- Ausschlussdiät
-
Klassifikation nach ICD-10 K52.2 Allergische und alimentäre Gastroenteritis und Kolitis
-Gastroenteritis oder Kolitis durch NahrungsmittelallergieL27.2 Dermatitis durch aufgenommene Nahrungsmittel T78.0 Anaphylaktischer Schock durch Nahrungsmittelunverträglichkeit ICD-10 online (WHO-Version 2006) Die Nahrungsmittelallergie oder Lebensmittelallergie ist eine besondere Form der Nahrungsmittelunverträglichkeit. Sie ist gekennzeichnet durch eine spezifische Überempfindlichkeit (Allergie) gegen bestimmte Stoffe, die in der Nahrung enthalten sind und mit ihr aufgenommen werden. Der Begriff Nahrungsmittelallergie ist nicht zu verwechseln mit Nahrungsmittel-Intoleranz.
Inhaltsverzeichnis
Symptome und Beschwerden
Nahrungsmittelallergien äußern sich in Reaktionen der Schleimhaut, zum Beispiel in Form von Schleimhautschwellungen im gesamten Mund- und Rachenraum, Juckreiz und Anschwellen der Zunge. Symptome im Magen-Darm-Bereich sind Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Nahrungsmittelallergien können aber auch zu Reaktionen der Atemwege (allergische Rhinitis, allergisches Asthma) und der Haut (atopisches Ekzem) sowie zu Gelenkerkrankungen (Arthritis) führen.
Nahrungsmittelallergien im Säuglings- und Kleinkindalter
Besonders Säuglinge und Kleinkinder mit Nahrungsmittelallergien können unter heftigem Erbrechen und Durchfällen leiden, was in weiterer Folge auch die normale Entwicklung (Größenwachstum, Gewichtszunahme) beeinträchtigen kann. Oft sagen die Kinderärzte, es seien Koliken. Typische Nahrungsmittelallergien im Säuglings- und Kleinkindalter sind Allergien gegen Milch, Eier, Fleisch, Fisch, Nüsse und in zunehmenden Ausmaß gegen Soja. Bei starken Sensibilisierungen kommt es auch zu allergischen Reaktionen auf die Muttermilch, die alle Allergene derjenigen Nahrungsmittel enthalten kann, welche die Mutter zu sich nimmt.
Die optimale Ernährung für Neugeborene ist das ausschließliche Stillen während mindestens der ersten sechs Lebensmonate. Für die Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern, die entweder nicht gestillt werden können und ein erhöhtes Allergie-Risiko haben oder die unter Nahrungsmittelallergien leiden, gibt es eine Reihe von Spezialprodukten. Hypoallergene Formula Nahrung (oder HA-Nahrung) besteht aus stark hydrolysierten Molken- oder Vollmilchproteinen. Hier liegen sämtliche Proteine nur noch in sehr kleinen Bruchstücken vor, die von IgE-Antikörpern nicht mehr erkannt werden können und somit auch keine allergischen Reaktionen mehr auslösen können. Ein Nachteil von hydrolysierten Babynahrungen ist ihr sehr bitterer Geschmack. Die Möglichkeit Kuhmilch zu vermeiden, bieten Babynahrungen auf Basis von Soja-Proteinen oder auf Basis von Reis-Proteinen. Nahrungen auf Soja-Basis sind jedoch ebenfalls sehr allergisierend und enthalten zusätzlich Phytosterole, die andere unerwünschte Wirkungen haben können. Nahrungen auf Soja-Basis sind deshalb für Säuglinge, insbesondere bei erhöhtem Allergie-Risiko, nicht empfehlenswert.
Die meisten Kinder „wachsen“ aus der Nahrungsmittelallergie bis zu ihrem 5. Lebensjahr heraus. Da diese Kinder aber offensichtlich eine Prädisposition für allergische Erkrankungen haben, kann es dann oft zu neuen Sensibilisierungen kommen, zum Beispiel gegen Pollenallergene, die sich dann auch in anderen Krankheitsformen (Asthma bronchiale, allergische Rhinitis) äußern können. Dieses Phänomen wird auch mit allergic march bezeichnet.
Nahrungsmittelallergien im Jugend- und Erwachsenenalter
Nahrungsmittelallergien im Jugend- und Erwachsenenalter sind sehr häufig keine genuinen Nahrungsmittelallergien, in dem Sinn, dass die ursprüngliche Sensibilisierung gegen die Nahrungsmittel erfolgt ist, sondern Kreuzallergien, bei denen die ursprüngliche Sensibilisierung gegen zum Beispiel ein Inhalationsallergen gerichtet ist. Sehr häufig ist hier das oral allergy syndrome (OAS) bei Birkenallergikern, bei denen eine Sensibilisierung gegen das Hauptallergen in Birkenpollen, Bet v 1, vorliegt. Aufgrund der Kreuzreaktivität der Antikörper mit einem ähnlichen Protein im Apfel, können bei Birkenpollenallergikern beim Verzehr von Äpfeln allergische Symptome, typischerweise an der Mundschleimhaut, auftreten.
Dennoch gibt es auch im Jugend- und Erwachsenenalter „echte“ Sensibilisierungen gegen Nahrungsmittel.
Besonders schwerwiegend ist die Erdnussallergie (lat. Arachis hypogaea). Hier kommt es besonders häufig zu sehr heftigen allergischen Reaktionen und zum anaphylaktischen Schock. Deshalb muss auf Lebensmitteln deklariert werden, wenn Erdnüsse enthalten sind. Es ist oft nicht auf den ersten Blick ersichtlich, ob ein Lebensmittel Erdnüsse bzw. Erdnussbutter enthält (Eiscremes, Dessertcremes, Müsli-Mischungen, Schoko-Riegel, etc.).
Ursachen
Der wiederholte Verzehr bestimmter Lebensmittel oder deren Inhaltsstoffe, aber auch Pollen über eine Kreuzallergie, führen zu einer Antigen-Antikörper-Reaktion als grundlegendem immunologischem Mechanismus der Allergie. Die genaue Ursache dafür ist unbekannt. Fast alle Patienten zeigten vorher andere allergische Beschwerden wie Heuschnupfen, Asthma, allergisch bedingte Hautentzündungen. Es wurden Theorien erstellt, so zum Beispiel die Dschungeltheorie die besagt, dass eine Unterforderung des Immunsystems besonders in jungen Kinderjahren, aufgrund von übertriebener Hygiene die Entstehung einer Allergie fördert, da sich in dieser Zeit das Immunsystem ausprägt. Aber auch der frühe Konsum von Medikamenten und exotischen Früchten können Ursache einer Allergie sein.
Verbreitung
Ende 1996 schätzte die Deutsche Gesellschaft für Ernährung den Anteil der Nahrungsmittelallergiker in der Bevölkerung Deutschlands auf 5 bis 10 Prozent und die an einer Nahrungsmittelintoleranz Leidenden auf 1 bis 2 Prozent.
Auslöser
Grundsätzlich kann jedes Lebensmittel – dessen Inhaltsstoffe – allergen wirken, jedoch sind die allergischen Potenziale unterschiedlich. Zu den Lebensmitteln, die Allergene für Reaktionen vom so genannten Soforttyp enthalten, zählen unter anderem Sellerie, Steinobst (z.B. Kirschen), Vollmilch (besonders Kuhmilch), Hühnerei, Fisch, Nüsse, Getreide, Kräuter und Soja.
Diagnose
Die einfachste und effektivste Methode ist das Führen eines Ernährungs- und Beschwerden-Tagebuches, mit dessen Hilfe der zeitliche Zusammenhang zwischen Aufnahme der auslösenden Nahrungsmittel und den Symptomen aufgedeckt werden kann. Am besten geht man von einer langsam wechselnden Basisdiät mit einigen – vermutlich verträglichen – Lebensmitteln aus. Mit dieser Methode können andere, nicht-immunologische Nahrungsmittelreaktionen (z. B. Nahrungsmittel-Intoleranzen) zwar nicht abgegrenzt, aber doch erfasst werden.
Wenn ein bestimmtes Lebensmittel als Auslöser verdächtigt wird – zum Beispiel Kuhmilch – sollte eine mehrwöchige Ausschlussdiät mit Weglassen sämtlicher Auslöser durchgeführt werden, mit einer anschließenden Provokationsdiät durchgeführt werden. Ausschlussdiät und Provokationsdiät werden jeweils für einzelne Lebensmittel durchgeführt, z.B. Milch, Schalentiere etc. Eine andere empfohlene Methode ist eine Rotationsdiät, bei der potenziell allergieauslösende Lebensmittel in einem bestimmten Turnus gegessen werden.
Weitere ärztliche Diagnoseverfahren:
- Hauttests mit verschiedenen Nahrungsmittelextrakten (z. B. Prick-Test)
- Bestimmung des Gesamt-IgE im Serum
- Bestimmung von allergenspezifischen IgE-Antikörper im Serum (z. B. RAST-Test)
- Methylhistamin-Bestimmung im 24-Stunden-Urin während einer üblichen Ernährung und danach zum Vergleich während einer mehrtägigen kaum-allergenen Kartoffel-Reis-Diät (siehe unten)
Es gibt einzelne Anbieter die nicht geeignete Testverfahren zum Nachweis von angenommenen Nahrungsmittelallergien anbieten. Ein IgG-Test ist beispielsweise nicht generell zur Diagnose einer Nahrungsmittelallergie geeignet. Hier werden unterschiedliche Testverfahren angewendet. Klinische Nachweise der Validität konnte bisher nur von Yorktest FoodSCAN erbracht werden. Allergologenverbände sowie das Deutsche Ärzteblatt sind kritisch (siehe auch ALCAT-Test)
Unbedenkliche Nahrungsmittel
Es gibt nur wenige Nahrungsmittel, gegen die Menschen fast nie allergisch sind, zum Beispiel Artischocken, Blattsalate, Kartoffeln, und jede Art von Reis.
Vorbeugung
Um Lebensmittelallergien vorzubeugen, ist es sinnvoll darauf zu achten, nicht zu oft, vor allem nicht täglich, die gleichen Lebensmittel zu essen. Grundsätzlich ist bei Allergien der häufige Kontakt ein weitverbreiteter Auslöser. Zum Beispiel sollte nicht jeden Tag die gleiche Gemüsemischung in Salaten gegessen werden, weil hier viele potenziell allergieauslösende Stoffe zusammen aufgenommen werden.
Stillen ist eine gute vorbeugende Maßnahme. Kinder, die ausschließlich gestillt werden, leiden deutlich seltener an Nahrungsmittelallergien als Kinder, die nicht gestillt wurden.[1][2]
Quellen
Literatur
- Arnold Hilgers, Inge Hoffmann: Food Intolerance. Mosaik, München 1997, ISBN 3-576-10742-8
- Hans Steinhart, Angelika Peschke, Katy Zunker: Lebensmittelallergie – eine individuelle Gefahr. In: Biologie in unserer Zeit. 31(6), 2001, ISSN 0045-205X, S. 398-407
- Karin Buchart: Nahrungsmittelallergie. Ein Leitfaden für Betroffene. 2., überarb. Aufl. Studien-Verlag, Innsbruck 2005, ISBN 3-7065-1905-4
- Karin Buchart: Gut leben mit Nahrungsmittelallergien. Ratgeber mit Diätplan und Rezepten für alle Betroffenen. 3., überarb. Aufl. Löwenzahnverlag, Innsbruck 2008, ISBN 978-3-7066-2417-6
Weblinks
- Informationen über Nahrungsmittelallergien bei Kindern
- Deutsches Grünes Kreuz e. V. -> Nahrungsmittelallergien
- Nahrungsmittelallergie und -unverträglichkeit: Bewährte statt nicht evaluierte Diagnostik (Deutsches Ärzteblatt)
- ALLUM: Verständliche Informationen zu Nahrungsmittelallergien
- Übersichtsartikel (PDF) des FLUGS-Fachinformationsdienstes am Helmholtz Zentrum München, Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (PDF-Datei)
- DGE: Selbstdiagnose „Lebensmittelallergie“ häufig ohne medizinischen Befund
- Datenbank mit „über 4000“ potentiellen Allergenen.
- Allergieportal des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Bitte beachte den Hinweis zu Gesundheitsthemen!
Wikimedia Foundation.