- Heinrich Brugsch
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Heinrich Ferdinand Karl Brugsch (* 18. Februar 1827 in Berlin; † 9. September 1894 in Charlottenburg; auch Heinrich Brugsch-Pascha genannt) war ein deutscher Ägyptologe.
Inhaltsverzeichnis
Leben
1845 trat er in die Burschenschaft Teutonia Berlin ein.[1] Trotz unregelmäßigen Schulbesuchs bestand Brugsch 1848 nicht nur das Abitur am Köllnischen Gymnasium, sondern er konnte noch im selben Jahr seine erste Schrift Scriptura Aegyptiorum demotica veröffentlichen, in der er sich selbst als Discipulus primae classis gymnasii realis bezeichnete. Darin stilisierte er sich zum genialen Entzifferer der demotischen Schrift, allerdings konnte er dazu auf Vorarbeiten Thomas Youngs zurückgreifen. König Friedrich Wilhelm IV. und Alexander von Humboldt wurden auf ihn aufmerksam und förderten Brugsch auf jede nur mögliche Weise. Ein Versuch Brugschs, bereits vor Ablegung des Abiturs bei Karl Richard Lepsius Vorlesungen zu besuchen, wurde von Lepsius abgelehnt. Auch später konnte das Verhältnis zu Lepsius nicht verbessert werden.
Derart unterstützt konnte er fast ohne Sorgen Studienreisen nach Paris, London und Turin unternehmen. Er nahm seine Studien der Philologie und Archäologie in Berlin auf und konnte nach dem Abschluss auf Kosten des Königs 1853 eine wissenschaftliche Reise nach Ägypten unternehmen. Hier traf er auf den französischen Forscher Auguste-Édouard Mariette, der bei Memphis Ausgrabungen durchführte.
1851 heiratete Brugsch in Berlin Pauline Harcke; mit ihr hatte er eine Tochter und drei Söhne,[2] nach anderen Angaben zwei Töchter und vier Söhne.[3] Einer der Trauzeugen war Alexander von Humboldt.
1854, nach seiner Rückkehr, habilitierte er sich an der Berliner Universität mit einer Arbeit über die Hegelsche Philosophie. Neben seiner Berufung zum Privatdozenten wurde er auch Assistent am Ägyptischen Museum Berlin, das damals von Joseph Pasalacqua geleitet wurde.
Eine zweite Reise führte ihn 1857 bis 1858 wieder nach Ägypten. Deren Ergebnisse wurden zwischen 1857 und 1860 veröffentlicht und schufen damit Grundlagen für die gesamte Forschung der vorgriechischen Geografie Ägyptens und seiner Nachbarländer.
In amtlicher Eigenschaft begleitete er eine preußische Gesandtschaft unter Leitung des Freiherrn Johann Heinrich von Minutoli nach Persien (Mai 1860 bis Juni 1861). 1864 begründete Brugsch mit Adolf Erman in Berlin die Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde, die bis heute die älteste ägyptologische Fachzeitschrift ist.
Im Herbst 1864 wurde Brugsch zum preußischen Konsul in Kairo ernannt.
1867 gab er sein Hieroglyphisch-demotische Wörterbuch heraus, das in Leipzig verlegt wurde. Im Vorwort zu diesem groß angelegten vierbändigen Werk (1 728 Seiten) fühlte Brugsch sich noch gezwungen, sich gegen den Vorwurf zu verteidigen, dass sein Vorhaben verfrüht sei, da die Bedeutung vieler Wörter noch viel zu ungewiss wäre. Die Zahl der Lemmata war auf 4 650 angestiegen und alphabetisch nach ihrer Transkription geordnet. Brugsch ging einfach davon aus, dass die Benutzer seines Wörterbuchs gelernt haben sollten, die altägyptischen Schriften zu lesen und zu transkribieren. Für diese Transkription nutzte er nicht mehr die koptischen Buchstaben wie Champollion, sondern lateinische mit diakritischen Zeichen. Brugsch hatte hieroglyphisch-hieratisches und demotisches Material gleichermaßen berücksichtigt. Schon 13 Jahre später (1880–1882) vervollständigte er sein Wörterbuch mit drei weiteren Bänden, mit kaum weniger (1 418) Seiten als die ersten vier und mit gleich vielen teils neuen, teils überarbeiteten Lemmata.
1868 kehrte Brugsch nach Deutschland zurück, wo er in zweiter Ehe Antonie Verständig heiratete (aus der Ehe gingen weitere fünf Söhne hervor, darunter der Arzt Theodor Brugsch)[3] und an der Georg-August-Universität Göttingen eine Professur für Ägyptologie erhielt. Hier konnte er sich aber nur schwer in den Wissenschaftsbetrieb einleben und so folgte er 1870 der Aufforderung des Vizekönigs von Ägypten, Ismail Pascha, die Leitung der in Kairo errichteten Ecole d'Égyptologie zu übernehmen. Dabei begleitete ihn sein Bruder Emil Brugsch.
1873 wurde er in den Rang eines Bey erhoben. Im selben Jahr vertrat Brugsch Ägypten auf der Weltausstellung in Wien. Vier Jahre später, 1877, repräsentierte er dieses Land auch auf der Industrieausstellung in Philadelphia.
Nachdem der Vizekönig gestürzt wurde, kehrte Brugsch 1879 wieder nach Berlin zurück. Er hoffte, zum Nachfolger A. Mariettes im Antikendienst Ägyptens ernannt zu werden, allerdings wurden bis zu Nassers Zeiten nur Franzosen eingesetzt.
1881 erhielt er von Tawfiq, Sohn und Nachfolger von Ismail Pascha als Vizekönig, den Titel Pascha. Im selben Jahr begleitete er den Kronprinzen von Österreich, Rudolf von Habsburg, nach Philae. Die Jahre 1882 und 1883 verbrachte er mit Prinz Friedrich Karl von Preußen auf Reisen durch Ägypten und Syrien.
Zurück in Berlin, sah man Brugsch als Privatdozent an der Universität. 1884 wurde er gebeten, als Mitglied einer deutschen Gesandtschaft nach Persien zu reisen. Dort war er als Legationsrat am Hofe des Schahs akkreditiert.
1891 und 1892 kehrte er ein letztes Mal nach Ägypten und in die Libysche Wüste zurück, um im staatlichen Auftrag ägyptische Altertümer zu erwerben.
Im Alter von 67 Jahren starb Heinrich Brugsch am 9. September 1894 in Charlottenburg. Er wurde auf dem Evangelischen Luisenfriedhof III begraben. Als Grabstein fungierte der Deckel eines Sarkophages aus dem ägyptischen Alten Reich.
Publikationen
Hinweis: Online-Digitalisate weist Wikisource nach.
- Bücher online lesen im Internet Archive
- Scriptura Aegyptiorum demotica. 1848
- Numerorum apud veteres Aegyptios demoticorum doctrina. 1849
- Die Inschrift von Rosetta. 1850
- Reiseberichte aus Ägypten. 1855
- Monuments de l'Égypte. 1857
- Geographische Inschriften altägyptischer Denkmäler. 3 Bde. 1857–1860
- Recueil des monuments égyptiens. 6 Tle. 1862–1885
- Reise der königlich preußischen Gesandtschaft nach Persien. 2 Bde. 1862/1863
- Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. 7 Bde. 1867–1882
- Prinz Friedrich Karl im Morgenlande. 1884
- Im Lande des Schahs. 1886
- Steininschrift und Bibelwort. 1891
- Aus dem Morgenlande: Altes und Neues. 1893
- Mein Leben und Wandern. 1894
- Mit und bei Kronprinz Rudolf von Oesterreich. (Teil I). In: Linzer Tages-Post, XXX. Jahrgang, Nr. 63/1894, 18. März 1894, S. 1 f. (Online bei ANNO) ,
Mit und bei Kronprinz Rudolf von Oesterreich. (Teil II). In: Linzer Tages-Post, XXX. Jahrgang, Nr. 64/1894, 20. März 1894, S. 1 f. (Online bei ANNO) . - Bei Bismarck in St. Petersburg und in Berlin. In: Linzer Tages-Post, XXX. Jahrgang, Nr. 67/1894, 23. März 1894, S. 1 f. (Online bei ANNO) .
Literatur
- Édouard Naville: Brugsch, Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 47, Duncker & Humblot, Leipzig 1903, S. 283–293.
- Friedrich Wilhelm von Bissing: Brugsch, Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, S. 667 f. (Onlinefassung).
- Helge Dvorak: Biografisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I Politiker, Teilband 1: A-E, Heidelberg 1996, S. 146-147.
- Wolfgang Helck: Kleines Lexikon der Ägyptologie. Harrassowitz, Wiesbaden 1999, ISBN 3-44704-027-0, S. 57 → Brugsch, Heinrich (Pascha)
Weblinks
Commons: Heinrich Brugsch – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWikisource: Heinrich Brugsch – Quellen und Volltexte- Literatur von und über Heinrich Brugsch im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Erika Endesfelder: Schon mit sechzehn hatte er das Demotische entziffert. Der Ägyptologe Heinrich Brugsch (1827–1894)
- Zeitschrift für Ägyptische Sprache Einige Ausgaben online
- Katja Prätzel und Erik Reske: Heinrich Brugsch: Das Wunderkind im Zwist mit Lepsius
Einzelnachweise
- ↑ Helge Dvorak: Biografisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I Politiker, Teilband 1: A-E. Heidelberg 1996, S. 146.
- ↑ Theodor Brugsch, Geschichte einer Gelehrtenfamilie. Verlag der Nationen, Berlin 1986, ISBN 3-373-00073-4
- ↑ a b Friedrich Wilhelm von Bissing: Brugsch, Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, S. 667 f. (Onlinefassung).
Inhaber des Lehrstuhls für Ägyptologie an der Universität GöttingenHeinrich Brugsch (1867–1877) | Richard Pietschmann (1889–1899) | Kurt Sethe (1899–1923) | Hermann Kees (1924–1952) | Siegfried Schott (1952–1966) | Wolfhart Westendorf (1967–1989) | Friedrich Junge (1980–2006) | Heike Behlmer (seit 2006)
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