- Pythagoreisches Tripel
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In der Zahlentheorie wird ein pythagoreisches Tripel oder pythagoreisches Zahlentripel von drei natürlichen Zahlen gebildet, die als Längen der Seiten eines rechtwinkeligen Dreiecks vorkommen können.
Sie finden sich bereits auf babylonischen Tontafeln, die in die Zeit der Hammurabi-Dynastie datiert werden (1829 bis 1530 v. Chr). Die Keilschrifttafel Plimpton 322 enthält 15 verschiedene pythagoreische Tripel, u. a. (56,90,106), (119,120,169) sowie (12709,13500,18541), was auf ein Verfahren zur Berechnung solcher Tripel schließen lässt.
Das indische Baudhayana-Sulbasutra aus dem 6. Jahrhundert vor Christus enthält fünf pythagoreische Tripel.[1]
Pythagoreische Tripel wurden auch von Diophant behandelt. Wegen des pythagoreischen Lehrsatzes sind sie genau die positiven ganzzahligen Lösungen der diophantischen Gleichung
- x2 + y2 = z2
Wenn x,y,z gekürzt sind, d.h., wenn sie keinen gemeinsamen Teiler haben, dann spricht man von einem primitiven pythagoreischen Tripel. Bei jedem primitiven Tripel ist z ungerade, und von den Zahlen x und y ist eine gerade und die andere ungerade.
Inhaltsverzeichnis
Beispiele
- Das kleinste pythagoreische Tripel ist (3,4,5). Es ist primitiv. Es wird in der Zwölfknotenschnur zur Herstellung eines rechten Winkels benutzt.
- (5,12,13)
- (15,20,25) und (15,36,39) sind nicht primitiv.
Erzeugung der pythagoreischen Tripel
Die Formeln
liefern für beliebige ein pythagoreisches Tripel. Es ist genau dann primitiv, wenn u,v teilerfremd sind und u + v ungerade ist.
Umgekehrt lässt sich jedes primitive Tripel mit Hilfe dieser Formeln aus teilerfremden erzeugen. Man erhält alle pythagoreischen Tripel genau einmal, wenn man damit jedes primitive Tripel x,y,z berechnet und mit allen natürlichen Zahlen n>0 multipliziert: nx,ny,nz.
Beispiele:
- 2,1 liefert das Tripel (3,4,5)
- 3,1 liefert das Tripel (6,8,10), welches nicht primitiv ist, weil 3 und 1 beide ungerade sind, und dem mit 2 multiplizierten Tripel von (3,4,5) entspricht.
- 3,2 liefert das Tripel (5,12,13)
- Multiplikation mit 7 liefert (35,84,91)
Herleitung der Formel zur Bildung der pythagoreischen Tripel
Ist (X,Y,Z) ein pythagoreisches Tripel, so ergibt die Division der zugehörigen Gleichung X2 + Y2 = Z2 durch Z2
Die Zahlen und sind rational und positiv und erfüllen die Koordinatengleichung des Einheitskreises
- x2 + y2 = 1.
Also ist (x,y) ein Punkt mit rationalen Koordinaten auf dem Einheitskreis. Die Gerade durch die Punkte (-1,0) und (x,y) schneidet die y-Achse im Punkt (0,t). Für die Steigung dieser Gerade gilt
- ,
wobei t eine rationale Zahl ist und v, u teilerfremde natürliche Zahlen sind.
Setzt man diese Gleichung in die Gleichung des Einheitskreises ein, erhält man:
- 1 = x2 + y2 = x2 + t2(x + 1)2,
also
- 0 = (x2 − 1) + t2(x + 1)2 = (x + 1)[(x − 1) + t2(x + 1)].
Da die erste Lösung x=-1 wegen x > 0 nicht interessiert, folgt:
- (x − 1) + t2(x + 1) = 0
Die Koordinaten (x,y) sind damit:
oder
Damit erhält man das pythagoreische Tripel:
- (X,Y,Z) = (u2 − v2,2uv,u2 + v2)
Es kann vorkommen, dass u2 − v2, 2uv und u2 + v2 einen gemeinsamen Teiler D besitzen. Aus u = 3,v = 1 würde beispielsweise
- x = 8,y = 6,z = 10 folgen.
Als einzige Möglichkeit hierfür kommt jedoch D=2 in Betracht, denn, angenommen eine Primzahl p teilte sowohl u2 − v2 als auch u2 + v2, so gilt
- und ,
woraus man
schließen kann. Aufgrund der Teilerfremdheit von u und v ist , woraus sich ergeben würde, nicht möglich, und es bleibt p = 2 zusammen mit als einzige Lösungsmöglichkeit.
Man kann solche u,v, die teilerfremd und beide ungerade sind, jedoch aussortieren, ohne primitive pythagoreische Tripel zu verlieren, denn wenn u und v das Tripel (2a,2b,2c) ergeben, so ergeben u' = (u + v) / 2 und v' = (u − v) / 2 das Tripel (b,a,c), u',v' sind teilerfremd, und sie sind nicht beide ungerade.
Die ersten primitiven pythagoreischen Tripel
Nach diesen Regeln erhält man als primitive pythagoreische Tripel zum Beispiel (geordnet nach u+v):
u v x y z 2 1 3 4 5 4 1 15 8 17 3 2 5 12 13 6 1 35 12 37 5 2 21 20 29 4 3 7 24 25 8 1 63 16 65 7 2 45 28 53 5 4 9 40 41 10 1 99 20 101 9 2 77 36 85 8 3 55 48 73 7 4 33 56 65 6 5 11 60 61 Zwei Folgen von pythagoreischen Tripeln sind noch bemerkenswert:
- für v = u-1:
(3, 4, 5), (5, 12, 13), (7, 24, 25), (9, 40, 41), (11, 60, 61), (13, 84, 85),…, (2n+1, 2n²+2n, 2n²+2n+1),…
also für jede ungerade 2n+1 (außer 1) ein Tripel, bei dem die Zahl 2n+1 die kleinste Zahl ist und sich die beiden anderen Zahlen um genau 1 unterscheiden: x = 2n+1; y, z = x²/2 ± 0,5. Dies hängt damit zusammen, dass gemäß der ersten binomischen Formel der Abstand zwischen zwei Quadratzahlen immer um 2 größer wird: (n+1)²=n²+2n+1. 2n+1 ist eine ungerade Zahl, die auch eine ungerade Quadratzahl sein kann, deren Wurzel selbst auch wieder ungerade wäre. - für v = 1 (und gerades u):
(3, 4, 5), (15, 8, 17), (35, 12, 37), (63, 16, 65), (99, 20, 101), (143, 24, 145),…, (4n²-1, 4n, 4n²+1),…
also für jede natürliche Zahl n ein Tripel, das die Zahl 4n enthält, und bei dem sich die beiden anderen Zahlen um genau 2 unterscheiden: x = 2n; y, z = x²/4 ± 1. Auch dieses ergibt sich aus der ersten binomischen Formel: (n+2)²=n²+4n+4. 4n+4 ist eine durch 4 teilbare Zahl, die auch jede gerade Quadratzahl sein kann, deren Wurzel selbst auch wieder gerade wäre.
Somit kann man zu jeder natürlichen Zahl x, die größer als 2 ist, ein Zahlenpaar y, z finden, welches sich bei ungerade x um 1, bei geradem x um 2 unterscheidet:
x y z 3 4 5 4* 3 5 5 12 13 6* 8 10 7 24 25 8 15 17 9 40 41 10* 24 26 11 60 61 12 35 37 13 84 85 14* 48 50 15 112 113 16 63 65 17 144 145 18* 80 82 19 180 181 20 99 101 * nicht primitive Tripel. Die Fälle für x=4n+2 sind redundant, da sie eine Verdoppelung von x=2n+1 darstellen.
Zusammenhang mit den heronischen Dreiecken
Jedes zu einem pythagoreischen Tripel gehörige Dreieck ist ein heronisches Dreieck, das heißt sowohl die Seitenlängen als auch der Flächeninhalt sind rationale Zahlen. Jedes heronische Dreieck lässt sich in zwei rechtwinklige Dreiecke zerlegen, die durch pythagoreische Tripel aus rationalen Zahlen gegeben sind.
Die Fermatsche Gleichung
Eine Verallgemeinerung der pythagoreischen Tripel erhält man, wenn man den Exponenten 2 durch eine natürliche Zahl n ersetzt. Man untersucht also die diophantische Gleichung
und sucht nach Lösungen durch natürliche (oder ganze) Zahlen x,y,z unter Ausschluss der trivialen Lösungen, bei denen eine der drei Zahlen gleich Null ist.
Pierre de Fermat stellte um das Jahr 1637 die Behauptung auf, dass es keine derartigen Tripel gibt. Obwohl er keinen Beweis angab, wird diese Vermutung als großer Fermatscher Satz bezeichnet. Jahrhundertelang konnte kein Beweis gefunden werden. Die Suche danach führte aber zu vielen interessanten Ergebnissen, insbesondere in der Zahlentheorie. 1995 konnte der Mathematiker Andrew Wiles den Satz von Fermat schließlich beweisen.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Helmuth Gericke: Mathematik in Antike, Orient und Abendland. Marix Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-937715-71-1, S. 68
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