- Ryszard Kapuściński
-
Ryszard Kapuściński anhören?/i (* 4. März 1932 in Pińsk, heute Weißrussland; † 23. Januar 2007 in Warschau) war ein polnischer Reporter, Journalist und Autor. Er ist einer der am häufigsten übersetzten Autoren Polens.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Kapuściński wurde am 4. März 1932 im damals ostpolnischen Pińsk geboren. Er wuchs in einer Lehrerfamilie auf. 1940 floh seine Mutter mit ihm vor einer Verschickung nach Sibirien; angeblich konnte sein Vater von einem sowjetischen Kriegsgefangenen-Transport fliehen, der ihn nach Katyn hätte bringen sollen.
1945 zog seine Familie nach Warschau. Dort heiratete er 1952 Alicja Mielczarek und begann im selben Jahr sein Studium der Geschichte an der Universität Warschau. 1955 trat er seine erste Reise nach Asien an und war Reporter bei der Konferenz der blockfreien Staaten auf Java. 1956 beendete er sein Studium mit einem Magister und begann, an der Jugendzeitung „Sztandar Młodych“ (dt. Fahne der Jugend) mitzuarbeiten.
1956 bis 1957 reiste er nach China und berichtete von dort. Bereits ein Jahr später wurde er Mitarbeiter der polnischen Nachrichtenagentur PAP und reiste 1958 in deren Auftrag nach Afrika. Nach seiner Rückkehr arbeitete er in der Redaktion der Zeitschrift „Polityka“. 1962 war er wieder für die PAP in Afrika unterwegs. 1967, direkt im Anschluss an seinen Afrikaaufenthalt, unternahm er Reisen durch die Sowjetunion. 1967 trat er seine Reise nach Südamerika an, wo er sechs Jahre für die PAP als Auslandskorrespondent tätig war. Weiterhin war er Berater der polnischen Zeitschrift „Kontynenty“.
1994 war er Gast des Deutschen Akademischen Austauschdienst e. V. in Berlin.
Er war sechsfacher Ehrendoktor[1]. Insgesamt erhielt er über 40 Preise und Ehrungen. Kapuściński war Mitglied des polnischen Penclubs (Stowarzyszenie Pisarzy Polskich).[2]
Am 23. Januar 2007 starb Kapuściński im Banach-Krankenhaus in Warschau an den Folgen einer Herzoperation.
Heftige Kontroversen hat bereits vor Erscheinen (am 3. März 2010) das Buch Kapuscinski. Non-Fiction seines Biografen Artur Domoslawski ausgelöst, der den Wahrheitsgehalt zahlreicher Reportagen und die Familiengeschichte Kapuścińskis zweifelhaft erscheinen lässt und von Verbindungen zur polnischen Geheimpolizei SB berichtet. Ferner soll Kapuściński entgegen seinen Äußerungen weder Che Guevara gekannt noch den kongolesischen Rebellen Patrice Lumumba getroffen haben. Vielmehr dehnte er die Grenzen der Reportage weit auf das Gebiet der Literatur aus. Auch die Behauptung, dass sein Vater von einem sowjetischen Kriegsgefangenen-Transport, der ihn nach Katyn hätte bringen sollen, fliehen konnte, soll reine Erfindung sein. Domoslawski hat herausgefunden, dass Kapuscinskis Vater niemals in sowjetische Gefangenschaft geraten war.[3]
Auszeichnungen (in Auswahl)
- 1958: Goldener Verdienstorden Polens
- 1959: „Julian Brun“-Preis (Literaturpreis, Polen)
- 1974: Ritterkreuz des Erneuerten Polens
- 1975: Literaturpreis „Boleslaw Prus“
- 1976: Polnischer Staatspreis II. Klasse
- 1976: Preis der Internationalen Journalisten-Organisation
- 1979: Preis des polnischen Journalisten-Verbandes
- 1980: Ehrenpreis des Kulturklubs Kuznica
- 1989: Literaturpreis „Ksawery Pruszynski“
- 1994: Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung
- 1995: französischer Literaturpreis „Prix de l'Astrolab“
- 1999: Polnischer „Journalist des Jahrhunderts“ (Wahl der Zeitschrift „Press“)
- 1999: Hansischer Goethe-Preis der Alfred-Toepfer-Stiftung, Hamburg
- 1999: Samuel-Bogumil-Linde-Preis
- 2000: italienischer Literaturpreis Premio Viareggio
- 2003: italienischer Literaturpreis Premio Grinzane Cavour
- 2003: Prinz-von-Asturien-Preis für Kommunikation und Humanwissenschaften
- 2003: Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch (Sonderpreis für das publizistische Gesamtwerk) [4]
Gastprofessuren
- 1974 Gastprofessur in Bangalore, Indien
- 1979 Gastprofessur in Caracas, Venezuela
- 1988 Gastprofessur in Philadelphia, USA
Literatur
Primär/ eigene Werke
- PL 1962: Busz po polsku
- PL 1963: Czarne gwiazdy
- PL 1968: Kirgiz schodzi z konia
- PL 1969: Gdyby cała Afryka
- PL 1970: Dlaczego zginął Karl von Spreti?
- PL 1975: Chrystus z karabinem na ramieniu
- 1984: König der Könige (PL 1978: Cesarz) 2009: Martin Pollack (Übersetzer): König der Könige: Eine Parabel der Macht Piper, ISBN 978-3492252379
- 1986: Schah-in-Schah (PL 1982: Szachinszach) Neuauflage 2006: Martin Pollack (Übersetzer): Schah-in-schah: Eine Reportage über die Mechanismen der Macht und des Fundamentalismus Eichborn Verlag, Frankfurt am Main, ISBN 978-3821856728
- 1990: Der Fußballkrieg: Berichte aus der dritten Welt (PL 1978: Wojna futbolowa); Eichborn Verlag, Frankfurt am Main, ISBN 3-8218-4071-4
- 1992: Lapidarium (PL 1990: Lapidarium), als Taschenbuch: 1999: Fischer Taschenbuch – Verlag, Frankfurt am Main, ISBN 978-3596128525
- 1993: Imperium (PL 1993: Imperium)
- 1994: Wieder ein Tag Leben Deutsche Erstausgabe, Eichborn Verlag, ASIN B0033REZ8U, als Taschenbuch: 1999: Fischer, Frankfurt ISBN 978-3596128532 (PL 1976: Jeszcze jeden dzień życia)
- 1999: Afrikanisches Fieber (PL 1998: Heban) – Rezension bzw. Martin Pollack (Übersetzer): Afrikanisches Fieber. Erfahrungen aus vierzig Jahren. Die Andere Bibliothek – Erfolgsausgabe, Eichborn Verlag, Frankfurt am Main, ISBN 978-3821844831
- 2000: Die Welt im Notizbuch (PL 1996 und 1997: Lapidarium II und Lapidarium III); Martin Pollack (Übersetzer): Verlag Piper, Auflage: 5, Juli 2008, ISBN 978-3492236454
- 2000: Die Erde ist ein gewalttätiges Paradies (Textkompilation für den deutschen Markt aus bereits deutsch vorliegenden Werken) – Rezension; Verlag Piper, 7. Auflage, 2007: Martin Pollack, Renate Schmidgall, Edith Heller (Übersetzer): Die Erde ist ein gewalttätiges Paradies: Reportagen, Essays, Interviews aus vierzig Jahren ISBN 978-3492236447
- 2000: Aus Afrika (PL 2000: Z Afryki) (Bildband) – Rezension, polnisch
- 2000: Martin Pollack (Übersetzer): Imperium. Sowjetische Streifzüge. Die Andere Bibliothek – Erfolgsausgabe, ISBN 978-3821847078
- PL 2003: Autoportret reportera
- 2007: Martin Pollack (Übersetzer): Meine Reisen mit Herodot: Reportagen aus aller Welt Verlag Piper, ISBN 978-3492247870 (PL 2004: Podróże z Herodotem)
- 2007: Ilija Trojanow (Herausgeber): Die Welt des Ryszard Kapuscinski: Seine besten Geschichten und Reportagen 978-3821858234
- 2007: Martin Pollack (Übersetzer): Notizen eines Weltbürgers, deutsche Erstauflage: Eichborn Verlag, Frankfurt am Main, ISBN 978-3821857565; als Taschenbuch: 2008: Piper, ISBN 978-3492252362 (PL 2000 und 2002: Lapidarium IV und Lapidarium V)
- 2008: Martin Pollack (Übersetzer): Der Andere Suhrkamp Verlag, Deutsche Erstausgabe, ISBN 978-3518125441
- 2010: Ein Paradies für Ethnographen: Polnische Geschichten. Aus dem Polnischen von Martin Pollack und Renate Schmidtgall, mit einem Vorwort von Martin Pollack, 978-3821858371
Sekundärliteratur
Biographisches
PL, 2010: Artur Domosławski: Kapuscinski non-fiction Verlag Swiat Ksiazki, ISBN 978-8324719068
Audio
- 2002: König der Könige. Eine Parabel der Macht Hörspiel, Eichborn Verlag, Frankfurt am Main, ISBN 978-3821851884
- 2007: Hanns Zischler (Vorleser): Kapuscinskis Welt. Stationen eines Weitgereisten Eichborn Verlag, Frankfurt am Main, ISBN 978-3821854489
Weblinks
Commons: Ryszard Kapuściński – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien- Literatur von und über Ryszard Kapuściński im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- kapuscinski.info: Homepage zum Autor, polnisch, mit google-übersetzer
- Kapuściński auf dem Portal Gazeta.pl
- Bilderstrecken Kapuścińskis von Gazeta.pl
- Chronologischer Lebenslauf Kapuścińskis
- Wir handeln selbstmörderisch – taz-Interview vom 5. Juni 2004 mit Kapuściński
- Das organisierte Böse – Ein Jahrhundert der Völkermorde – Artikel von Kapuściński, auf Deutsch am 6. März 2001 in Le Monde diplomatique erschienen
- Zum Tode Ryszard Kapuscinskis: Der beste Reporter der Welt – Nachruf auf Spiegel Online (24. Januar 2007)
- Ryszard Kapuściński auf culturebase.net
Einzelnachweise
- ↑ Schlesische Universität (17. Oktober 1997), Breslauer Universität (2001), Universität Sofia (2002), Jagiellonen-Universität (2004), Danziger (29. Jan. 2004), Universität Barcelona (2005).
- ↑ Preise u. Ehrungen (polnisch)
- ↑ Kapuscinski-Biografie: Weltreporter mit Wahrheitsproblem, von Jan Puhl, Der Spiegel, 28. Februar 2010
- ↑ Renner Institut Laudatio von André Heller PDF 0,9 MB
Kategorien:- Polnischer Journalist
- PZPR-Mitglied
- Autor
- Literatur (20. Jahrhundert)
- Literatur (21. Jahrhundert)
- Literatur (Polnisch)
- Essay
- Reiseliteratur
- Träger des Verdienstordens der Republik Polen (Ausprägung unbekannt)
- Geboren 1932
- Gestorben 2007
- Mann
Wikimedia Foundation.