Ausbildung im dualen System

Ausbildung im dualen System

Mit dualer Ausbildung bezeichnet man verkürzt das Duale Berufsausbildungssystem in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Hierunter versteht man die parallele Ausbildung in Betrieb und Berufsschule. Voraussetzung für eine Berufsausbildung im dualen System ist in Deutschland ein Berufsausbildungsvertrag und in Österreich, der Schweiz und Südtirol ein Lehrvertrag mit einem Betrieb. Die folglich zu besuchende Berufsschule ist abhängig vom Ort bzw. von der Landkreiszugehörigkeit des Betriebes. Der praktische Teil der Ausbildung wird den Auszubildenden in den Betrieben vermittelt, den theoretischen Teil übernimmt die Berufsschule. Darüber hinaus ist es vielerorts an Berufsschulen auch möglich Zusatzqualifikationen zu erwerben.

Bildungsgänge im deutschen Bildungssystem

Inhaltsverzeichnis

Betriebliche Ausbildung

Grundlage für die betriebliche Ausbildung ist die jeweilige Ausbildungsordnung des Berufes. Die Ausbildung in den Betrieben findet an drei bis vier Tagen pro Woche statt, an ein bis zwei Tagen (Länderrechtliche Regelungen: je nach Ausbildungsberuf und Ausbildungsjahr) werden Berufsschultage angeboten. Alternativ wird auch sogenannter Blockunterricht durchgeführt. Das bedeutet, dass der Auszubildende bzw. Lehrling für bis zu 8 Wochen am Stück vollständig nur in der Schule ist. Sie wird oft ergänzt durch die überbetriebliche Ausbildung, die in eigenen Werkstätten der Handwerksinnungen und Kammern (Deutschland) stattfindet. Diese überbetrieblichen Lehrgänge sollen die Ausbildungsdefizite, die durch die Spezialisierung vieler Betriebe entstanden sind, ausgleichen. Die Dauer solcher Lehrgänge kann drei bis vier Wochen pro Jahr betragen. In Österreich wird die theoretische Ausbildung ein Tag pro Woche, wie in Wien oder geblockt bis zu zwei Monate im Jahr in Berufsschulen durchgeführt.

Schulische Ausbildung

Die Ausbildung in der Berufsschule unterliegt den Schulaufsichtsbehörden der Bundesländer resp. Kantone und den jeweils geltenden Lehrplänen, die wiederum auf dem bundeseinheitlichen Rahmenlehrplan basieren. Der Besuch der Berufsschule umfasst in der Regel zwölf Unterrichtsstunden pro Woche, was zwei Schultagen entspräche. Da jedoch im allgemeinen nicht der volle Unterricht erteilt werden kann, beschränkt sich der Unterricht oft auf acht Stunden, die an einem Tag unterrichtet werden. Die Ausbildung in der Berufsschule umfasst einen fachtheoretischen und einen allgemeinen Teil. Zum allgemeinen Teil gehören in allen Berufen die Fächer Deutsch (Kommunikation), Politik (Gesellschaftslehre), Religion (Lebensfragen, Werte, Normen) und Sport (Gesundheitsförderung).

Der Berufsschulunterricht wird entweder in Teilzeitform (wöchentlich ein oder zwei Tage) oder in Blockform (zusammengefasst zu mehreren Wochen 'am Stück') organisiert. Berufe mit nur wenigen Ausbildungsverhältnissen (so genannte Splitterberufe) werden in Landesfachklassen oder Bundesfachklassen zusammengefasst.

Prüfungen

Während der Berufsausbildung ist eine Zwischenprüfung abzulegen, die den Erfolg der bisherigen Ausbildung aufzeigen soll. Diese findet in etwa in der Mitte der Ausbildung statt. Am Ende der Ausbildung steht die Abschlussprüfung, in der die zu Prüfenden ihre berufliche Handlungskompetenz nachweisen müssen. Im Handwerk heißt die Abschlussprüfung traditionell Gesellenprüfung. Die Prüfungen sind von den zuständigen Stellen, in der gewerblichen Wirtschaft z. B. von den Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern, zu organisieren. Abgenommen werden sie von den Kammern eingesetzten ('berufenen') Prüfungsausschüssen.

Derzeit findet ein Umbruch im Prüfungsverfahren statt. In einigen neugeordneten- bzw. neuen Ausbildungsberufen, sind im Rahmen eines Modellversuches Zwischen- und Abschlussprüfung ersetzt worden durch eine "gestreckte" Prüfung. Das heißt im Detail, dass Prüfungsteil 1 (vormals die Zwischenprüfung) bis zu 40 % in das Gesamtergebnis eingeht und Prüfungsteil 2 (vormals die Abschlussprüfung) dementsprechend 60 oder mehr Prozent der Gesamtprüfung entspricht.

Sollte die Prüfung nicht bestanden werden, so kann die zuständige Kammer auf Antrag des Auszubildenden die Ausbildung bis zum nächsten Wiederholungstermin verlängern (maximal ein Jahr).

Probleme der dualen Ausbildung I

Deutschland

Obwohl das duale Berufsausbildungssystem weltweit als vorbildlich gilt, finden immer mehr Jugendliche nur in reinen Ausbildungsbetrieben oder schulischen Ausbildungsgängen einen Berufsabschluss. Der mangelnde Praxisbezug solcher Ausbildungsgänge ist offensichtlich. Ursache hierfür ist die nachlassende Ausbildungsbereitschaft der Betriebe, die mehrere Ursachen hat. Die Bundesregierung unter Gerhard Schröder wollte mittels einer Ausbildungsplatzabgabe Betriebe zur verstärkten Ausbildung zwingen. Die Ausbildungsplatzabgabe wurde durch den zwischen Wirtschaft und Bundesregierung geschlossenen Ausbildungspakt vorerst ausgesetzt. Im Rahmen des Ausbildungspaktes haben Kammern, Verbände und andere Einrichtungen ihr Engagement zur Lehrstellenwerbung ausgeweitet. Der Mangel an Ausbildungsplätzen gestaltet sich regional sehr unterschiedlich, so dass viele offene Stellen nicht besetzt werden können. Als zunehmend problematisch erweist sich die mangelnde Ausbildungsreife vieler Jugendlicher, die sich auf schlechten schulischen Leistungen begründet. Signifikant ist in diesem Zusammenhang beispielsweise das Missverhältnis zwischen kaufmännischer Eignung und dem Berufswunsch nach einer Bürotätigkeit.

Schweiz

Auch in der Schweiz gilt die Tatsache, dass immer mehr Jugendliche keine entsprechende Lehrstelle finden, über alle Parteigrenzen hinweg Anlass zur Besorgnis. 2004 wurde dazu extra eine Konferenz der Bundesratsparteien einberufen. Das einzige Resultat dieser Konferenz war ein Aufruf an die Unternehmen, vermehrt Lehrstellen zu schaffen, da man sich nicht über die zu treffenden Maßnahmen einigen konnte.

Als Paradebeispiel für bizarre Auswüchse dieser Situation schrieb 2004 ein findiger Unternehmer Informatiklehrstellen in seinem neu gegründeten Lehrbetrieb aus. Dabei sollten die Lehrlinge erstmals keinen Lehrlingslohn erhalten, sondern eine Ausbildungsgebühr bezahlen. Die Empörung aller Politikkreise darüber war so groß, dass dieser Betrieb nie starten konnte.

Tatsächlich ist es heute fast nicht mehr möglich, eine Lehrstelle zu erhalten, ohne einen Eignungstest zu bestehen. Meist hat es auch für jede Lehrstelle mehrere Bewerber, womit die Betriebe bequem auswählen können.

Eine mögliche Ursache dieser Situation ist die 'Aufwertung' vieler Berufslehren und den damit einhergehenden höheren Qualifikationen, die für diese Berufslehren verlangt werden. Tatsächlich sind es denn auch fast ausschließlich die weniger begabten Schüler, die keine Lehrstellen mehr finden, während viele besser Begabte zu einer Matura-Schule wechseln.

Probleme der dualen Ausbildung II

Die Defizite des dualen Ausbildungssystems und des zu geringen Angebotes von betrieblichen Ausbildungsplätzen resultieren im Wesentlichen aus fünf Problemfeldern:

  1. zu umfangreiche formale Anforderungen an die Berufsausbildung
  2. zu hohe Kosten der Ausbildung selbst, wobei regelmäßig die kalkulatorischen Anteile für die Betreuung im Betrieb unberücksichtigt bleiben,
  3. die mangelnde Berufsfähigkeit vieler Schulabgänger aufgrund ihres zu niedrigen Bildungsniveaus,
  4. die hohe Spezialisierung vieler Betriebe, die eine sehr breit angelegte Ausbildung (wie sie in vielen Ausbildungsrahmenplänen gefordert wird) unmöglich macht und
  5. die sinkende Bereitschaft von Unternehmen, in eine nachhaltige Ausbildung – also in das Lernen für lebenslange Beschäftigung – investieren zu wollen, da die Halbwertzeit des Wissens rapide abnimmt. Vielfach wird die Ausbildung an sich nicht mehr als langfristige Investition in betriebliches Humankapital angesehen.

Je nach Berufsbild und Branche wirken sich diese Problemfelder im einzelnen unterschiedlich stark aus. Das Ergebnis ist aber das Gleiche: Viele Betriebe sind nicht mehr in der Lage oder Willens, ein Berufsbild in seiner ganzen Breite auszubilden. Erschwert wird die Ausbildung zudem durch weitere Hindernisse wie ein stark reglementiertes Arbeitsrecht, überzogene Anforderungen für die Ausbildereignung sowie eine oft unzureichende Ausstattung der Schulen mit qualifizierten Lehrkräften und zeitgemäßer Technik.

Lösungsansätze

In der Vergangenheit ist in Deutschland schon mehrfach versucht worden, die genannten Defizite durch Veränderungen am dualen System zu überwinden. Diskutiert wurden insbesondere die „Auftragsausbildung“ und die „verstaatlichten Ausbildungsgänge“. Jedoch konnte dieser Ansatz nicht nachhaltig überzeugen.

  • Bei der Auftragsausbildung stellen große Konzerne ihre Kapazitäten wie zum Beispiel ihre Lehrwerkstätten (zur Ausbildung von industriellen Metallberufsbildern) zur Verfügung und bilden über ihren Eigenbedarf hinaus aus. Allerdings ist die Übernahme der Auszubildenden in ein festes Arbeitsverhältnis nicht gesichert. Damit ist diese Variante nur sehr bedingt geeignet, die Schwächen des dualen Systems im Ergebnis zu reduzieren.
  • Bei den verstaatlichten Ausbildungsgängen (den sogenannten „Assistenten“-Berufen) werden Jugendliche in Oberstufenkollegs und in Schulen freier Trägerschaft am dualen System „vorbei“ qualifiziert. Diese Ausbildungsgänge bieten neben theoretischem Unterricht auch betriebliche Praktika an. Allerdings kommt hier die betriebliche Praxis oft zu kurz. So wird der Übergang der Absolventen ins Arbeitsleben erschwert.

Seit 2006 wird - ausgehend von einem "Innovationskreis Berufliche Bildung" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung - über eine Modularisierung der Dualen Ausbildung diskutiert. Ähnlich wie bei modernen Hochschulstudiengängen soll die Ausbildung mit standardisierten Ausbildungsbausteinen gegliedert werden, die innerhalb einer Berufsgruppe kombinierbar sind und die die Anrechnung von Teilleistungen möglich machen. Anders als bei gestuften Modellen, die anerkannte Abschlüsse bescheinigen, würden Ausbildungsbausteine für sich zertifiziert, eine Berufsabschlussprüfung bliebe aber bestehen. Vom Bundesinstitut für Berufsbildung sind bis Ende 2007 Ausbildungsbausteine für 14 Berufe entwickelt worden. Befürworter erwarten durch eine Modularisierung der Dualen Ausbildung eine bessere Flexibilität und Durchlässigkeit vom Übergangssystem aus, Kritiker befürchten eine Absenkung des Qualitätsniveaus der Ausbildung.

Das triale Ausbildungssystem als praktikabler Lösungsansatz

Einen gänzlich neuen Weg geht man beim trialen Ausbildungssystem. Das triale System basiert auf der Idee eines überbetrieblichen Ausbildungsnetzwerks. Vor allem im Bereich der industriellen Metallberufsbilder (Industriemechaniker, Werkzeugmechaniker, Mechatroniker u.a.) soll die dritte Säule in der Ausbildung eine innovative Möglichkeit darstellen, dem dualen System eine sinnvolle (Dienstleistungs-) Ergänzung zu geben. Betriebe könnten nach dieser Theorie effizienter, qualitativ hochwertiger und kostengünstiger ausbilden als bei der ausschließlichen Nutzung vorhandener betriebsinterner Ressourcen, indem sie zum Beispiel im Bereich der industriellen Metallberufsbilder bestimmte Ausbildungsbestandteile in einem überbetrieblichen Trainingszentrum ausbilden, das von Steuerzahler oder durch zusätzliche Umlage der Ausbildungsbetriebe finanziert wird. Erste Praxiserfahrungen zeigen demnach, dass das triale System von den beteiligten Unternehmen als eine an ihre individuellen Bedürfnisse angepasste wenn auch teure Lösung bewertet wird. Die Netzwerkkonstruktion ermöglicht es den Betrieben, Dienstleistungen im Zusammenhang der Ausbildung betriebsübergreifend zu nutzen oder selbst anzubieten. Dazu gehört die Zentralisierung folgender Aufgaben:

  • das (mittlerweile angeblich) notwendige Marketing für die gewerblichen Berufe,
  • die Bedarfsspezifikation,
  • die Personalauswahl der Auszubildenden,
  • das Schnittstellenmanagement mit den entsprechenden Kammern, der Berufsschule und der Agentur für Arbeit
  • die Personalentwicklung und
  • das betriebswirtschaftliche Ausbildungsmanagement (Controlling, Personal und Marketing)

Die Koordinierung und Organisation der Dienstleistungen „rund um die Ausbildung“ obliegt danach einem externen Dienstleister, der dem Netzwerk als Partner zur Verfügung steht. Dieser neutrale Agent stimmt die verschiedenen Beratungsleistungen aufeinander ab und analysiert fortwährend den Bedarf für neue Dienstleistungen. Im Ergebnis kann die Übernahme des betrieblichen Personalbetreuungsaufwands durch das fremdfinanzierte Netzwerk zu einer Entlastung in den angeschlossenen Betrieben führen. Aufgrund der Mitbestimmungsregelungen der Netzwerkstruktur – z. B. in Form einer rechtsfähigen Körperschaft - hätten die Betriebe zudem jederzeit die Möglichkeit, auf Umfang und Betreuungsintensität der Maßnahmen einzuwirken. Diese Mitbestimmungsstruktur ist auch ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal hinsichtlich einer Auftragsausbildung durch Externe.

Mit Hilfe der trialen Ausbildung gäbe es danach mehr und bessere Ausbildung bei gleichzeitiger Entlastung der Betriebe im administrativen und betreuenden Sektor. Besonders solchen Betrieben, die bisher in besonders betreuungsintensiven Berufsbildern nicht ausgebildet haben, Betrieben, die aufgrund fehlender Ausbildungsausstattungen nicht ausbildeten, sowie Betrieben, denen betriebliche Ausbildung zu kostenintensiv war, würden durch das triale Ausbildungssystem Möglichkeiten geboten, qualitativ hochwertig und kosteneffizient auszubilden. Das triale Ausbildungssystem mit seiner dritten Säule beinhalte die komplette Marktanpassung und damit eine Funktion, die dem dualen System angeblich fehle und die auch durch die zahlreichen Reformansätze bisher nicht zu erreichen sei.

Das Deregulierungsmodell als marktwirtschaftliche Lösung

Diese Idee basiert auf dem Gedanken, die nachhaltigen Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten in den Fokus der Ausbildungsordnungen zu stellen. Staatlich verordnet werden demnach nur noch die für den jeweiligen Beruf prägenden Ausbildungsinhalte, die von der Mehrzahl der Betriebe auch ohne staatliche Hilfe an die jungen Menschen vermittelt werden können; unterstützt durch den dualen Partner Berufsschule. Zusatzqualifikationen und Spezialisierungen können nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten und individuellen Fähigkeiten und Neigungen der Auszubildenden ohne staatliche Einflussnahme vermittelt werden.

In vielen Berufen ließen sich, gemäß diesen Vorstellungen, so auch kürzere Ausbildungszeiten sowie gestufte Ausbildungsgänge realisieren. Dies könnte demnach die rasche und am nachhaltigen Bedarf orientierte Berufsausbildung der benötigten Fachkräfte erleichtern.

Siehe auch

Berufsbildungsgesetz

Einzelnachweise


Weblinks


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