrheit am Sea-Launch-Projekt, das die ukrainische Zenit-Rakete betreibt.
2003 verschmolz Arianespace mit Boeing Launch Services und Mitsubishi Heavy Industries, um die Launch Services Alliance zu bilden. Aufgrund der konstant schwachen Nachfrage nach EELV-Starts gründeten Lockheed Martin und Boeing im Jahre 2005 das Joint Venture United Launch Alliance, um den Startdienst für die amerikanische Regierung zu betreiben.[8]
Heutzutage bieten viele kommerzielle Transportunternehmen rund um die Welt Startdienste in den Weltraum für private und regierungsamtliche Satellitenzwecke an. 2005 gab es insgesamt 18 kommerzielle Unternehmen und 37 nicht-kommerzielle Möglichkeiten.[9]
Private Weltraumfahrtunternehmen
Kommerzielle Startunternehmen
Das Weltraumtransportgeschäft bedient zuvorderst nationale Regierungen und große kommerzielle Unternehmenssegmente. Die Starts für Regierungsflüge, einschließlich militärischer, wissenschaftlicher und ziviler Satelliten, sind das größte Marktsegment mit annähernd 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Dieses Segment wird von US-Unternehmen dominiert, wie der United Launch Alliance für US-Regierungsaktivitäten und Arianespace für europäische Satelliten. Das kommerzielle Segment mit unter 3 Milliarden US-Dollar pro Jahr wird von Arianespace dominiert mit über 50% Marktanteil,[10] gefolgt von russischen Unternehmen.
Kommerzielle Orbital-Transportdienste
Am 18. Januar 2006 kündigte die NASA eine Gelegenheit für kommerzielle Unternehmen an, orbitale (erdumlaufbahn-bezogene) Transporte zu tätigen.[11] Die NASA plant, mehr als 500 Millionen US-Dollar bis 2010 zu investieren, um den Transport zur Internationalen Raumstation ISS zu betreiben. Dies ist insofern eine größere Herausforderung als erweiterte Transportaktivitäten, weil es Präzision und Rendezvous-Fähigkeiten mit einem anderen Raumfahrzeug erfordert. Kommerzielle Anbieter werden mit spezifischen Dienstleistungen in Wettbewerb treten.[12] Der Leiter der NASA, Michael Griffin, stellte fest, dass ohne ausreichende kommerzielle Orbit-Transportleistungen (COTS) die NASA nicht genügend Einnahmen haben werde, um ihre Ziele des Programms Vision for Space Exploration zu erreichen.
Am 18. August 2006 kündigte die NASA an, dass die Weltraumerkundungstechniken ("Space Exploration Technologies"), "SpaceX" und "Rocketplane Kistler" (RpK) die beiden Gewinner der Phase I des COTS-Programms seien.[13]
Zunehmender Personenverkehr im Weltraum
Vor 2004 gab es keinerlei private bemannte Raumfahrt. Die einzigen Privatleute, die als Weltraum-Touristen auf Weltraumreise waren, waren auf Space-Shuttle-Flügen oder mit den russischen Sojus-Raketen zur Raumstation Mir oder zur ISS geflogen.
Alle privaten Menschen, die vor Dennis Tito in den Weltraum flogen, waren von ihren nationalen Regierungen unterstützt worden. Diese Trips schließen den US-Kongressabgeordneten Bill Nelson ein, der im Januar 1986 mit dem Space Shuttle Columbia flog, und den japanischen Fernsehreporter Toyohiro Akiyama, der 1990 zur Weltraumstation Mir flog.
Der Ansari X-Prize war gestiftet worden, um privates Investment in die Entwicklung von Raumfahrt-Technologien zu fördern. Am 21. Juni 2004 fand der Testflug von SpaceShipOne statt, einem Wettbewerber zum X-Prize. Dies war der erste bemannte Weltraumflug in einem privat entwickelten und betriebenen Raumfahrzeug.
In der Nachfolge dieses Ereignisses kündigten am 27. September 2004 Richard Branson, der Eigentümer der Virgin und Burt Rutan, der Entwickler des SpaceShipOne an, dass Virgin Galactic die Technologie lizenziert hat und binnen der nächsten 2,5 bis 3 Jahre nutzen werde. Eine Flotte von fünf Fahrzeugen wird konstruiert, und es sollen Flüge zu einem Preis von 200.000 US-Dollar angeboten werden, obschon Branson sagte, dass er plant, sein Geld zur Entwicklung preiswerterer Flüge einzusetzen.
Im Dezember 2004 unterzeichnete US-Präsident George W. Bush ein Gesetz zu kommerziellen Weltraumstarts.[14] Das Gesetz löste die Zweischneidigkeit zur Regulierung privater Weltraumflüge und ist gedacht zur Förderung der Entwicklung einer kommerziellen US-Weltraumflug-Industrie.
Am 12. Juli 2006 startete Bigelow Aerospace die Genesis 1, ein kleinmaßstäbliches Testmodell einer orbitalen, entfaltbaren Raumstation. Genesis 2 wurde am 28. Juni 2007 gestartet, und es gibt Pläne für weitere Prototypen zur Vorbereitung der entfaltbaren Raumstation BA 330.
Am 28. September 2006 kündigte Jim Benson, der Gründer von SpaceDev, an, dass er die Benson Space Company gegründet habe, in der Absicht, das erste und preiswerteste suborbitale Weltraumflugzeug anzubieten. Dieses soll als Basis den sogenannten Dream Chaser nutzen, ein vertikales Start– und horizontales Landesystem, das auf dem NASA-Modell HL-20 basiert.
Fehlgeschlagene Weltraum-Versuche
In den 1990er Jahren zog die Vorstellung einer signifikanten Nachfrage nach Kommunikationssatelliten eine Anzahl von Raketenherstellern an. Diese Nachfrage verschwand weitenteils, als zum Beispiel die 288 Satelliten des Teledesic-Netzwerks niemals gebaut wurden. Die geschichtlich nachweisbare Tendenz der NASA, mit privaten Investoren in Wettbewerb zu treten, hat viele neue Unternehmen zu Raketenstarts entmutigt.
Einzelnachweise
- ↑ Bigelow Aerospace: Genesis II. Abgerufen am 22. September 2008.
- ↑ Arianespace: Milestones. Abgerufen am 22. September 2008.
- ↑ Arianespace: Shareholders. Abgerufen am 22. September 2008.
- ↑ US-Kongress: Setting Space Transportation Policy for the 1990s. Abgerufen am 22. September 2008.
- ↑ Statement on Signing the Commercial Space Launch Act. Abgerufen am 22. September 2008.
- ↑ Space Frontier Foundation: $ 2465d. Requirement to procure commercial launch services. Abgerufen am 22. September 2008.
- ↑ United States National Academy of Sciences: Streamlining Space Launch Range Safety - Executive Summary. Abgerufen am 22. September 2008.
- ↑ spaceref.com: Boeing, Lockheed Martin to Form Launch Services Joint Venture. Abgerufen am 22. September 2008.
- ↑ Commercial Space Transportation: 2005 Year In Review. Abgerufen am 23. September 2008.
- ↑ [[Andy Pasztor|]] Changing Trajectory: French Firms Vaults Ahead in Civilian Rocket Market. In: Dow Jones & Company, Inc. (Hrsg.): The Wall Street Journal. June 25, 2007, S. A1.
- ↑ NASA Seeks Proposals for Crew and Cargo Transportation to Orbit. Abgerufen am 22. September 2008.
- ↑ Guidance For The Preparation And Submission Of Unsolicited Proposals. Abgerufen am 23. September 2008.
- ↑ NASA Invests in Private Sector Space Flight with SpaceX, Rocketplane-Kistler. Abgerufen am 23. September 2008.
- ↑ spaceref.com: House Approves H.R. 3752, The Commercial Space Launch Amendments Act of 2004. Abgerufen am 23. September 2008.
Weblinks
- Erklettern der Treppe in den: Eine mögliche Zeitstrahl-Entwicklung RLV News, 2. Februar 2006
- Study defining personal spaceflight industry Space Fellowship, 29. Mai 2008
- Suborbital Reusable Launch Vehicles and Applicable Markets DOC OSC, 2002
Beteiligte Unternehmen
- C&SPACE
- Starchaser Industries
- Commercial Space Companies Space Frontier Foundation
- Space Services, Inc.
Medien
- A Word from the Know-Nothing Bureaucrats NASA union viewpoint on private spaceflight
- Private Industry Can Help NASA Open the Space Frontier Space Frontier Foundation, February 14, 2005
Der Ansari X-Prize
Der Ansari X-Prize war ein Wettbewerb, in dem es darum ging, bis zum 1. Januar 2005 zweimal innerhalb zwei Wochen mit einem privat entwickelten Raumschiff eine Höhe von 100km zu überschreiten. Als erstes gelang dies der Firma Scaled Composites mit SpaceShipOne am 29. September 2004. SpaceShipOne erreichte 102,9 km Höhe, mehr als ausreichend für den Wettbewerb. An diesem Tag konnten die Zuschauer auf dem Trägerflugzeug, der White Knight, ein völlig neues Emblem bewundern, ein rotes Logo mit der Aufschrift "Virgin Galactic".
Virgin Galactic
Virgin Galactic ist die erste Fluggesellschaft für Flüge in das Weltall. Nach Aufnahme des Flugbetriebs geht Virgin davon aus, dass man jährlich mehr als 3000 zivile Astronauten ins All transportieren könne. Der Preis würde ungefähr bei 17500 Euro liegen. Der Flugbetrieb soll Anfang 2009 aufgenommen werden.
America’s Space Prize
Robert Bigelow, Inhaber des Raumfahrtunternehmens Bigelow Aerospace lobte den America’s Space Prize aus, mit einem Preisgeld von 50 Millionen US-Dollar, wenn bis zum 10. Januar 2010 ein privat finanziertes US-amerikanisches Unternehmen ein bemanntes Raumschiff in die Erdumlaufbahn bringen würde. Die Frist verstrich, ohne dass ein Kandidat auch nur in die Nähe der Kriterien gekommen war.
Weblinks
- Spiegel online: Virgin Galactic präsentiert neues Raumschiff
- Ansari X-prize (englisch)
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