Reisender

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Der Begriff Reisender gilt innerhalb der Distributionspolitik und der Betriebswirtschaft als Bezeichnung für sozialversicherungspflichtig angestellte Verkäufer im Außendienst. Im Unterschied zu dieser Definition kennt die Vertriebspolitik im Verkaufsaußendienst des Marketing vor allem Handelsvertreter und Makler, sowie Absatzmittler.

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

In der älteren Literatur bezeichnete man jeden als Reisenden, der sich zu Studienzwecken ins Ausland begab, um die gesellschaftlichen, kulturellen oder natürlichen Verhältnisse zu untersuchen und zu beschreiben (siehe hierzu Forschungsreise). Innerhalb der Betriebswirtschaftslehre, insbesondere im Marketing wird seit Anfang des vergangenen Jahrhunderts als Reisender bezeichnet, wer außerhalb seines Betriebes Geschäfte im Namen und auf Rechnung seines Betriebes vermittelt oder abschließt.

Rechtliche Zuordnung

Die Geschäftsbesorgungen des Reisenden im modernen Sinne richten sich nach den Bestimmungen der §§ 611 ff. BGB (Dienstvertragsrecht). Die Rechtsstellung des Reisenden ist folglich kaufmännischer Angestellter im Rahmen des Dienstvertrages. Aus diesem Vertragsverhältnis ergeben sich für ihn Treue-, Sorgfalts- sowie Gehorsamspflichten. Des Weiteren ist der Reisende neben den sonstigen Pflichten eines kaufmännischen Angestellten dazu verpflichtet, seinen Dienstherrn über Geschäftsabschlüsse unverzüglich zu informieren (Meldepflicht) sowie Reisendenberichte abzufassen (Berichtspflicht). Umgekehrt schuldet der Arbeitgeber, unabhängig vom erreichten Umsatz vom Grundsatz her Lohn und Fürsorge (Sozialversicherungsleistungen und Personalbetreuung) sowie Ersatz von angefallenen Auslagen (Spesen) und die Wahrung sonstiger Rechte eines kaufmännischen Angestellten. Im Bereich des Handelsgesetzbuch finden die Vorschriften der §§ 59 ff. HGB (Handlungsgehilfen) Anwendung.

Potenzielle Konflikte

Risiko für den Reisenden

In der unternehmerischen Praxis wird das unternehmerische Risiko zur Fürsorge und Gehaltszahlung vor allem durch niedrige Festgehälter mit hohem Provisionsanteil auf den erzielten Umsatz kompensiert. Daneben finden sich gerade im Investitionsgüterbereich Regelungen, die ein Festgehalt ohne erfolgsabhängige Entlohnung vorsehen. Bei der Berechnung der Verkaufsprovision gestattet das Direktionsrecht des Arbeitgebers zudem, auch im laufenden Kundenkontakt lukrative Kunden per Arbeitsanweisung zu so genannten „Direktionskunden“ zu benennen und fortan durch die Geschäftsleitung zu betreuen oder sie je nach Distributionspolitik jederzeit durch andere Mitarbeiter weiterbetreuen zu lassen.

Die Folge in der betrieblichen Praxis ist ein nicht durchsetzbarer Gesamtanspruch auf Entlohnung des Verkäufers auf der Basis seiner konkreten Bemühungen, trotz eines ggf. moralisch weiterhin bestehenden Provisionsanspruches. Solche Regelungen werden von eher unerfahrenen Verkäufern akzeptiert, die pauschale Verweismöglichkeiten in ihren Arbeitsverträgen nicht ausschließen. Arbeitgeber, die wohl das Direktionsrecht nutzen möchten, jedoch minimale Kosten anstreben, werden dem angestellten Außendienstverkäufer beispielsweise als Vertragsbedingung anbieten, auf freiwilliger Basis und gegen frei auszuhandelnde Erstattung seinen Pkw, sein Handy und Geldmittel auf Geschäftsreisen für das Unternehmen vorzufinanzieren.

Als sog. „Gegenleistung“ wird dem Reisenden ein höherer Anteil Provision bei geringem Gehalt auf der Basis der Daten von „langjährigen Spitzenverkäufern“ angeboten. Der Unternehmer erreicht so eine Vertragsbeziehung, die ihm einerseits die Vorteile des weisungsgebundenen Angestellten bietet, andererseits aber das Risiko des Verkaufserfolges auf den Mitarbeiter mit Hinweis auf die Lohnfortzahlungsleistung weitgehend abwälzt. Im Automobilbereich oder in der Zulieferindustrie werden so z. B. häufig Bruttogehälter im Rahmen der Grundversorgung von unter 1.000,- Euro gezahlt und in Einzelfällen davon noch die Leasingkosten für einen PKW (auch zur Privatnutzung) abgezogen. Kleine und mittlere Unternehmen erreichen im Außendienst auf diese Weise häufig akzeptable Kundenkontaktkosten bei in Kauf genommener höherer Fluktuation.

Risiko für den Unternehmer

Der Arbeitgeber hat bei einem angestellten Verkäufer keinerlei Einfluss auf die Verkaufsqualität im Beratungsgespräch, wenn er nicht permanent aufwändige Coaching- und Trainingsmaßnahmen oder Kundenbefragungen durchführen möchte. Da sich insbesondere der Verkaufsaußendienst kleinerer und mittlerer Unternehmen somit schlecht in ein Controlling einbeziehen lässt, steht der latente Verdacht verkäuferischer Minderleistung für jeden angestellten Außendienstverkäufer im Raum.

Der angestellte Verkäufer ist weisungsgebunden und hat i. d. R. tägliche Verkaufsberichte, häufig in elektronischer Form, abzuliefern. Darüber hinaus notieren erfahrene Verkäufer jedoch die wirklich wichtigen Kundeninformationen, Vorlieben und Privatangelegenheiten der Kunden für den Aufbau einer Beziehungsebene in einer gesonderten, privaten Datenbank für sich, um ihre Abhängigkeit vom Direktionsrecht zu kompensieren. Reisende werden daher heute hauptsächlich von Unternehmen eingesetzt, denen der direkte Zugriff auf und die Kontrolle über die Verkaufsorgane sehr wichtig sind.

Tätigkeitsumfang

Zu den regelmäßigen Arbeiten, die ein Reisender im Rahmen seiner Dienstbesorgung (vgl. § 611 BGB) zu erledigen hat, gehören:

Der angestellte Verkäufer ist regelmäßig weder für die Bereitstellung der Arbeitsmittel (Pkw, Telefon, Prospekte etc.) noch für die Werbeaussagen seines Arbeitgebers verantwortlich. Seine Arbeit kann vor allem von serviceorientierten Unternehmen auch dazu eingesetzt werden, weniger den Verkauf als die Reklamationsbearbeitung oder den Kundenservice im Außendienst wahrzunehmen. Die Grenzen zum Servicetechniker sind hier mitunter fließend.

Entlohnung

Durchschnittliche Jahresverdienste von erfolgreich Reisenden 2004. Die Einkommen der Handelsvertreter sind zum Teil bedeutend höher

Im Verkaufsinnendienst wird auf Provisionen als Personalanreiz häufig ganz verzichtet, sobald die Ware sich auch ohne intensive Kundenberatung „dreht“. Die dementsprechenden betriebswirtschaftlichen Aufwendungen werden hier in den Bereich der Marktkommunikation innerhalb des Marketing verlagert. Eine reine Festgehaltsregelung wird daher eher bei geringer qualifizierten Verkaufstätigkeiten im Handel vereinbart. So werden beispielsweise bei Kassierern oder Einzelhandelsverkäufern ohne intensiven Beratungsaufwand zumeist Bruttogehälter um 1.000 Euro im Monat gezahlt. Im Handel hat sich für diese Mitarbeiter die für Verkäufer wenig schmeichelhafte Berufsbezeichnung „Regalauffüller“ etabliert. Im Investitionsgüterverkauf ist diese Form der einseitigen Entlohnung ohne variablen Vergütungsanteil nicht üblich. Hier liegt der Durchschnittsverdienst erheblich höher (siehe Grafik).

Siehe auch


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