Reichsforst im Fichtelgebirge

Reichsforst im Fichtelgebirge

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Reichsforst
Das Fichtelgebirge im Nordosten Bayerns

Das Fichtelgebirge im Nordosten Bayerns

Lage des Reichsforstes im Fichtelgebirge

Lage des Reichsforstes im Fichtelgebirge

Höchster Gipfel Steinberg (705 m ü. NN)
Lage Bayern
Koordinaten 49° 59′ N, 12° 9′ O49.98861111111112.150833333333705Koordinaten: 49° 59′ N, 12° 9′ O

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Der Ort Brand bei Marktredwitz liegt am westlichen Nordrand des Reichswaldes

Der Reichsforst ist ein ausgedehntes Waldgebiet im Südosten des Fichtelgebirges in den Landkreisen Tirschenreuth und Wunsiedel (Nordostbayern), zwischen der Wondreb- und Röslausenke. Es ist zugleich mit 26 km² das größte zusammenhängende Basaltgebiet des Fichtelgebirges.

Inhaltsverzeichnis

Topografie

Begrenzt wird der Landschaftsraum des Reichsforstes im Osten von dem Bach Feisnitz, der das Gebiet zum Kohlwald abgrenzt und im Westen von der Senke Pechbrunn-Groschlattengrün mit der Autobahn A 93 Hof – Regensburg. Nennenswerte Vulkanruinen im Reichsforst sind von Ost nach West: Elmberg 618 m, Finkenberg 607 m, Preisberg 636 m, Ruhberg 692 m, Hirschentanz 644 m, Steinhügel 677 m, Steinberg 705 m und Wappenstein 672 m ü.NN.

Der heutige Reichsforst ist der Rest eines weit größeren Waldgebietes, das Königsforst war und die Wälder von Selb, Marktleuthen, Liebenstein, Altkinsberg, Arzberg, Seußen, Brand und Wölsau umfasste. Mit der Verwaltung des Forstes (erbliches Forstmeisteramt) betraute König Albrecht wahrscheinlich im Jahr 1306 den aus der Egerländer Ministerialität stammenden Albrecht VI. Nothaft. 1310 übertrug König Heinrich der VII. der Familie Nothafft die Aufsicht über den Reichsforst. Später gingen Teile des Reichslehens an adelige Herrschaften über und auch die Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth erwarben Teile des genannten Waldgebietes. Auch das Stift Waldsassen erhielt Waldgebiete aus dem Reichswald. Die Waldungen des Reichsforstes gehören heute überwiegend dem bayerischen Staat, zuständig ist der Forstbetrieb Waldassen. Vom Fichtelgebirgsverein markierte Wanderwege führen von folgenden Orten aus zu den Basalterhebungen: Marktredwitz, Brand bei Marktredwitz, Wanderparkplatz Feisnitzstausee (Arzberg), Konnersreuth, Großbüchlberg.

Geologie und Botanik

Im Reichsforst steht Basalt an, ein tertiäres Eruptivgestein, das zu einer Vulkanzone gehört, die von der Tschechischen Republik von den Orten Karlsbad und Eger nach Nordostbayern hereinreicht. Die Alpenauffaltung löste auch dort tektonische Bewegungen aus. Im Gestein brachen viele Spalten und Klüfte ein. Aus dem Erdinnern drang glutflüssige Magma in die Bruchstellen ein (Basaltvulkanismus). Auf dem Weg nach oben erstarrte der Schmelzfluss zu basaltischen Gängen, wobei sich oft prächtige Säulen bildeten. In den folgenden Jahrmillionen wurden die Deckschichten durch Erosion abgetragen und so die härteren Basalte freigelegt, die in der Landschaft als Lavadecken (Reichsforst) oder Kegelberge hervortreten. Am Südhang des Wappensteines, am Silberrangen, findet man Basalttuff. Große Bedeutung hat die Basaltflora; Mineralreichtum (hoher Kalkgehalt) und eine hohe Wärmekapazität des Bodens sind Gründe für die Artenvielfalt. Die Gipfelbereiche werden von einem lichten Laubmischwald eingenommen. Außergewöhnlich vielfältig sind Strauch- und Kraut-Gras-Schichten und 32 seltene Pflanzen. Der Gipfelbereich des Ruhberges wurde am 30. März 2001 durch Beschluss der Regierung von Oberfranken unter Naturschutz gestellt, der Gipfel des Wappensteins hat den Schutzstatus Naturdenkmal.

Siedlungsspuren und Altstraßen

An der Nordwestflanke des Steinberges im Reichsforst, in der Flur Ruhstatt nahe der Regierungsbezirksgrenze, wurde im Herbst 1960 zufällig von einem Haingrüner Landwirt ein jungsteinzeitlicher Siedlungsplatz entdeckt. Die Stelle liegt auf einer großen Waldwiese, dreiseitig von Wald umgeben. Bei einer Nachsuche wurde neolithische Keramik gefunden. Als nichtkeramische Funde kamen Artefakte aus Chalcedon und Jaspis zu Tage sowie mittelalterliche Fundgegenstände. Ein rekonstruiertes Tongefäß ist im Fichtelgebirgsmuseum in Wunsiedel ausgestellt.

Von einem sehr alten Verkehrsweg wird noch berichtet, der aus dem fränkischen Raum kam, sich über den Reichsforst zog und nach Eger in Böhmen führte.

Territoriale Zugehörigkeit

Durch den Reichsforst verläuft heute die Grenze der bayerischen Regierungsbezirke Oberfranken und Oberpfalz. Diese Grenze gilt seit dem Jahr 1810, das Basaltgebirge war aber schon Jahrhunderte vorher eine Art Grenzgebirge. Eine erste Abgrenzung zwischen zwei Herrschaftsgebieten fand im Jahr 1362 statt. Südlich des Reichsforstes hatte sich ab 1133 das Stiftland Waldassen gebildet, das zumindest bis 1571 politisch eigenständig und dessen nördliche Grenze der Reichsforst war. Nördlich davon erwarben ab 1285 die hohenzollerischen Burggrafen von Nürnberg Gebietsteile. Eine feste Abgrenzung des Stiftlandes im Reichsforst wurde kundbar, als der Egerer Landrichter Bohuslaw von Schwanberg im Jahr 1362 im Auftrag des Kaisers eine Rainung gegenüber dem Reichsforst vornahm und den Grenzverlauf von Reutlas (heute Ortsteil der Stadt Marktredwitz) ausgehend bis Forchheim (abgegangene Siedlung 2 km westlich von Pechtnersreuth) durch einen Graben festlegte. Diese Grenze behielt in den nachfolgenden Jahrhunderten beim Fürstentum Obere Pfalz, Kurbayern und Königreich Bayern ihre Gültigkeit, wenn es auch sehr häufig mit den benachbarten Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth zu „Irrungen“ und manchen Grenzstreitigkeiten kam. Die letzte Grenzfestlegung erfolgte im Jahr 1803, als dort die preußische Provinz Bayreuth an das Königreich Bayern angrenzte und die teilweise noch vorhandenen „Preußensteine“ gesetzt wurden. 1810 erledigten sich alle Grenzformalitäten, als die preußische Provinz nach französischer Besetzung zum Königreich Bayern kam.

Der Wappenstein

Neben den Preußensteinen erinnert der Wappenstein an die einstige Landesgrenze. Er liegt etwa einen Kilometer Luftlinie von Groschlattengrün (Gemeinde Pechbrunn, Landkreis Tirschenreuth) entfernt auf einem kleinen Basaltkegel. Man erreicht die Anhöhe von Groschlattengrün aus auf einem markierten Wanderweg (weißes Feld, blauer Querstrich) nach etwa 1,6 Kilometern. Auf der Ostseite des Felsens befindet sich das 27×27 cm große Wappen der Hohenzollern. Auf der Westseite ist ein Kreuz angebracht. Der erste schriftliche Hinweis auf den Wappenstein steht im Landbuch der Sechsämter von 1499 in der Beschreibung des Reichsforstes. Er ist „ein gros holtz bey zweien meiln lanng unnd einer meil prait“. Die Grenzbeschreibung lautet dort: „..und vom Atterbrunlein unterm perg hinauff ann fels, das mit der herschaft wapen weis und schwarz geviertet verzeichent ist...“. Auch in späteren Grenzbeschreibungen sind Hinweise auf das Wappen zu finden. Die Grenze verlief über die Anhöhen des Reichsforstes, die heutige Regierungsbezirksgrenze zwischen Oberpfalz und Oberfranken verläuft nördlich des Wappensteins, der sich jetzt auf Oberpfälzer Gebiet. Dort treffen auch die Landkreise Wunsiedel i. Fichtelgebirge und Tirschenreuth aufeinander.

Wirtschaftliche Nutzungen

Die Wälder des Reichsforstes lieferten Holz und dienten der Schafweide. Wie aus dem Landbuch der Sechsämter hervorgeht, waren Forstknechte angestellt, die über Recht und Ordnung wachen mussten. Am Nordhang des Steinberges, bei Haingrün (Ortsteil der Stadt Marktredwitz), gab es im 19. Jahrhundert Gruben, in denen Kaolin für die Porzellanfirma C.M. Hutschenreuther abgebaut wurde. Rund um den Reichsforst befanden sich eine Reihe von Basaltbrüchen, in denen hochwertiges Material gefördert wurde. (z.B. Bruch Weidersberg).

Literatur

  • Heimat Landkreis Tirschenreuth, Heft 16/2004 S. 92
  • Dietmar Herrmann: Lexikon Fichtelgebirge (2000), einzelne Stichworte
  • Bernhard Leutheußer: Marktredwitz im Industriezeitalter, S. 38, 47
  • Friedrich Müller: Bayerns steinreiche Ecke, S. 226 f
  • Georg Nölp: Eine geologisch-botanische Wanderung zum Ruhberg bei Seußen in: Der Siebenstern 1928, S. 56
  • K. Siegl: Geschichte des Reichsforstes im alten Egerland in: Egerer Jahrbuch 59 (1926), S. 37 f.
  • Landbuch der Sechsämter von 1499
  • Jungsteinzeitliche Siedlungsfunde am Fichtelgebirgs-Südrand in: Sechsämterland 25. Februar 1961 Nr. 2, 23. März 1961 Nr. 3, 11. Mai 1963 Nr. 4, 25. Mai 1963 Nr. 5
  • Harald Stark: Die adeligen Forstmeister im Egerer Reichsforst; in: Archiv für Geschichte von Oberfranken 1997, S. 207 f
  • Harald Stark: Die Familie Notthafft - auf Spurensuche im Egerland, in Bayern und Schwaben,Weißenstadt 2006, ISBN 3-926621-46-X
  • Heribert Sturm: Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern, Heft 21 Tirschenreuth
  • Heinrich Vollrath: Die Pflanzenwelt des Fichtelgebirges und benachbarter Landschaften in geobotanischer Schau in: Bericht der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Bayreuth, Band IX (Sonderdruck 1957)

Karten

  • Bayerisches Landesvermessungsamt: UK 50-13 Naturpark Fichtelgebirge/Steinwald östlicher Teil, Maßstab 1:50.000

Weblinks


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