- Pseudonorm
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Eine Pseudonorm ist in der Algebra eine abgeschwächte Variante einer Norm, bei der die Eigenschaft der Homogenität zur Subhomogenität abgeschwächt wird. So wie die Norm als eine Verallgemeinerung eines Betrages ins Mehrdimensionale angesehen werden kann, verhält sich die Pseudonorm zu einem Pseudobetrag, bei dem im Gegensatz zum Betrag die Bedingung der Multiplikativität zur Submultiplikativität abgeschwächt wird.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Sei M ein R-(Links-)Modul über einem unitären Ring
mit Pseudobetrag. Eine Abbildung
in die nichtnegativen reellen Zahlen heißt eine Pseudonorm, wenn für alle
und
folgende Eigenschaften gelten:
- (1)
(Definitheit)
- (2)
(Subhomogenität)
- (3)
(Dreiecksungleichung).
Wird (2) verschärft zu
- (2a)
(Homogenität),
so heißt
eine Norm.
Eigenschaften
- Ist die Pseudonorm
sogar eine Norm auf M, so ist notwendigerweise der zugehörige Pseudobetrag
ein Betrag auf R.
p-Pseudonormen
Definition
Ist
ein unitärer Ring mit Pseudobetrag, so wird auf dem R-Modul Rn durch
für jedes
bzw. durch
für
eine Pseudonorm, die p-Pseudonorm erklärt.
Bemerkung
Für den Nachweis der Pseudonormeigenschaften benutzt man die Minkowski-Ungleichung.
Eigenschaften
- Für
gilt stets
.
- Für
gilt stets
.
Anwendung
Ist
ein unitärer Ring mit Pseudobetrag, so können wir die Polynomringe R[X] oder
und die Matrizenringe
auch als R-Module auffassen. Dies geschieht durch das „Hintereinanderschreiben“ der Koeffizienten. Damit können durch oben genannte Definition die p-Pseudonormen erklärt werden. Diese sind im allgemeinen auf den Polynomalgebren und auf den Matrizenalgebren nicht submultiplikativ. Um so wertvoller sind folgende Spezialfälle:
- Die 1-Pseudonorm ist auf der Polynomalgebra R[X] submultiplikativ.
- Für zwei multiplizierbare Matrizen
und
sowie gewählte
mit
gilt
-
,
.
- Für den Beweis dieser Aussage verwendet man die Hölder-Ungleichung und die Minkowski-Ungleichung.
- Ist
, so ist die p-Pseudonorm also submultiplikativ für alle multiplizierbaren Matrizen über R, und dies gilt insbesondere auf den Algebren
der quadratischen Matrizen.
- Beispiel für die 1-Pseudonorm: Ist R ein kommutativer Ring mit Pseudobetrag und M eine
-Matrix über R mit den Zeilen
, so gilt die abgeschwächte Hadamard-Ungleichung
mit der 1-Pseudonorm.
Anwendungen und Bedeutung
Assoziative Algebren
Auf assoziativen Algebren sind Strukturen, die gleichzeitig Norm- und Betragseigenschaften besitzen, relativ einfach zu klassifizieren: Sei A eine assoziative R-Algebra über einem kommutativen unitären Ring
mit Pseudobetrag.
- Ist
eine submultiplikative Pseudonorm auf A als Modul, so ist
ein Pseudobetrag auf A als Ring.
- Ist
sogar eine multiplikative Pseudonorm, so ist
ein Betrag auf A.
Iterativer Aufbau von Polynom- und Matrizenalgebren
Eine Vielzahl an wichtigen Komplexitätsabschätzungen in der Computeralgebra funktioniert für Pseudonormen in Matrizen- und Polynomalgebren über Ringen mit Pseudobetrag.
Zur Gewinnung solcher Abschätzungen dient häufig folgende iterative Konstruktion von assoziativen Algebren wie Polynom- und Matrizenalgebren:
Ausgehend von einem Grundring R mit Pseudobetrag (das kann in der Praxis noch oft ein echter Betrag sein) sei eine assoziative R-Algebra A mit einer submultiplikativen Pseudonorm gegeben. Dann ist A insbesondere auch selbst ein Ring mit Pseudobetrag, über dem man wiederum Module, Polynom- und Matrizenringe betrachten kann. Auf diese Art ist zum Beispiel die iterative Konstruktion der Polynomalgebren
möglich, wobei jede Zwischenalgebra selbst mit einer Pseudonorm ausgestattet ist.
Beispiel: Pseudodivision von Polynomen in mehreren Variablen
Sei R ein kommutativer unitärer Ring und
die Polynomalgebra in n Variablen über R. Dann wird durch
ein nicht-archimedischer Pseudobetrag auf dem Polynomring erklärt. Dabei sei
der totale Grad von f mit der zusätzlichen Konvention
. Die Einschränkung dieses Pseudobetrags auf R ergibt den trivialen Pseudobetrag, der immer 1 ist mit Ausnahme der Null, die den Wert 0 erhält. Bezüglich dieses Pseudobetrags auf R ist der Betrag
auch eine Norm auf
, nun aufgefasst als R-Modul. Ist R zusätzlich ein Integritätsring, so ist
sogar ein nicht-archimedischer Betrag auf dem Polynomring. Mit diesen Hilfsmitteln kann man eine wertvolle Abschätzung des Koeffizientenwachstums bei der „Pseudodivision mit Rest“ bezüglich einer Variablen von Polynomen in mehreren Variablen herleiten.
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