- Autogiro
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Ein Tragschrauber, auch Autogiro oder Gyrocopter genannt, ist ein Drehflügler und ähnelt in seiner Funktionsweise einem Hubschrauber. Jedoch wird hier der Rotor nicht durch ein Triebwerk, sondern durch den Fahrtwind in Drehung versetzt (Autorotation). Der Auftrieb wird wie beim Hubschrauber durch die Relativbewegung des Rotorblattes gegenüber der umgebenden Luft erzeugt. Der Vortrieb erfolgt, wie beim Starrflügelflugzeug, meist durch ein Propellertriebwerk oder auch durch Schleppen.
Tragschrauber sind interessant für Anwendungen, bei denen geringe Geschwindigkeiten erwünscht, aber Senkrechtstart und -landung nicht notwendig sind. Vorteile sind dabei die Überziehfestigkeit (d.h. ein Strömungsabriss ist nicht möglich), die geringen Bau-, Wartungs- und Betriebsmittelkosten, das geringe Gewicht und der geringe Platzbedarf sowie die einfache Erlernbarkeit.
Als Erfinder des Tragschraubers gilt der Spanier Juan de la Cierva im Jahre 1923.
Inhaltsverzeichnis
Sicherheit und Stabilität
Da der Rotor nur durch den Luftstrom angetrieben wird, ist er mechanisch gering belastet, und es ist kein kompliziertes Getriebe notwendig. Der Antriebsausfall ist ebenfalls unkritisch. Tragschrauber haben keine Mindestgeschwindigkeit und können somit nicht in einen überzogenen Flugzustand geraten. Dies war auch die Motivation des Erfinders Juan de la Cierva.
Technik
Der Antrieb erfolgt meist durch Kolbentriebwerke und Propeller. Der Rotor wird an einem Mast befestigt. Ein Schlaggelenk, das eine Winkeländerung des Rotorblattes zulässt, wenn es gegen den Wind läuft, ist zentrales Merkmal eines Autogiro. Eine Taumelscheibe wird nicht benötigt, zur Steuerung kann der komplette Rotor geschwenkt werden. Zusätzlich wird ein herkömmliches Seitenruder zur Steuerung benötigt. Aufgrund der geringen Geschwindigkeit wird meist ein festes Fahrwerk verwendet. Eine geschlossene Kabine ist eher selten. Einige Modelle setzen zusätzliche Tragflächen ein.
Tragschrauber benötigen nur eine sehr kurze Startrollstrecke, von wenigen Metern bis etwa 100 m, und gehören damit zur Gruppe der ESTOL-Flugzeuge. Die Landerollstrecke liegt zwischen 0 und einigen 10 m. Zur weiteren Verkürzung der Startstrecke kann der Rotor vor dem Start durch einen weiteren Motor oder eine Getriebeeinheit auf die Startdrehzahl beschleunigt oder auch von Hand angeworfen werden.
Eine Sonderform ist der compound autogyro, bei dem nur zu Start und Landung der Rotor angetrieben wird, etwa mit Blattspitzenantrieb. Beim Vorwärtsflug trägt er dann freidrehend, gegebenenfalls zusammen mit Tragflächen, den Auftrieb, mit Vortrieb durch normale Propeller-Treibwerke, so etwa beim Fairey Rotodyne.
Entwicklung
Erfunden wurde der Tragschrauber von dem Spanier Juan de la Cierva, der sein Fluggerät Autogiro nannte[1]. Nachdem er mit einem von ihm entwickelten Bomber abgestürzt war, der in einen überzogenen Flugzustand geriet, entwickelte er ein Fluggerät, bei dem dies nicht auftreten kann. 1920 begann er mit „rotierenden Flügeln“, wie er sie nannte, zu experimentieren. Das Resultat war der erste erfolgreiche Flug eines Autogiro, des C4, am 9. Januar 1923 in Getafe, Spanien.
Ende der 1920er Jahre gab es einen Autogiro-Boom. Harold Pitcairn und sein Kollege Walter Kellett gründeten nach Lizenzierung durch de la Cierva in den USA einen der wichtigsten Autogiro-Hersteller. Sie belieferten das US Post Office mit Autogiros. Mit der Rezession brach dieses Geschäft jedoch ein.
In dieser Zeit wurden Tragschrauber auch in Großbritannien (besonders Cierva in enger Kooperation mit Avro), Deutschland (insbesondere Focke-Wulf), der Sowjetunion (ZAGI) und Frankreich (SNCASO) entwickelt.
Gebrauch im Zweiten Weltkrieg
Im Zweiten Weltkrieg führten einige deutsche U-Boote den unmotorisierten Schlepp-Tragschrauber Focke-Achgelis Fa 330 „Bachstelze“ mit. Er war mit einer Person bemannt, die als Ausguck diente, und wurde an einer Leine hinter dem aufgetaucht fahrenden U-Boot geschleppt.
In Großbritannien erfolgte während des Zweiten Weltkrieges die gesamte Kalibrierung der Radarüberwachung mit Hilfe von Tragschraubern. Hierzu wurden Tragschrauber des britischen Musters Cierva C.30 „Rota“ in einer Flugstaffel eingesetzt.
In Japan wurden Tragschrauber Ka-1 zur Artilleriebeobachtung eingesetzt. Geplant wurde außerdem, von umgebauten Frachtern aus operierende Tragschrauber zur Abwehr von U-Booten einzusetzen.
In der Sowjetunion wurden fünf in einer Staffel zusammengefasste Tragschrauber ZAGI A-7 am Anfang des Krieges zu Aufklärungsflügen und zum Abwurf von Flugblättern genutzt.
Somit spielten Tragschrauber insgesamt keine wesentliche Rolle, am Ende wandten sich die Militärs dem Hubschrauber zu. Dieser versprach neue taktische Möglichkeiten und ein breiteres Einsatzspektrum.
Tragschrauber heute
Sport- und Freizeitflüge
Tragschrauber werden heute fast nur noch zu Hobbyzwecken geflogen, wo sie wegen des niedrigen Anschaffungspreises und der geringen Betriebsmittelkosten beliebt sind.
Seit Mai 2004 sind in Deutschland Tragschrauber als Ultraleicht-Flugzeuge zugelassen und dürfen, nach dem Ablegen der Zusatzprüfung, auch mit Ultraleichtflug-Lizenz geflogen werden.
Für den Erwerb der Sportpiloten-Lizenz „Tragschrauber“ ist es möglich, die Ausbildung ausschließlich auf Tragschraubern zu absolvieren, ohne eine Flächenflugzeugausbildung zu machen.
Polizeieinsatz (Testreihe)
Von Juli bis Dezember 2007 testete die Polizei Brandenburg einen angemieteten Tragschrauber vom Typ HTC MT-03 auf dem Flugplatz Saarmund auf seine Tauglichkeit für Polizeieinsätze. Vier flugerfahrene Beamte der Landespolizei waren mit dem Praxistest befasst. Zu den Testabschnitten in unterschiedlichen Flughöhen gehören u.a.:
- Konstanz von Polizeifunk an Bord,
- Beweiskraft von Luftbildaufnahmen während des Einsatzflugs,
- Umwelt- und Verkehrsüberwachung (in rund 300 Metern Höhe) sowie
- Personensuche und -verfolgung aus der Luft.
Hauptmotiv für den Einsatz von Tragschraubern sind die niedrigen Anschaffungs-, Betriebs- und Wartungskosten gegenüber Hubschraubern. So kostet eine Hubschrauber-Flugstunde durchschnittlich 1.000 Euro, eine Tragschrauber-Flugstunde dagegen nur 120 Euro. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass der Boden zu beiden Seiten leicht beobachtet werden kann, und dass das Fliegen eines Tragschraubers sehr viel einfacher erlernbar ist als das eines Hubschraubers. Die Spitzengeschwindigkeit im polizeibezogenen Einsatz liegt bei 160 km/h, die Mindestgeschwindigkeit bei 30 km/h.
Als Hauptproblem bei dem getesteten Tragschrauber erwies sich die geringe Nutzlast: Zuladung maximal 210 kg. Weiterhin besteht eine rechtliche Hürde in der Luftfahrtbestimmung, wonach bewohntes Gebiet mit Ultraleicht-Flugzeugen und Tragschraubern grundsätzlich nicht im Tiefflug überflogen werden darf. Das Innenministerium Brandenburg plant daher eine Ausnahmeregelung für Polizeiflüge.
Flugauto
Der Tragschrauber könnte eine große Bedeutung als Flugauto erlangen. Erste Entwicklungen basieren auf einem Tragschrauber.
Siehe auch
Tragschrauber in Spielfilmen
Schon im Jahre 1934 tauchte ein Autogyro im Film Es geschah in einer Nacht auf, ebenso in Die 39 Stufen von 1935.
Besonders bekannt wurde der Tragschrauber durch den James-Bond-Film Man lebt nur zweimal („Little Nelly“) sowie durch Mad Max 2.
In der Fernsehserie Das A-Team fliegt H.M. Murdock am Anfang der letzten Staffel einen Tragschrauber und begründet dies mit den Worten: „Das habe ich mal in einem James-Bond-Film gesehen. Seitdem habe ich immer einen Hubschrauber im Koffer dabei.“
Literatur
- Engelbert Zaschka: Drehflügelflugzeuge. Trag- und Hubschrauber. C.J.E. Volckmann Nachf. E. Wette, Berlin-Charlottenburg 1936.
Einzelnachweise
- ↑ Tragschrauber - Gyrocopter - AutoGyro auf gyronautix.de
Weblinks
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