- Schnelltriebwagen
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Als Schnelltriebwagen oder auch Schnellverkehrs-Triebwagen bezeichnet man Triebwagen, die als Schnellzug eingesetzt werden. Die Entwicklung der solcher Triebwagen begann ab Beginn der 1930er Jahre in Europa und den Vereinigten Staaten und erreichte einen ersten Höhepunkt mit den Triebzügen der Deutschen Reichsbahn (Fliegender Hamburger) , der Chicago, Burlington and Quincy Railroad (Pioneer Zephyr) und der Union Pacific Railroad (M-10000). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Entwicklung zu den heutigen Hochgeschwindigkeitszügen weiter geführt.
Inhaltsverzeichnis
Vorläufer
Erste Schnellfahrversuche erfolgten 1903 durch die Studiengesellschaft für Elektrische Schnellbahnen. Ein Drehstrom-Triebwagen erreichte auf der mit einer dreipoligen Drehstrom-Fahrleitung ausgestatteten Versuchsstrecke Marienfelde–Zossen bei Berlin eine Höchstgeschwindigkeit von rund 210 km/h. Weitere Entwicklungen in diese Richtung wurden nicht fortgesetzt.
Erst nach dem Ersten Weltkrieg begann man sich erneut mit schnellfahrenden Triebwagen zu befassen. Auf Grund der fortgeschrittenen Entwicklung von Verbrennungsmotoren, setzte man einstweilen auf diese Antriebsart.
So war auch der 1930 gebaute Schienenzeppelin als Triebwagen konzipiert. Er stellte bei einer Versuchsfahrt am 31. Mai 1931 auf der Strecke Hamburg–Berlin mit 230 km/h einen Geschwindigkeits-Weltrekord auf.
Deutschland
Deutsche Reichsbahn
Um der zunehmenden Konkurrenz des Straßenverkehrs entgegenzutreten, begann die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (DRG) im November 1930 als Zusammenarbeit zwischen dem DRG-Zentralamt und der Görlitzer Waggonbaufabrik mit der Entwicklung eines neuen Triebzuges. Durch die Fortentwicklung der Dieselmotoren vom langsamlaufenden schweren Aggregat zum leistungsfähigeren, schnelllaufenden Fahrzeugantrieb ergaben sich für den Triebwagenbau neue Möglichkeiten. Der als „Fliegender Hamburger” bekanntgewordene zweiteilige Triebzug DRG 877 erreichte eine Reisegeschwindigkeit von 125 km/h (Höchstgeschwindigkeit im Planeinsatz: 160 km/h); der planmäßige Einsatz begann am 15. Mai 1933 auf der Strecke Berlin–Hamburg.
Der DRG 877 war Prototyp für weitere Schnelltriebwagen, die sogenannten „Fliegenden Züge“:
- die 2-teilige Bauart "Hamburg" DRG 137 149 bis 152 und 137 224 bis 232 (13 Triebwagen), sowie davon abgeleitete Bauarten:
- die 3-teilige Bauart "Leipzig" DRG 137 153 bis 154 und 137 233 bis 234 (4 Triebwagen)
- die 3-teilige Bauart "Köln" DRG 137 273 bis 278 und DRB 137 851 bis 858 (14 Triebwagen)
- die 4-teilige Bauart "Berlin" DRG 137 901 bis 903 (2 Triebwagen)
- die 4-teilige Bauart "München" DRG 137 904 bis 911 (durch die Kriegsereignisse nicht mehr realisiert)
Auch Schnelltriebwagen mit elektrischem Antrieb wurden entwickelt. Drei Fahrzeuge verschiedener Lieferanten wurden zwischen 1935 und 1937 geliefert und erprobt. Sie waren als DRG-Baureihe ET 11 für den Einsatz auf der Strecke München-Berlin vorgesehen und verkehrten ab 1957 zeitweise auf der Strecke Frankfurt/M.–München.
Mit den Serientriebwagen der Bauart Hamburg konnten ab 1935 auch auf den Strecken Berlin - Köln („Fliegender Kölner“) und Berlin - Frankfurt (Main) („Fliegender Frankfurter“) Schnelltriebwagenverbindungen angeboten werden. Hierbei wurden weitere Steigerungen der Reisegeschwindigkeiten und Transportkapazitäten erreicht. Der Bekanntheitswert des „Fliegenden Hamburgers“ führte zur Bezeichnung von ähnlichen Verbindungen in der Presse als „Fliegender Kölner“ oder „Fliegender Frankfurter“. Im weiteren sollte ein Schnellverkehrsnetz aufgebaut werden, das alle deutschen Großstädte mit einem Früh- und einem Abendzug untereinander und mit Berlin verband.
Die Verbindung Berlin - Dresden wurde nicht von den Dieseltriebwagen bedient. Hier kam ab 1936 der der Henschel-Wegmann-Zug zum Einsatz, der entwickelt wurde, um der sich abzeichnenden Vorrangstellung der Schnelltriebwagen zu begegnen.
Mit dem 1938 gebauten, aber nie fahrplanmäßig eingesetzten Einzelstück des Kruckenberg-Schnelltriebwagens SVT DRG 137 155 endete die Entwicklung bei der Reichsbahn, da mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs alle Schnelltriebwagen stillgelegt oder für militärische Zwecke umgerüstet wurden.
Nachkriegszeit
Nach dem Ende des Krieges verblieben die meisten Schnelltriebwagen in den westlichen Besatzungszonen, einzelne fanden sich in Polen und der Tschechoslowakei oder gelangen als Kriegsbeute in die Sowjetunion oder die USA.
Für das 1957 in Betrieb gegangene, die europäischen Metropolen verbindende TEE-Netz beschaffte die Deutsche Bundesbahn 1957 einen neuen Schnelltriebwagen, den VT 11.5 (später 601). Frankreich stellte mit dem RGP 825, Italien mit dem ALn 442-448 und die Schweiz mit dem RAm (auch Niederlande) und dem RAe-TEE weitere Schnelltriebwagen.
Die Deutsche Reichsbahn der DDR beschaffte ab 1964 den Triebzug VT 18.16 (später 175.0) der Bauart Görlitz, der im internationalen Verkehr, unter anderem als „Vindobona“ auf der Strecke Berlin – Prag – Wien, verkehrte.
Sowohl bei der DB als auch bei der DR liefen die Vorkriegs-SVT der ehemaligen DRG teilweise noch bis in die 60er und 70er Jahre hinein, bis sie Stück für Stück ausgemustert, verkauft oder verschrottet und durch moderne Konstruktionen ersetzt wurden.
Hochgeschwindigkeits-Triebzüge
Mit den durch die Japanischen Staatsbahnen 1964 eingeführten Shinkansen begann eine neue Stufe der Entwicklung von schnellfahrenden Triebwagen und Triebzügen. Erstmals wurden Züge entwickelt, die planmäßig über 200 km/h auf speziellen Bahnstrecken erreichten, und die Entwicklung von Hochgeschwindigkeitszügen eingeleitet.
Literatur
- Günther Dietz / Peter Jauch: Deutsche Schnelltriebwagen - vom "Fliegenden Hamburger" zum ET 403 der DB. EK-Verlag, Freiburg, 2003, ISBN 3-88255-224-7
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