Prozessfähigkeit (Recht)

Prozessfähigkeit (Recht)

Der Begriff Prozessfähigkeit bezeichnet die Fähigkeit, innerhalb eines Gerichtsverfahrens Prozesshandlungen (bsp. Erklärungen abzugeben, Anträge zu stellen und Rechtsmittel einzulegen) selbst oder durch selbst bestellte Vertreter vorzunehmen oder vornehmen zu lassen.

Inhaltsverzeichnis

Zivilprozess

Im Zivilprozess ist grundsätzlich nur derjenige prozessfähig, der geschäftsfähig ist (vgl. § 51 ff. ZPO). Soweit ein Betreuer oder Pfleger das Gerichtsverfahren für eine Geschäftsfähigen führt, gilt dieser allerdings für das konkrete Verfahren ebenfalls als prozessunfähig (§ 53 ZPO).

Andere Prozesse

Die Regelungen gelten über Gesetzesverweise auch für Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht (§ 62 VwGO), Sozialgericht, Arbeitsgericht, Finanzgericht.

In Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach dem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (z. B. Nachlassverfahren) wird die Prozessfähigkeit als Verfahrensfähigkeit bezeichnet. Es gilt der gleiche Grundsatz wie oben genannt.

In Betreuungs- und Unterbringungsverfahren ist die betroffene Person allerdings in jedem Falle verfahrensfähig (§ 66 bzw. § 70a FGG).

Zustellung bei Prozessunfähigkeit

Gerichtliche Zustellungen sind an den gesetzlichen Vertreter des Prozessunfähigen vorzunehmen; die Zustellung an den Prozessunfähigen ist unwirksam (§ 170 ZPO). Eine Frist beginnt erst zu laufen, wenn das Schriftstück dem Vertreter tatsächlich zugeht (§ 178 ZPO).

Nachträglicher Verlust der Prozessfähigkeit

Verliert eine Prozesspartei während des Prozesses die Geschäftsfähigkeit, stirbt der gesetzliche Vertreter des Geschäftsunfähigen oder wird er aus seinem Amt entlassen, ist das Gerichtsverfahren zu unterbrechen, bis die gesetzliche Vertretung (wieder) hergestellt ist und der gesetzliche Vertreter dies dem Gericht übermittelt (§ 241 ZPO). Als ausreichende gesetzliche Vertretung gilt auch, wenn das Gericht selbst einen Prozesspfleger (§ 57 ZPO) bestellt.

Literatur

  • Bienwald: Zur Vertretung des Betreuten vor Gericht; BtPrax 2001, 150;
  • Bork: Die Prozessfähigkeit nach neuem Recht; MDR 1991, 97;
  • Deinert: Die gerichtliche Vertretung von Betreuten; BtPrax 2001, 66;
  • Deinert: Eintritt des Betreuers in Gerichtsverfahren nötig? BtPrax 2001, 146;
  • Lube: Die Prozessfähigkeit eines Querulanten im Verfahren; MDR 2009, 63

Siehe auch

Deliktsfähigkeit, Ehefähigkeit, Geschäftsfähigkeit, Handlungsfähigkeit, Einwilligungsfähigkeit, Parteifähigkeit, Postulationsfähigkeit, Rechtsfähigkeit, Schuldfähigkeit, Testierfähigkeit, Verfahrensfähigkeit

Rechtshinweis Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Prozessfähigkeit — steht für: Prozessfähigkeit (Recht), die Fähigkeit, innerhalb eines Gerichtsverfahrens Erklärungen abzugeben, Anträge zu stellen und Rechtsmittel einzulegen Prozessfähigkeitsindizes Cp und CpK, eine Kennzahl zur statistischen Bewertung eines… …   Deutsch Wikipedia

  • Prozessfähigkeit im Zivilprozess — Der Begriff Prozessfähigkeit bezeichnet die Fähigkeit, innerhalb eines Gerichtsverfahrens Erklärungen abzugeben, Anträge zu stellen und Rechtsmittel einzulegen. Inhaltsverzeichnis 1 Zivilprozess 2 Andere Prozesse 3 Zustellung bei… …   Deutsch Wikipedia

  • Prozessfähigkeit — Pro|zẹss|fä|hig|keit, die <o. Pl.> (Rechtsspr.): das Prozessfähigsein. * * * Prozẹssfähigkeit,   die Fähigkeit, einen Prozess selbst oder durch selbst bestellte Vertreter zu führen. Eine Person ist insoweit prozessfähig, als sie sich… …   Universal-Lexikon

  • Betreuung (Recht) — Das Rechtsinstitut der rechtlichen Betreuung wurde in Deutschland durch das am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Betreuungsgesetz geschaffen. Unter Betreuung wird die rechtliche Vertretung verstanden und nicht eine Sozial oder… …   Deutsch Wikipedia

  • Kolonat (Recht) — Kolonat (abgeleitet von lat.: colonus = Bauer, Pächter) „Bebauungsrecht“, auch als Kolonatrecht, Erbpachtrecht, Erbleihe, Leihe, Erbbestandrecht, Erbfestenrecht, Meierrecht, Erbzinsrecht bezeichnet, ist die allgemeine Bezeichnung für die (meist… …   Deutsch Wikipedia

  • Beschränkt geschäftsfähig — Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit, rechtlich bindende Willenserklärungen abzugeben, zum Beispiel Verträge zu schließen. Inhaltsverzeichnis 1 Rechtslage in Deutschland 1.1 Kinder unter 7 Jahren 1.1.1 Geschäftsunfähigkeit 1.2 Minderjä …   Deutsch Wikipedia

  • Geschäftsfähig — Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit, rechtlich bindende Willenserklärungen abzugeben, zum Beispiel Verträge zu schließen. Inhaltsverzeichnis 1 Rechtslage in Deutschland 1.1 Kinder unter 7 Jahren 1.1.1 Geschäftsunfähigkeit 1.2 Minderjä …   Deutsch Wikipedia

  • Geschäftsunfähigkeit — Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit, rechtlich bindende Willenserklärungen abzugeben, zum Beispiel Verträge zu schließen. Inhaltsverzeichnis 1 Rechtslage in Deutschland 1.1 Kinder unter 7 Jahren 1.1.1 Geschäftsunfähigkeit 1.2 Minderjä …   Deutsch Wikipedia

  • Zeichnungsfähigkeit — Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit, rechtlich bindende Willenserklärungen abzugeben, zum Beispiel Verträge zu schließen. Inhaltsverzeichnis 1 Rechtslage in Deutschland 1.1 Kinder unter 7 Jahren 1.1.1 Geschäftsunfähigkeit 1.2 Minderjä …   Deutsch Wikipedia

  • Betreuungsrecht — Das Rechtsinstitut der rechtlichen Betreuung wurde in Deutschland durch das am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Betreuungsgesetz geschaffen. Unter Betreuung wird die rechtliche Vertretung verstanden und nicht eine Sozial oder… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”