Richard Pietschmann

Richard Pietschmann
Richard Pietschmann (1851-1923)

Richard Ludwig Wilhelm Pietschmann (* 24. September 1851 in Stettin; † 17. Oktober 1923 in Göttingen) war ein deutscher Bibliothekar, Orientalist und Ägyptologe.

Inhaltsverzeichnis

Familie

Pietschmann wurde 1851 als Sohn des Stettiner Bildhauers Eduard Pietschmann (1819–1890) und dessen Frau Leopoldine (1823–1879), geb. Post, in Stettin geboren.

Richard Pietschmann heiratete am 13. August 1892 Emilie Grüneklee (1869–1935), die Tochter des Göttinger Universitätsfechtmeisters Robert Grüneklee und dessen Frau Marie, geb Nachtigall. Eine Tochter wurde dem Ehepaar geboren, die Mikrobiologin Dr. Katharina Meyer, geb. Pietschmann.

Leben

Pietschmann besuchte bis 1870 das Marienstiftsgymnasium zu Stettin und studierte anschließend in Berlin und Leipzig hauptsächlich Philosophie, gemeinsam mit allgemeiner Sprachwissenschaft, Philologie, Ägyptologie, Orientalistik, Religions- und Kunstgeschichte. Dabei hörte er unter anderem bei Adolf Bastian, Theodor Mommsen und Richard Lepsius. Seine wichtigsten Lehrer in Leipzig wurden der Geograph Oskar Peschel und der Ägyptologe Georg Ebers; mit Ebers verband Pietschmann fortan eine enge Freundschaft. 1874 promovierte er an der philosophischen Fakultät der Universität Leipzig mit der Arbeit Hermes Trismegistos in ägyptischen, griechischen und orientalischen Überlieferungen.

Nach seiner anschließenden Ableistung des Militärdienstes in seiner Geburtsstadt Stettin schlug Pietschmann die bibliothekarische Laufbahn ein und half bis 1876 bei der Katalogisierung der Universitätsbibliothek Greifswald. Weitere Stationen waren die Universitätsbibliotheken von Breslau (bis 1887) und kurzfristig Marburg, bevor er 1888 an die Universitätsbibliothek Göttingen versetzt wurde, an der er ab 1894 als Oberbibliothekar arbeitete. Gleichzeitig hatte er ab 1889 erst eine außerordentliche, später ordentliche Professur an der Universität Göttingen inne, in den Fächern Ägyptologie und altorientalische Geschichte. In dieser Eigenschaft übernahm er die Leitung verschiedener von Kaiser Wilhelm II. ausgesandter Expeditionen.

1897 wurde Pietschmann von der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften als Mitglied aufgenommen. Im gleichen Jahr erhielt er den Roten Adlerorden. Seitdem war er auch Geheimer Regierungsrat.

Im Jahre 1899 übernahm Pietschmann den Posten des Direktors der Universitätsbibliothek Greifswald, wurde 1902 zum Abteilungsdirektor an der Königlichen Bibliothek in Berlin ernannt und am 1. April 1903 zum Direktor der Universitätsbibliothek Göttingen. Diesen Posten behielt er bis zu seiner Emeritierung 1920. In Göttingen war Pietschmann zugleich Professor für Bibliotheks-Hilfswissenschaften und leitete als Vorsitzender der Kommission für die bibliothekarische Fachprüfung die Ausbildung zum höheren Bibliotheksdienst in Preußen.

Anlässlich eines Kongresses in Kopenhagen entdeckte Pietschmann 1908 das dort ruhende, umfangreiche und bisher unbekannte Manuskript des peruanischen Historikers und Ethnologen Waman Puma de Ayala (um 1535/1550-1615), das mit seinen zahlreichen Illustrationen ein ganz neues Licht auf das Inkareich und die Periode der Eroberung warf. [1]

Pietschmanns Nachlass wird in der Handschriftenabteilung der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen aufbewahrt.

Einzelnachweise

  1. Richard Pietschmann: Nueva Coronica y buen gobierno des Don Felipe Guaman Poma de Ayala. Eine peruanische Bilderhandschrift. Vorläufige Mitteilungen. In: Nachrichten der K. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Phil-Hist. Klasse. Göttingen 1908.

Schriften

  • Geschichte der Phönizier, Berlin 1889.

Literatur

  • Georg Leyh: Richard Pietschmann zum Gedächtnis. In: Zentralblatt für Bibliothekswesen. Bd. 43 (1926), S. 213–235; Nachtrag Bd. 44 (1927), S. 189–190.
  • Walter Menn: Richard Pietschmann. In: Pommersche Lebensbilder II. Saunier, Stettin 1936, S. 388–393.
  • Werner Schochow, in: Lexikon des gesamten Buchwesens, 2. Auflage, Bd. 6 (2003), S. 8.

Weblinks

 Wikisource: Richard Pietschmann – Quellen und Volltexte

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Pietschmann — ist der Nachname folgender Personen: Adolf Pietschmann (1859–1934), böhmischer Industrieller Andreas Pietschmann (* 1969), deutscher Schauspieler Herbert Pietschmann (* 1936), österreichischer Physiker Max Pietschmann (1865–1952), deutscher Maler …   Deutsch Wikipedia

  • Richard Fick — Richard Friedrich Fick (* 7. Februar 1867 in Schwartau; † 18. Dezember 1944 in Göttingen) war ein deutscher Bibliothekar und Indologe . Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Literatur 3 Weblinks …   Deutsch Wikipedia

  • Richard Ludwig Wilhelm Pietschmann — Égyptologue Pays de naissance …   Wikipédia en Français

  • Pietschmann — Pietschmann, Richard, Ägyptolog und Historiker, geb. 24. Sept. 1851 in Stettin, Sohn des Bildhauers Eduard P., studierte in Berlin und Leipzig Orientalia sowie Erd und Völkerkunde, erhielt 1875 seine erste Anstellung im Bibliothekfach und ist in… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Pietschmann — Pietschmann, Richard, Orientalist, geb. 24. Sept. 1851 in Stettin, Professor und Direktor der Universitätsbibliothek in Göttingen, schrieb: »Geschichte der Phönizier« (1889) u.a …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Andreas Pietschmann — mit seiner Lebensgefährtin Jasmin Tabatabai auf der Berlinale 2011 Andreas Pietschmann (* 22. März 1969 in Würzburg) ist ein deutscher Schauspieler …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Pi — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Waman Puma de Ayala — Waman Puma de Ayala, Selbstporträt, beim Aufzeichnen von Geschichten der Bewohner Perus. Die unterschiedlichen Gewänder weisen darauf hin, dass sie aus verschieden Regionen und Bevölkerungsschichtenstammen. Felipe Waman Puma de Ayala, auch Guaman …   Deutsch Wikipedia

  • Список египтологов — Список египтологов  список учёных профессионально занимавшихся и занимающихся египтологией. Дополнительно в списке указаны некоторые египтологи любители  писатели популяризаторы, а также путешественники и собиратели древностей XVIII XIX …   Википедия

  • Liste der Persönlichkeiten der Stadt Göttingen — Göttingen war in den vielen Jahrhunderten seiner reichen Geschichte Geburts , Studien , Wirkungs und Sterbeort zahlreicher bedeutender Persönlichkeiten. Inhaltsverzeichnis 1 Ehrenbürger 2 Söhne und Töchter der Stadt 3 Angehörige der Universität… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”