Schweres Akutes Atemwegssyndrom

Schweres Akutes Atemwegssyndrom
Klassifikation nach ICD-10
U04.9 SARS
J17.1* Pneumonie bei anderenorts klassifizierten Viruskrankheiten
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Das Schwere Akute Respiratorische Syndrom (Severe Acute Respiratory Syndrome, SARS) ist eine Infektionskrankheit, die erstmals im November 2002 in der chinesischen Provinz Guangdong beobachtet wurde.[1] Laut dem Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg entspricht das klinische Bild einer atypischen Lungenentzündung (Pneumonie). Der Erreger von SARS war ein bis dahin unbekanntes Coronavirus, das man mittlerweile als SARS-assoziiertes Coronavirus (SARS-CoV) bezeichnet. Der einzige größere Ausbruch der Krankheit war bisher die SARS-Pandemie 2002/2003 mit knapp 1.000 Todesopfern.

Inhaltsverzeichnis

Erreger

Darstellung des SARS-assoziierten Coronavirus ohne Maßstab

Bakterielle Erreger wie Chlamydien, Mykoplasmen oder Legionellen, welche normalerweise die atypische Lungenentzündung verursachen, wurden bei dieser neuen Form nicht gefunden. Da die Erkrankten auf eine Behandlung mit Antibiotika nicht ansprechen, lag die Vermutung nahe, dass der Erreger ein Virus ist.

Zunächst wurden Paramyxoviren als Ursache von SARS vermutet. Um den 26. März 2003 erhärtete sich jedoch der Verdacht, dass der Erreger zur Familie Coronaviridae gehört. Er wurde gleichzeitig an der Universität Hongkong, an den Centers for Disease Control and Prevention in Atlanta und am Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg als neues Coronavirus identifiziert. Anhand der Gensequenzen wird vermutet, dass ein bekanntes Coronavirus entweder mutiert ist oder dass eine Virusart, die bisher nur Tiere befallen hat, auf den Menschen „übergesprungen“ ist. Weitere Untersuchungen konzentrierten sich daher auf das neu entdeckte Coronavirus und als weitere Faktoren auf Chlamydien und Paramyxoviren. Bisher sei nichts gefunden worden, „was gegen die ursächliche Rolle des Coronavirus spricht“, heißt es aus Fachkreisen. Am 12. April 2003 gab Marco Marra, Direktor des Michael Smith Genome Sciences Centre der British Columbia Cancer Agency, bekannt, es sei ihm gemeinsam mit anderen kanadischen Forschern gelungen, die RNA-Sequenz des Virus zu entschlüsseln. Vier Tage darauf veröffentlichte die WHO eine Pressemitteilung mit der Erklärung, das von mehreren Laboratorien identifizierte Coronavirus sei der offizielle Auslöser von SARS. Es erhielt die Bezeichnung SARS-assoziiertes Coronavirus (SARS-CoV).

Einige Experten glauben, das Virus hinter der asiatischen Lungenkrankheit könnte von seltenen wilden Tieren als Hauptwirt (Reservoirwirt) (z. B. den Larvenrollern aus der Familie der Schleichkatzen) stammen, die in Südchina gerne als Delikatesse verzehrt werden. Letzteres wird durch Berichte in der chinesischen Tageszeitung «Lianhe Wanbao» unterstützt, wonach die Krankheit vom Koch eines Spezialitätenrestaurants für wilde Tiere in Shenzhen in Südchina ausgegangen sein könnte. Auch Virologen eines WHO-Teams halten diese Theorie für plausibel. Für die mechanische Übertragung der Viren sind Kakerlaken als Vektor, Transportwirt festgestellt worden.

Im September 2005 ergab eine Studie an verschiedenen wildlebenden Tieren im Hongkonger Großraum, dass das SARS-Coronavirus auch von Fledermäusen übertragen wird. Bei den Tieren handelt es sich um Hufeisennasen (Rhinopholus sinicus). In vierzig Prozent der Abstriche wurden Coronaviren gefunden, die genetisch große Ähnlichkeit mit den beim Menschen und bei Larvenrollern identifizierten SARS-Erreger besitzen. Die Fledermäuse zeigten keine Krankheitsanzeichen. Es ist noch nicht klar, ob Fledermäuse oder Schleichkatzen der ursprüngliche Reservoirwirt des Virus sind. Die chinesischen Fledermäuse könnten auch ein direkter Übertragungsvektor auf den Menschen sein, da sie ebenso wie Schleichkatzen als Delikatesse gelten und ihr Kot in der traditionellen chinesischen Medizin verwendet wird.

Übertragung

Die ursprüngliche Annahme, dass das Virus an der Luft nicht sehr resistent sei, musste ebenfalls revidiert werden. Es überlebt nach neueren Erkenntnissen bis zu 24 Stunden außerhalb des menschlichen Körpers. Eine Übertragung über Klimaanlagen hält man dennoch für nicht sehr wahrscheinlich.

Die Erregerübertragung erfolgt wohl überwiegend direkt durch Tröpfcheninfektion nur aus kurzer Distanz (< 1 m) und damit bei engem Kontakt mit hustenden und niesenden Infizierten. Der indirekte Weg über Kontaktinfektion bzw. Schmierinfektion mit den Viren der auf Gegenständen oder Körperoberflächen niedergegangenen infektiösen Expirationströpfchen, wenn sie anschließend über die Schleimhäute z. B. in Mund, Nase oder Augen in den Körper gelangen, ist bislang nicht eindeutig nachgewiesen, kann aber andererseits nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden [2]. Eine Übertragung über Körperausscheidungen (fäko-oralen Weg) kann ebenfalls nicht ausgeschlossen werden. Weiterhin ist laut WHO eine Erregerübertragung durch infizierte Tiere (z. B. Kakerlaken) möglich.

Das Röntgenbild des Brustkorbes eines SARS-Patienten zeigt erhöhte Opazität in den Lungenflügeln, was auf eine Lungenentzündung hindeutet.

Symptome

Die Inkubationszeit beträgt zwei bis sieben Tage. Symptome sind laut der Weltgesundheitsorganisation:

Ersten Laboruntersuchungen zufolge ist es möglich, dass auch die Abnahme der Zahl der Blutplättchen (Thrombozytopenie) und der weißen Blutkörperchen (Leukozytopenie) eine Folge der Krankheit ist.

Therapie

Spezielle Behandlungsmaßnahmen gibt es bisher keine. Ärzte verabreichten damals zunächst als Virustatikum das Nukleosid-Analogon Ribavirin, das auch bei Hepatitis C eingesetzt wird, sowie Cortison. Danach erhielten die Betroffenen meist eine Mischung aus verschiedenen Antibiotika, um die begleitende Entzündung der Atemwege durch Bakterien abheilen zu lassen, denn die zusätzliche bakterielle Infektion macht die Lungenentzündung erst so gefährlich. Die RNA-Sequenz des mutmaßlichen SARS-Erregers ist zwar später in Kanada entschlüsselt worden, jedoch ist die Entwicklung eines wirksamen Medikaments noch nicht in Sicht. Mit Hilfe der Gen-Daten könnten zwar neue Diagnoseverfahren entwickelt werden, aber es wird noch eine unbestimmte Zeit brauchen, bis Arzneimittel oder Impfstoffe zur Verfügung stehen.

Impfstoffentwicklung

Das US-amerikanische Forscherteam um Hilary Koprowski veränderte Anfang 2005 Tomaten- und Tabakpflanzen genetisch so, dass die Pflanzen einen Teil des so genannten Spike-Proteins des SARS-Virus produzieren. Dieses so erhaltene Protein, das sich normalerweise in der Außenhülle des Virus befindet und dem Erreger hilft, in die menschlichen Zellen einzudringen, wurde nun als ein Impfstoff gegen das Virus bei Mäusen erfolgreich getestet. Weitere Studien hinsichtlich der besseren Verabreichung des Impfstoffes sind jedoch noch notwendig [3]. Da SARS spurlos verschwunden ist (letzter Fall war Dez. 2003), dürfte sich eine Impfung erübrigt haben.

Warnungen

Sorgen bereiten die Aussagen des Hongkonger Mikrobiologen Yuen Kwok Yung. Der Forscher hält es für möglich, dass das SARS-Virus zu einer Biowaffe entwickelt werden kann. Auf einer Konferenz von 2.000 Wissenschaftlern zur Bekämpfung der Seuche in der taiwanischen Hauptstadt Taipeh sagte Yuen am 21. April 2003: „Das Virus aus der Familie der Corona-Viren schädigt nicht nur die Atemwege, sondern auch Rückgrat, Milz und Nervensystem.“ Weil es ständig mutiere und gefährlicher werde, ähnele es den Milzbrandsporen.

Literatur

  • I. Stock: Coronaviren: Erreger von SARS und anderen Infektionen. Medizinische Monatsschrift für Pharmazeuten 27/1), S. 4–12 (2004), ISSN 0342-9601
  • S. Hecker: SARS und Vogelgrippe – Die Wissenslücken. Österreichische Ärztezeitung 4/2004, S. 30–31 (2004), ISSN 0029-8786
  • R. Gottschalk: Neue und hochinfektiöse Krankheitserreger – Seuchenschutz durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst am Beispiel SARS. Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen, Düsseldorf, 2005, ISBN 3-9807313-5-9
  • Michael Schillmeier / Wiebke Pohler: Kosmo-politische Ereignisse. Zur sozialen Topologie von SARS. In: Soziale Welt, 2006, H. 4, S. 331-349

Einzelnachweise

  1. Barbara Bertisch: Kleine Influenza-Historie (2009)
  2. Maren Oldörp: SARS Übertragung, Diagnostik und Therapie
  3. Severe acute respiratory syndrome (SARS) S protein production in plants: Development of recombinant vaccine - Pogrebnyak et al. 102 (25): 9062 - Proceedings of the National Academy of Sciences

Weblinks

 Commons: SARS – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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