Rainer Zwing

Rainer Zwing

August Kühn (weiteres Pseudonym: Rainer Zwing, * 25. September 1936 als Helmuth-Hans Münch in München; † 9. Februar 1996 in Hinterwössen) war ein deutscher Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

Helmuth-Hans Münch war der Sohn eines Münchner Angestellten. Da die Familie aufgrund der jüdischen Abstammung des Vaters während der nationalsozialistischen Diktatur Verfolgungsmaßnahmen befürchten musste, lebte der Sohn mit seiner Mutter von 1939 bis 1945 im Schweizer Exil. Nach dem Zweiten Weltkrieg besuchte er in München die Realschule und absolvierte eine Lehre zum Optikschleifer. Nachdem er diesen Beruf einige Jahre ausgeübt hatte, wechselte er als Volontär zu einer Münchner Boulevardzeitung, für die er hauptsächlich Lokalreportagen verfasste. Zwischenzeitlich wanderte er nach Israel aus und wurde dort zum Militär eingezogen. Nach kurzer Zeit brach er den Militärdienst ab und kehrte nach München zurück. 1964/65 versuchte er sich als Kabarettist und Texter für das Kabarett „Verkehrte Welt“. 1965 führte ein schwerer Unfall zur teilweisen Invalidität. Danach arbeitete er bei einer Speiseeisfirma, die ihn wegen seines Eintretens für einen Betriebsrat entließ. Später war er Angestellter bei einer Versicherung und beim Statistischen Amt der Stadt München. Schließlich wurde er erwerbslos.

Er war mit Riyan Münch-Kühn verheiratet und hatte sechs Kinder.

Schriftstellerische Tätigkeit

Während der Erwerbslosigkeit begann er, zunächst für sich selbst sein erstes Buch (Westend-Geschichte) zu schreiben. 1972 veröffentlicht er den Roman unter dem Pseudonym „August Kühn“. Diesen Alias-Namen wählte er in Anleihe bei einem gleichnamigen Vorfahren mütterlicherseits. Seitdem lebte er als freier Schriftsteller in München und Hinterwössen. Es folgten weitere Romane, „Zeit zum Aufstehn“ wird 1978 für das Fernsehen verfilmt. 1984 wurde er bundesweit bekannt: er wanderte monatelang zu Fuß von Buchhandlung zu Buchhandlung durchs Land, um dort mit Lesungen für seine Bücher zu werben. Sein erzählerisches Werk zählt zur proletarischenLiteratur der Arbeitswelt“ und erarbeitet in großem Umfang Münchner Lokalgeschichte. Kühn war Mitglied des PEN-Zentrums der Schweiz.

Politisches Engagement

Kühn war Mitglied der DKP. Unter dem Pseudonym Rainer Zwing veröffentlichte er im Bundestagswahlkampf 1980 »Die Affären des Herrn Franz«. Gemeint war damit der Kanzlerkandidat der CDU/CSU, Bayerns Ministerpräsident Franz-Josef Strauß. 1994 kandidierte er für die PDS bei den Wahlen zum Deutschen Bundestag.

Militärgeschichtliche Aktivitäten

Neben seinem Werk als Romancier ist Kühns militärhistorisches Schaffen kaum bekannt. Sein Hauptaugenmerk galt dem frühen 18. Jahrhundert. Kühn analysierte Kriegsgeschichte zwar vor allem unter ökonomischen Aspekten, doch aufgrund seines umfangreichen Detailwissens und seines handwerkliches Könnens trat er unter seinem bürgerlichen Namen auch als Gestalter künstlerisch ausdruckstarker und historisch genauer Zinnfiguren hervor. Er war Mitglied von „KLIO e.V. Deutsche Gesellschaft der Freunde und Sammler Kulturhistorischer Zinnfiguren“. Für sein heereskundliches Hauptwerk „Die Anfänge der Hochrüstung und der Beginn der stehenden Heere in Europa“ fand er in Deutschland keinen angemessenen Verlag. Bis auf wenige Handkopien blieb es daher unveröffentlicht, lediglich die uniformkundlichen Farbtafeln wurden postum in den USA verlegt.

Auszeichnungen

Kühns literarisches Werk wurde mit einem Stipendium des Deutschen Literaturfonds und dem Lyrikpreis des Literarischen Monats Burghausen (1983) ausgezeichnet. Als ihm 1982 der Ernst-Hoferichter-Preis der Stadt München verliehen wurde, kam es zu einem Eklat: Der 2. Münchner Bürgermeister Winfried Zehetmeier (CSU) weigerte sich aus Protest gegen Kühns gegnerische politische Parteizugehörigkeit, den an drei Münchner Kulturschaffende – Jörg Hube, Kurt Seeberger und August Kühn – verliehenen Preis persönlich zu überreichen und sagte seine Teilnahme an der Verleihung ab. Seine Heimatstadt München benannte postum eine Straße nach dem Schriftsteller.

Werke

  • Westend-Geschichte. München 1972.
  • Der bayerische Aufstand. München 1973. (unter dem Namen Rainer Zwing)
  • Eis am Stecken. Frankfurt am Main 1974.
  • Zeit zum Aufstehn. Frankfurt am Main 1975.
  • Zwei in einem Gewand oder Die nicht mögliche Wandlung des Menschen und Unternehmers Hubmann. Frankfurt am Main 1976.
  • Jahrgang 22 oder Die Merkwürdigkeiten im Leben des Fritz Wachsmuth. München 1977.
  • Maßbierien. Frankfurt am Main 1977. (unter dem Namen Rainer Zwing)
  • Münchner Geschichten. Frankfurt am Main 1977.
  • Fritz Wachsmuths Wunderjahre. Königstein/Taunus 1978.
  • Die Affären des Herrn Franz. Dortmund 1979. (unter dem Namen Rainer Zwing)
  • Die Vorstadt. München 1981.
  • Deutschland – ein lauer Sommer. München 1984.
  • Wir kehren langsam zur Natur zurück. München 1984.
  • Meine Mutter 1907. München 1986.
  • Die Abrechnung. München 1990.
  • Die Anfänge der Hochrüstung und der Beginn der stehenden Heere in Europa. 2 Bände. Hinterwössen 1993–1994.
  • Der bayerische Aufstand 1705. München 1995.

Weblinks


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