- Radonbalneologie
-
Radonbalneologie, auch Radontherapie, Radonbad oder Radoninhalationskur, ist die therapeutische Anwendung des radioaktiven Gases Radon in Heilbädern. Es werden dabei natürliche Freisetzungen von Radon aus dem Erdboden genutzt.
Inhaltsverzeichnis
Radonbäder
Radonbäder gibt es im Gasteiner Heilstollen und in Bad Zell in Österreich, in Niška Banja in Serbien, im Radon-Revitalbad in Menzenschwand, im Radonstollen in Bad Kreuznach und in den Orten Bad Brambach, Bad Münster, Bad Schlema, Bad Steben und Sibyllenbad in Deutschland, in Jáchymov in Tschechien, in Hévíz in Ungarn, sowie in Naretschen und in Kostenez in Bulgarien.
Indikationen
Das Forschungsinstitut Gastein (FOI) der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg führt neben einigen Kontraindikationen folgende Erkrankungen als Indikationen an:[1]
Erkrankungen des Bewegungsapparates
- Morbus Bechterew bzw. Spondylarthropathien
- Arthropathia bzw. Arthritis psoriatica
- Chronische Polyarthritis (rheumatoide Arthritis)
- Fibromyalgie
- Weichteilrheumatismus
- Arthrosen und Polyarthrosen
- Degenerative Wirbelsäulenerkrankungen
- Diskopathien
- Polyneuropathien
Erkrankungen der Atemwege
- Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
- Asthma bronchiale
- Heuschnupfen
- Chronische Sinusitis
Erkrankungen der Haut
- Verzögerte Wundheilung
- Ulcus cruris
- Neurodermitis
- Psoriasis vulgaris
- Sklerodermie
- Periphere Durchblutungsstörungen leichten Grades
Therapeutik und Wirkweise
Bei der Radontherapie soll es sich um eine niedrigdosierte Strahlentherapie handeln. Beim Baden, Quellwassertrinken, oder beim Aufenthalt in den ehemaligen Bergwerkstollen gelangt Radon in den Körper, verteilt sich dort in gelöster Form, geht aber als Edelgas keinerlei chemische Bindung ein. Die biologische Halbwertszeit durch Abatmung soll etwa 15 bis 30 Minuten betragen. Durch Hyperventilation aufgrund der Erwärmung der Umgebungsluft und der Herabsetzung des Luftdrucks, was einer Höhenlage entspricht, wird die Radonaufnahme gesteigert. Die heilbringende Wirkung soll bei normaler Temperatur ab 37.000 Bq/m³ (1 nCi/l) Atemluft einsetzen, mit einem Maximum bei 3 MBq/m³ Atemluft.
Die durch ihre Anwender postulierte nutzbringende Wirkung von niedrig dosiertem Radon soll in der Aktivierung, ausgelöst durch eine „Reizung“, der körpereigenen Schutzmechanismen gegen die Radikalbildung bestehen. Zugleich soll die DNA-Synthese durch Radon herabgesetzt werden und dies soll ein möglicher Mechanismus der antirheumatischen Wirkung sein.[2][3] Daneben soll Radon die Kortisonsekretion steigern. Dies könnte die Wirkung bei Asthma oder Rheuma miterklären. Niedrig dosierter ionisierender Strahlung wird außerdem, im Widerspruch zur überwiegenden Ansicht der Fachöffentlichkeit, eine schützende Wirkung vor Krebs zugesprochen. Diese sogenannte Hormesis-Hypothese von T.D. Luckey beruht auf Wachstumsexperimenten an bestrahlten Pflanzen und niederen Tieren. Es wird auch von Adaptationsphänomen (adaptive Reaktion, adaptive response) der Zelle gegen Stress gesprochen.
Auf der Haut und in den Bronchien ist die Wirkung von Alphastrahlung auf die oberste Zellschicht begrenzt, das Stratum germinativum der Haut, die einlagige innerste Zellschicht, wird nicht erreicht. Im Blut gelöstes Radon erreicht jedoch auch tiefere Gewebe. Im exponierten Gewebe kommt es durch die Bestrahlung zur Bildung von freien Radikalen, die eine schädliche Wirkung auf Zellen haben. Die schädliche Wirkung, insbesondere die Entstehung von Krebserkrankungen durch hochdosierte Radonexposition ist seit fast hundert Jahren bekannt, siehe Schneeberger Krankheit.
Beim Menschen sind exakte Daten zur Wirkung niedriger Strahlendosen bisher nicht erhoben worden. Die Fachöffentlichkeit, beispielsweise UNSCEAR, geht durch lineare oder supralineare Extrapolation der bekannten Wirkung höherer Dosen von einer stochastischen schädlichen Wirkung, wie Krebs- und Mutationserzeugung, beliebig niedriger Dosen aus.
Befürworter verweisen darauf, dass im südlichen Indien (Kerala), wo die natürliche Strahlendosis mindestens vierfach höher ist als in Deutschland, die Krebsinzidenz geringer sei.[4]
Literatur
- Hans Kiefer, Winfried Koelzer: Strahlen und Strahlenschutz. Springer, Berlin 1986, ISBN 3-540-15958-4.
- Hans Kiefer, Winfried Koelzer: Strahlen und Strahlenschutz. Springer, New York 1986, ISBN 0-387-15958-4.
- Peter Deetjen; RADIZ Schlema e.V. (Hrsg.): Radon als Heilmittel. Kovac, Hamburg 2005, ISBN 3-830-01768-5.
- Peter Deetjen; Peter Deetjen, Albrecht Falkenbach (Hrsg.): Radon und Gesundheit. Lang, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-631-35532-7.
Weblinks
- Umweltmedizinischer Informationsdienst 3/2000 – Radon-Balneotherapie ( PDF, 0,7 MB)
- Bundesamt für Strahlenschutz – Radon
- Informationsseite zum Thema Radon & Radioaktivität
- Das Gasteiner Forschungsinstitut versuchte, Ursache-EWirkungs-Zusammenhänge zu erforschen. Siehe Seite 20
Einzelnachweise
- ↑ Markus Ritter: Indikationen für eine Heilstollentherapie. Forschungsinstitut Gastein (FOI) der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg, August 2008, abgerufen am 8. Januar 2010.
- ↑ A. Falkenbach, et al.: Radon therapy for the treatment of rheumatic diseases--review and meta-analysis of controlled clinical trials. In: Rheumatol Int. April 2005 25(3), S. 205-10, abgerufen am 8. Januar 2010 (PMID 14673618).
- ↑ K. Becker: Health Effects of High Radon Environments in Central Europe: Another Test for the LNT Hypothesis? In: Nonlinearity Biol Toxicol Med. Januar 2003 1(1), S. 3-35, abgerufen am 8. Januar 2010 (PMID 19330110).
- ↑ J.H. Hendry, et al.: Human exposure to high natural background radiation: what can it teach us about radiation risks? In: J Radiol Prot. Juni 2009 29(2A), S. A29-425, abgerufen am 8. Januar 2010 (PMID 19454802).
Bitte den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten! Kategorien:- Therapeutisches Verfahren
- Heilbad
Wikimedia Foundation.