Richard Pietzsch

Richard Pietzsch

Richard Pietzsch (* 23. März 1872 in Blasewitz; † 28. Januar 1960 in München) war ein deutscher Maler des Impressionismus.

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Richard Pietzsch, geboren am 23. März 1872 in Blasewitz, stammte aus einer kulturell engagierten Dresdner Verleger- und Pädagogen-Familie. Er studierte Malerei zunächst bis 1894 an der Akademie seiner Heimatstadt Dresden, wechselte aber, weil mit dem Unterricht unzufrieden, nach München an die Höcker-Schule und die Akademie der Bildenden Künste (Radierklasse bei Prof. Raab), wo er u. a. Freundschaft mit dem späteren „Scholle“-Maler Reinhold Max Eichler (1872-1947) schloss. 1895 wurde er einer der ersten neun Schüler von Franz von Stuck, der auch seine spätere Entwicklung aufmerksam begleitete. 1897 bezog Pietzsch sein erstes Atelier in Schwabing. Sein Förderer Fritz von Uhde veranlasste im gleichen Jahr, dass die Arbeiten Richard Pietzschs auf der Münchner Sezessions-Ausstellung in einem eigenen Saal (sog. Octogonsaal) gezeigt wurden. Max Liebermann, der während der Münchner Ausstellung auf Pietzsch aufmerksam wurde, und mit ihm später Walter Leistikowsetzten gegen konservativen Widerstand durch, dass Gemälde von Richard Pietzsch auch auf der Berliner Sezessions-Ausstellung gezeigt wurden. Ab 1900 erhielt Pietzsch zunehmende Anerkennung der Kunstöffentlichkeit: er veröffentlichte in der „Jugend“ und „Kunst“, stellte in der „Münchner Sezession“ aus, und konnte erste Bilder an die Neue Pinakothek in München verkaufen. 1905 sprach ihm die Jury das Stipendium der Villa Romana Florenz zu, wo er ein Jahr zusammen mit seiner schwedischen Frau, der Malerin Fanny Westberg, verbrachte.[1] Als Mitglied der Münchner Sezession stellte er regelmäßig u.a. im Münchner Glaspalast aus [2], daneben beteiligte er sich an Ausstellungen in anderen deutschen Städten (Bremen, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt, Leipzig, Wiesbaden).

1907 gründete er eine eigene Malschule in Grünwald, 1913 wurde er zum Professor ernannt. Von 1915 bis 1916 hielt er sich im von den Deutschen besetzten nordfranzösischen Laon auf. Es entstanden Gemälde und Zeichnungen, die das zivile und militärische Leben im Alltag des ersten Weltkriegs festhielten. Seit 1925 war Pietzsch Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Zwischen 1905 und 1926 vertrat er insgesamt sechsmal, zusammen mit Künstlern wie Max Beckmann, Otto Dix, Oskar Kokoschka und Max Slevogt, die deutsche Kunst auf der Biennale von Venedig; 1924 wurde sein Ölgemälde „Herbst im Isartal“ mit dem „Premio Dreber“ ausgezeichnet.[3] Von 1916 bis 1930 lebte Richard Pietzsch in Bad Tölz und kehrte 1930 nach München zurück, als ihm die Stadt München das Asamschlössl (ehemaliger Barockwohnsitz der Gebrüder Cosmas Damian Asam und Egid Quirin Asam) in München-Thalkirchen als freie Wohnung und Atelier auf Lebenszeit überließ. Bei einem Bombenangriff wurde nicht nur das Asamschlössl stark beschädigt, sondern auch Atelier und Bilder Pietzschs vernichtet. Pietzsch wich 1944 in ein Notatelier nach Beuerberg aus und siedelte dann erneut nach Bad Tölz über. 1952 kehrte er nach München zurück, wo ihm die Stadt in der Schwabinger Franz-Joseph-Straße erneut Atelier und Wohnung zur Verfügung gestellt hatte. Er beteiligte sich noch an den Kunstausstellungen im „Haus der Kunst“, gemalt hat er nach 1945 kaum noch. Er starb am 28. Januar 1960 in München. Sein Grab findet sich auf dem Münchner Nordfriedhof.

Familie: Seine Frau Fanny Westberg (1874-1958) an der Stockholmer Akademie ausgebildet, war auch nach ihrer Heirat noch als Malerin tätig [4], ebenso wie die gemeinsame Tochter Ingeborg. Der Sohn, Harald Pietzsch (1910-1944 gefallen), war als Kreisarchitekt im Berchtesgadener Land tätig. Martin Pietzsch, älterer Bruder Richard Pietzsch, prägte mit seinen Villen- und Kinobauten das Bild der Dresdner Stadtteile Blasewitz und Loschwitz.[5] Die Nichte Sibylle Pietzsch, Dramaturgin, Architektin, Schriftstellerin, heiratete nach der Emigration in die USA 1934 in zweiter Ehe den Bauhaus-Künstler Laszlo Moholy-Nagy.[6]

Werk

Den größten Teil des Werkes Pietzschs nehmen Landschaften ein. Aus seiner Villa-Romana-Zeit stammen italienische und korsische Motive; seinem Temperament eher entsprachen jedoch die Landschaft Schwedens, das er von 1904 bis 1923 wiederholt bereiste. Wichtigster Motivgeber war Süddeutschland, wo er im Berchtesgadener Land, im Altmühl- und Donautal, am Mittelrhein, im Chiemgau, in Tirol und besonders im Isartal zwischen München und dem Vorkarwendel malte. Besonders interessierten ihn die atmosphärischen Veränderungen einer Landschaft mit dem Wechsel der Jahreszeiten oder des Wetters. Seine Aufmerksamkeit galt nicht nur der Landschaft als topographischer Gegebenheit, sondern ihrer geschichtlichen Prägung. Er zeigt die bayerische Kulturlandschaft mit ihrer jahrhundertelangen Prägung durch bäuerliche Tätigkeit („Münchner Schafschur“, „Flachsschlagen“) ebenso wie das unaufhaltsame Vordringen der Technik („Reichsautobahnbau“, „Telefonmasten bei Murnau“). In Tölz, Berchtesgaden oder den Münchner Vororten beobachtete er die allmählichen urbanisierenden Veränderungen und hielt in seinen Gemälden das ländliche architektonische Erbe fest. Einen kleinen, aber qualitativ wichtigen Bestandteil seines Werks bilden die Stillleben, Interieurs und Familienszenen. Als unermüdlicher und geschulter Zeichner hinterließ Richard Pietzsch außerdem eine große Anzahl von Kohlezeichnungen, Aquarellen und Pastellen, die seine stilistische und motivliche Vielseitigkeit dokumentieren.

Stilistische Einordnung

Richard Pietzsch ist ein charakteristischer Vertreter der Münchner Plein-air-Malerei. Die frühen Werke bis kurz nach der Jahrhundertwende zeigen mit ihrem tonigen Kolorit und den stimmungsvoller Naturmotiven noch den Einfluss Stucks. Danach entwickelt Pietzsch einen impulsiven, kraftvollen Strich, der die Herkunft aus dem französischen, besonders aber dem süddeutschen Impressionismus nicht verleugnet. Die Vitalität, manchmal fast peitschende Bewegtheit der Malweise ist (…) vergleichbar mit dem Werk der Berliner Max Liebermann und Fritz von Uhde.“ (Ulrich Bischoff).[7] In den späten zwanziger und dreißiger Jahren beruhigt sich der Stil zugunsten einer die Flächen ausbalancierenden Komposition und eines dünnflüssigeren, fein nuancierenden Farbauftrags. Werke von Richard Pietzsch befinden sich u. a. im Besitz folgender Museen: Gemäldegalerie Neuer Meister Dresden, Villa Romana Florenz, Städel Frankfurt, Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Stadtarchiv Halle, Neue Pinakothek München, Städtische Galerie im Lenbachhaus München, Münchner Stadtmuseum sowie im Besitz von Städten und Gemeinden des Isartals.

Einzelnachweise

  1. Philipp Kuhn: Die Villa Romana von ihrer Gründung bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs, www.villaromana.org/upload/Texte/Archivtext2.pdf
  2. Jochen Meister (Hrg): Münchner Secession. Geschichte und Gegenwart. München, 2007, S. 22
  3. http://mostramostre.labiennale.org/interno.cfm?ID=28
  4. Gösta Lilja, Bror Olsson, Knut Andersson u. a. (Hg): Svensk Konstnärslexikon, Allhelms-Verlag 1952-1967, Band 5
  5. Nähere biographische Angaben in: „Martin Pietzsch, der Architekt des Künstlerhauses“ auf http://www.kuenstlerhaus-dresden.de
  6. Jeanine Fiedler: Sybil Moholy-Magy, in. Neue Deutsche Biographie, Band 17, S. 701 f.
  7. in: Bruckmanns Lexikon der Münchner Kunst: Münchner Maler im 19./20. Jahrhundert, München 1994 Band 6, S. 182

Literatur

Literatur:

  • E. W. Bredt: Deutsche Lande, deutsche Maler, Leipzig 1909
  • Peter Breuer: Münchner Künstlerköpfe, München 1937
  • Ulrich Christoffel: Richard Pietzsch, in: Die Kunst, München 1943
  • Richard W. Eichler: Künstler und Werke, München 1962
  • Gedächtnis-Ausstellung Joseph Jaekel, Richard Pietzsch, Erich Seidel, Baukunstgalerie des Gerling-Konzerns, Köln 1988
  • Hans Heilmaier: Richard Pietzsch. Ein Maler der Münchner Freilichtschule, in: Die Kunst, München 1953, Nr. 51
  • Horst Ludwig (Hrg).: Franz von Stuck und seine Schüler, Ausstellungskatalog des Museums Villa Stuck, München 1989
  • Horst Ludwig: Vom Blauen Reiter zu Frisch gestrichen. Malerei in München im 20. Jahrhundert, München 1997
  • Jochen Meister (Hrg): Münchner Secession. Geschichte und Gegenwart. München, 2007
  • Richard Pietzsch: Über mich und meine Kunst, in: Die Kunst, München 1934
  • Richard Pietzsch, in: Karl Bosl (Hrg): Bosls Bayerische Biographie, Ergänzungsband : 1000 Persönlichkeiten aus 15 Jahrhunderten, 1988, XVI, S. 134
  • Richard Pietzsch: Gemälde als Zeitgeschichte, Ausstellungskatalog der Galerie von Abercron, Köln 1987
  • Richard Pietzsch: Arbeiten auf Papier, Ausstellungskatalog Rottach-Egern, , o. O., 1993.
  • Richard Pietzsch: Arbeiten auf Papier II, Ausstellungskatalog der Galerie von Abercron, München 1992

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