- Adolf Bastian
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Philipp Wilhelm Adolf Bastian (* 26. Juni 1826 in Bremen; † 2. Februar 1905 in Port-of-Spain, heute Trinidad und Tobago) war ein deutscher Ethnologe sowie Gründungsdirektor des Museums für Völkerkunde in Berlin.
Inhaltsverzeichnis
Biografie
Bastian stammte aus einer Kaufmannsfamilie. Er studierte Rechtswissenschaften an der Universität Heidelberg und Medizin sowie Naturwissenschaften an der Universität Berlin, der Universität Jena und der Universität Würzburg. Er war Mitglied des Corps Vandalia Heidelberg und Ehrenmitglied des Corps Saxonia Jena.[1]
Nach dem Studium reiste er ab 1850 als Schiffsarzt nach Australien, Peru, in die Karibik, nach Mexiko, Indien und Afrika. 1858 kehrte er nach Bremen zurück und beschrieb seine Reiseerlebnisse. 1860 erschien das dreibändige Werk Der Mensch in der Geschichte, das seinen Ruf als erster deutscher Ethnologe, der systematische Untersuchungen im Feld betrieb, begründete. 1861 reiste er nach Süd- und Ostasien.
1866 wurde er Dozent in Berlin. Er war hier Mitbegründer der Zeitschrift für Ethnologie. Im Jahr 1869 wurde er zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. 1873 wurde von ihm und Anderen das Königliche Museum für Völkerkunde in Berlin gegründet (heute Ethnologisches Museum in Berlin-Dahlem) und Bastian wurde der erste Direktor. Er gründete zusammen mit Rudolf Virchow und Carl Vogt die Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte.
Bastian verfasste mehr als 80 Bücher und über 300 Artikel, insgesamt verbrachte er mehr als 25 Jahre auf Reisen. Darüber hinaus fand er zwischenzeitlich Gelegenheit, einige (bis heute bestehende) wissenschaftliche Institutionen zu gründen. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf.
Werk
Bastian betont in seinem theoretischen Werk die Idee von „Elementargedanken“, die bei allen Völkern nur eine geringe Varianz aufweisen („Völkergedanken“), die Einheit der Menschen und des menschlichen Geistes. Indem er die Vielfalt menschlicher Kulturen auf „Elementargedanken“ zurückführt, distanziert er sich von Diffusionstheorien, die Wanderungen von kulturellen Merkmalen als Erklärung für Gemeinsamkeiten bei unterschiedlichen Kulturen annehmen. Er ist ein erklärter Feind der Evolutionstheorie von Charles Darwin und folgt eher dem Modell der „sozialdarwinistischen“ Evolutionisten Lewis Henry Morgan, Edward Tylor und Herbert Spencer, weswegen man Bastian – besonders im englischen Sprachraum – oft mit dem Evolutionismus in Verbindung bringt.
Man hat ihn in einer Linie mit aufgeklärten und romantischen Denkern wie Giambattista Vico, Johann Gottfried Herder und Wilhelm von Humboldt gesehen. Obwohl Bastian selbst darauf besteht, einen naturwissenschaftlichen Ansatz zu verfolgen, hat man ihn nachträglich in die geisteswissenschaftlich inspirierte und geschichtsbewusste Tradition der Ethnologie eingeordnet.
Insgesamt scheint sein vielschichtiges Werk und die manchmal flüchtig erscheinenden Formulierungen einer ihm angemessenen Rezeption bis heute im Wege gestanden zu haben. Carl Gustav Jung entwickelte Bastians Idee der „Elementargedanken“ weiter zu den „Archetypen“.
Schriften
- Ein Besuch in San Salvador, der Hauptstadt des Königreichs Kongo. Bremen 1859 (Digitalisat)
- Der Mensch in der Geschichte. 3 Bände, Leipzig 1860 (Digitalisat)
- Die Völker des östlichen Asien. 6 Bände, Jena 1866–1871
- Das Beständige in den Menschenrassen und die Spielweite ihrer Veränderlichkeit. Berlin 1868
- Beiträge zur vergleichenden Psychologie. Berlin 1868
- Sprachvergleichende Studien. Leipzig 1870
- Ethnologische Forschungen. 2 Bände, Jena 1871–1873
- Geographische und ethnologische Bilder. Jena 1873
- Die deutsche Expedition an die Loangoküste. 2 Bände, Jena 1874–1875
- Schöpfung oder Entstehung. Jena 1875
- Die Kulturländer des alten Amerika. 3 Bände, Berlin 1878–1889
- Die heilige Sage der Polynesier : Kosmogonie und Theogonie. Brockhaus, Leipzig 1881. (Online).
- Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin 1881
- Die Vorgeschichte der Ethnologie. Berlin 1881
- Steinskulpturen aus Guatemala. Berlin 1882
- Der Buddhismus in seiner Psychologie. Berlin 1882
- Amerikas Nordwestküste. Berlin 1883
- Inselgruppen in Oceanien. Berlin 1883
- Völkerstämme am Brahmaputra. Berlin 1883
- Zwei Worte über Kolonialweisheit. Berlin 1883
- Indonesien. 5 Lieferungen, Berlin 1884–1894
- Allgemeine Grundzüge der Ethnologie. Berlin 1884
- Religionsphilosophische Probleme auf dem Forschungsfelde buddhistischer Psychologie und der vergleichenden Mythologie. Berlin 1884
- Der Fetisch an der Küste Guineas. Berlin 1884
- Der Papua des dunklen Inselreichs. Berlin 1885
- In Sachen des Spiritismus. Berlin 1886
- Zur Lehre von den geographischen Provinzen. Berlin 1886
- Die Seele indischer und hellenistischer Philosophie in den Gespenstern moderner Geisterseherei. Berlin 1886
- Die Welt in ihren Spiegelungen unter dem Wandel des Völkergedankens. Berlin 1887
- Einiges aus Samoa und anderen Inseln der Südsee. Berlin 1889
- Über Klima und Acclimatisation. Berlin 1889
- Wie das Volk denkt. Berlin 1892
- Ideale Welten. 3 Bände, Berlin 1893
- Vorgeschichtliche Schöpfungslieder. Berlin 1893
- Die Verbleibsorte der abgeschiedenen Seelen. Berlin 1893
- Kontroversen in der Ethnologie. Berlin 1893−1894
- Zur Mythologie und Psychologie der Nigritier in Guinea. Berlin 1894
- Die samoanische Schöpfungssage und Anschließendes aus der Südsee. Weimar 1895
- Ethnische Elementargedanken in der Lehre vom Menschen. 2 Abt. Berlin 1895
- Zur Lehre vom Menschen in ethnischer Anthropologie. 2 Abt. Berlin 1895
- Die Denkschöpfung umgebender Welt aus kosmogonischen Vorstellungen. Berlin 1896
- Lose Blätter aus Indien. I–VII, Berlin 1897–1899
- Die mikronesischen Kolonien aus ethnologischem Gesichtspunkte. Berlin 1899
- Die Völkerkunde und der Völkerverkehr. Berlin 1900
- Der Völkerverkehr und seine Verständigungsmittel im Hinblick auf China. Berlin 1900
- Die wechselnden Phasen im geschichtlichen Sehkreis. I–IV, Berlin 1900
- Kulturhistorische Studien unter Rückbeziehung auf den Buddhismus. Berlin 1900
- Die Probleme humanistischer Fragestellungen und deren Beantwortungsweise unter den Zeichen der Zeit. Berlin 1901
- Der Menschheitsgedanke durch Raum und Zeit. 2 Bände, Berlin 1901
- Das Geschichtsdrama am Cap aus der Vogelperspektive. Berlin 1901 (anonym erschienen)
- Die Lehre vom Denken. 3 Bände, Berlin 1902–1905
- 1869 Gründung der Zeitschrift für Ethnologie (Berlin), zusammen mit Robert Hartmann
Literatur
- Wilhelm Seidensticker: Bastian, Philipp Wilhelm Adolf. In: Enzyklopädie des Märchens. Band 1, 1977, Sp. 1324–1327
- Klaus Peter Buchheit: Die Verkettung der Dinge. Stil und Diagnose im Schreiben Adolf Bastians. Lit Verlag, Münster 2005 (Online-PDF (606 Seiten))
- Klaus Peter Buchheit und Klaus Peter Koepping: Adolf Philipp Wilhelm Bastian. In: Feest und Kohl (Hrsg.): Hauptwerke der Ethnologie. Kröner, Stuttgart 2001, S. 19–25
- Klaus Peter Buchheit: The Concatenation of Minds (an essay on Bastian's conceptualization of ethnic lore). In: Rao und Hutnyk (Hrsg.): Celebrating Transgression. Method and Politics in Anthropological Studies of Culture. Berghahn, Oxford und New York 2006, S. 211–224
- Klaus Peter Buchheit: The World as Negro and déjà vue (an essay on Adolf Bastian and the self-deconstructing infringements of Buddhism, jargon, and racism as means of intercultural diagnosis). In: Manuela Fischer, Peter Bolz und Susan Kamel (Hrsg.), Adolf Bastian and his universal archive of humanity. The origins of German anthropology. Georg Olms Verlag, Hildesheim, Zürich, New York, 2007, S. 39–44
Weblinks
Commons: Adolf Bastian – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWikisource: Adolf Bastian – Quellen und Volltexte- Literatur von und über Adolf Bastian im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- ↑ Kösener Korps-Listen 1910, 122, 128; 127, 335
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