Schwirrgerät

Schwirrgerät
Abbildungen von Bullroarern aus Afrika

Das Schwirrgerät, auch Schwirrholz, englisch Bullroarer, ist eines der ältesten Musikinstrumente bzw. Übertragungsinstrumente für Töne. Es gehört zu den Wirbelaerophonen.

Inhaltsverzeichnis

Tonerzeugung

Vororó mit Schwirrholz, nach Weule 1910

Das Schwirrgerät ist ein flaches, meist ovales Stück Holz oder Knochen von 15 bis 50 cm Länge mit abgerundeten Kanten, das an einer etwa 1 bis 2,5 Meter langen Schnur im Kreis geschwungen wird. Dabei wird das Holz um sich selbst in Drehung versetzt und die Schnur verdrillt. So entstehen Wirbel und die Druckvariation der Wirbel erzeugt einen tiefen, auf- und abschwellenden Ton, der bei Steigerung der Geschwindigkeit in ein Brummen oder Sirren übergeht. Sowohl durch die Wirbel als auch Oszillation des Holzes entstehen die Töne.[1] Sein Klang ähnelt keinem anderen Musikinstrument und hängt von der Form des Gerätes und der Drehgeschwindigkeit ab. Durch den auch bei Wind weithin hörbaren Klang kann über große Strecken hinweg mit diesem Instrument kommuniziert werden. Die typische Frequenz der Schwirrhölzer liegt um 80 Hz.[2]

Verwendung

Das Schwirrgerät wurde bereits im Jungpaläolithikum verwendet, wobei es in Mitteleuropa Funde in Jerichow[3] in Sachsen-Anhalt, in Stellmoor aus der Ahrensburger Kultur [4] in Schleswig-Holstein und in der Grotte de la Roche, Lalinde[5] im Département Dordogne aus dem Magdalenien in Frankreich gibt.

Das Schwirrgerät kam in den unterschiedlichsten Kulturen von Afrika (Südafrika) über Asien bis Australien zum Einsatz. Heute ist es bei den Aborigines Australiens und einigen Indianervölkern Nordamerikas in Gebrauch, die sie Bullroarer nennen.

Die Aborigines setzen ihre oft reich bemalten und mit Schnitzereien versehenen, Bora-Bora genannten Schwirrgeräte auch zur rituellen Kommunikation mit ihren Ahnen ein und um ihre Zeremonien zu initiieren. Als eine der bekanntesten politischen australischen Rockbands, die Midnight Oil, in ihrem Song «Diesel and Dust» Töne des Schwirrgeräts einspielten, wurden sie von den Aborigines dafür heftig kritisiert, da diese Töne zu geheiligten Ritualen gehören und diese nicht in Liedern abgespielt werden dürfen.[6]

Das Schwirrgerät kommt in der Traumzeitgeschichte der Aborigines Byamee and the Bullroarer vor. Der Byamee ist ein Traumzeitwesen, der dem Schwirrgerät seine, nur ihm eigenen Töne verleiht.[7]

Ein Anwendungsbeispiel wird im Film Crocodile Dundee II (1988) dargestellt. Hier wird das Schwirrgerät vom Protagonisten als Kommunikationsmittel benutzt.

Gow will die griechische Iynx (ιυγξ) bzw. den römischen Rhombus als Schwirrgerät identifizieren.[8] Es kann sich dabei aber auch um ein magisches Instrument handeln, das zwischen zwei Schnüren an Ort und Stelle rotiert wird bzw. als Symbol von Eros dient,[9] wie auch auf griechischen Vasen abgebildet.[10] Höpfner identifiziert es dagegen als Kreisel.[11]

Literatur

  • Emil Hoffmann: Lexikon der Steinzeit. C. H. Beck Verlag, München 1999, ISBN 978-3406421259.
  • Otto Zerries: Das Schwirrholz. Untersuchung über die Verbreitung und Bedeutung der Schwirren im Kult. Strecker und Schröder Verlag, Stuttgart 1942.

Einzelnachweise

  1. Jearl Walker: Der fliegende Zirkus der Physik. Fragen und Antworten. 9. Auflage. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2008, ISBN 978-3-486-58067-9, S. 184. Online auf Google Books. Abgerufen am 7. Juni 2010
  2. Neville H. Fletcher: Australian Aboriginal Musical Instruments: The Didjeridu, The Bullroarer And The Gumleaf Research School of Physical Sciences Australian National University, Canberra und School of Physics, University of New South Wales, Sydney. abgerufen am 7. Juni 2010
  3. Abbildung und Erläuterung eines Schwirrgeräts aus der späten Altsteinzeit (14.000-10.000 v. Chr.) im Kreismuseum Jerichower Land in Sachsen-Anhalt. Abgerufen am 7. Juni 2010
  4. Nachbildung des Schwirrgeräts aus der Ahrensburger Kultur, das aus einem Rentierschienbein besteht. Abgerufen am 7. Juni 2010
  5. Abbildung des Schwirrgeräts aus der Grotte de la Roche in Frankreich. Abgerufen am 7. Juni 2010
  6. Laetitia Vellutini: Finding a Voice on Indigenous Issues: Midnight Oil's Inappropriate Appropriations auf dem Australian Public Intellectual Network. Abgerufen am 7. Juni 2010
  7. R. Lewis: The Beginner's Guide to Australian Aboriginal Art. The symbols, their meanings and some Dreamtime stories. 3. Auflage. Fountainhead Press, Canning Vale DC 2004.
  8. A. S. F. Gow: ΙΥΓΞ, ΡΟΜΒΟΣ, Rhombus, Turbo. In: Journal of Hellenic Studies. Band 54/1, 1934, S. 1-13
  9. Grace W. Nelson: A Greek Votive Iynx-Wheel in Boston. In: American Journal of Archaeology. Band 44/4, 1940, S. 443-456
  10. Z. B. auf einer Vase im Berliner Museum, In. Nr. Berlin 1968.12
  11. Theodor Höpfner: Griechisch-ägyptischer Offenbarungszauber. Mit einer eingehenden Darstellung des griechisch-synkretischen Dämonenglaubens und der Voraussetzungen und Mittel des Zaubers überhaupt und der magischen Divination insbesondere. Wessels Studien zur Paläographie und Papyruskunde 21. Leipzig, H. Hässel-Verlag 1921, § 604

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