Seifenblase

Seifenblase
Seifenbläser, Öl auf Leinwand von Jean Siméon Chardin
The Soap Bubbles (,die Seifenblasen‘), Öl auf Leinwand von Charles Joshua Chaplin

Eine Seifenblase ist ein dünner Film Seifenwasser, der eine hohle Kugel mit schillernder Oberfläche formt. Sie bleibt gewöhnlich nur für wenige Momente stabil und reagiert empfindlich auf die Berührung mit festen Objekten.

Wegen dieser leichten Vergänglichkeit wurde ,Seifenblase‘ zu einer Metapher für etwas, das zwar anziehend, aber dennoch inhalts- und gehaltlos ist. Dies spiegelt sich zum Beispiel in der Redewendung „Der Traum zerplatzte wie eine Seifenblase“ oder im Synonym ,Seifenblasenwirtschaft‘ für bubble economy. In der Kunst wird spätestens seit dem Barock die Seifenblase durchgängig ikonographisch als ein Vanitassymbol benutzt und spiegelt sowohl die Schönheit als auch die Flüchtigkeit des menschlichen Lebens wider.

Seifenblasen lösen auf physikalische Weise komplexe räumliche Probleme in der Mathematik, da sie jederzeit die kleinste Oberfläche zwischen Punkten und Kanten bilden.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau

Seifenblasen bestehen aus einem dünnen (dipolaren) Wasserfilm, an dem sich innen und außen Seifenmoleküle anlagern mit einer dem Wasser zugewandten polaren, hydrophilen Carboxylat-Gruppe und einem dem Wasser abgewandten unpolaren, hydrophoben Alkylrest. Der Aufbau ähnelt dem von Biomembranen, jedoch befindet sich bei Seifenblasen das Wasser innerhalb der Membran, nicht außerhalb.

Weshalb Seifenblasen platzen

Eine Seifenblase entsteht, wenn sich ein dünner Wasserfilm mit Seifenmolekülen vermischt. Beim Aufblasen entsteht eine Kugelform. Infolge des gravitationsbedingten Auslaufens (Drainage) der zwischen den Seifenfilmoberflächen befindlichen Flüssigkeit dünnt eine Seifenblase in ihrem oberen Teil zunehmend aus. Man kann das beobachten, wenn man eine Seifenlamelle in eine Tassenöffnung zieht und dann senkrecht hält. Zudem erfolgt im Laufe des Auslaufprozesses eine Anreicherung von Seifenfilm-stabilisierenden Tensidmolekülen im unteren Bereich der Seifenblase, sodass deren obere Region infolge des relativen Mangels von an die Oberfläche adsorbierten Tensidmolekülen zusätzlich destabilisiert wird. Tatsächlich platzen die meisten Seifenblasen im oberen Teil. Das Verdunsten kann man behindern, indem man die Seifenblase in ein Einmachglas „sperrt“. Dadurch verlängert sich die Lebensdauer der Blase erheblich.

Die Schichtdicke der Seifenblase lässt sich auch beobachten: Spiegelt die Oberfläche in bunten Interferenzfarben, ist die Schichtdicke vergleichbar mit der Wellenlänge des Lichts. Bei abnehmender Schichtdicke wird die Seifenhaut zunächst farblos und zum Schluss dunkel.

Physikalische Grundlagen

Anordnung von Seifenblasen im Schaum. (Schaum auf der Oberfläche eines Scanners.)

Oberflächenspannung

Die Erzeugung von Seifenblasen ist möglich, da die Oberfläche einer Flüssigkeit – in diesem Falle des Wassers – eine Oberflächenspannung besitzt, die zu einem elastischen Verhalten der Oberfläche führt. Häufig wird angenommen, dass die Seife nötig ist, um die Oberflächenspannung des Wassers zu vergrößern. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Die Oberflächenspannung des Seifenwassers ist nur etwa ein Drittel so groß wie die des Wassers. Seifenblasen mit reinem Wasser zu machen ist so schwierig, weil die Oberflächenspannung zu hoch ist, wodurch die Blase sofort zerplatzt. Zusätzlich verlangsamt die Seife die Verdunstung, so dass die Blasen länger halten. Der Gasdruck in einer Seifenblase ist höher als der Druck außerhalb, siehe dazu unter Young-Laplace-Gleichung.

Kugelform

Die Oberflächenspannung ist ebenfalls der Grund für die kugelförmige Gestalt der Seifenblasen. Durch Minimierung der Oberfläche zwingt sie die Blase in diese Form, da von allen möglichen Formen zu einem gegebenen Volumen die Kugel die kleinste Oberfläche aufweist. Ohne äußere Kräfte (insbesondere Schwerkraft in Kombination mit Luftreibung) würden alle Blasen ideale Kugelform besitzen.[1] Aufgrund ihres geringen Eigengewichts kommen Seifenblasen diesem Ideal in der Realität sehr nahe.

Mehrere verbundene Seifenblasen

Wenn zwei Seifenblasen aufeinander treffen, wirken dieselben Prinzipien weiterhin, und die Blasen nehmen die Form mit der kleinsten Oberfläche an. Ihre gemeinsame Wand wölbt sich in die größere Blase hinein, da eine kleinere Seifenblase einen höheren Innendruck besitzt. Wenn beide Seifenblasen gleich groß sind, entsteht keine Wölbung, und die Trennwand ist flach.

Plateaus Regeln besagen, dass beim Zusammentreffen mehrerer Seifenblasen alle Winkel gleich groß sind. In einem Schaum mit vielen Blasen treffen immer jeweils drei Flächen in einem Winkel von 120° zusammen. Hierbei ist die Oberfläche gleichfalls minimal. Durch die gleiche Oberflächenspannung entsteht ein Kräftegleichgewicht. Jeweils vier Kanten treffen sich unter einem Winkel von etwa 109° 28' 16" in einem Knoten, auch als Vertex bezeichnet. Diese Regeln wurden im neunzehnten Jahrhundert aufgrund von experimentellen Untersuchungen vom belgischen Physiker Joseph Plateau aufgestellt.

Reflexion und Interferenz

Reflexion des Fotografen und der Umgebung
Reflexion
Destruktive (auslöschende) Interferenz
Konstruktive (verstärkende) Interferenz

Die schillernden Farben entstehen durch Interferenz von Lichtwellen an der dünnen Seifenhaut. Die Interferenz führt innerhalb eines bestimmten Betrachtungswinkel zur Auslöschung eines Teils des Farbspektrums. Der verbleibende Teil wird farbig wahrgenommen, da nur das komplette Farbspektrum weißes Licht ergibt.

Da die Wand einer Seifenblase eine gewisse Dicke hat, wird einfallendes Licht zweimal reflektiert – einmal an jeder Seite der Wand (siehe rechts). Die leicht unterschiedlichen Weglängen der beiden Lichtstrahlen (und besondere Effekte an der äußeren Wand, s.u.) führen zu einem Gangunterschied zwischen ihnen. Wenn der Gangunterschied genau die Hälfte einer Wellenlänge beträgt, fallen die Wellentäler des einen Strahls mit den Wellenbergen des anderen zusammen (s. zweites Bild). In der Summe ergibt sich Null, also eine Auslöschung der entsprechenden Farbe. Dies nennt man destruktive Interferenz, im Gegensatz zur konstruktiven Interferenz, bei der sich die beiden Strahlen durch einen anderen Gangunterschied positiv überlagern (drittes Bild).

Die tatsächliche Farbe der Seifenblase (d.h. die Wellenlänge des ausgelöschten Lichtes, beziehungsweise die Länge des Gangunterschiedes), ist abhängig von der Dicke der Seifenhaut und des Beleuchtungswinkels der Oberfläche. Die Abhängigkeit von der Schichtdicke kann beobachtet werden, wenn die Seifenblase durch Verdunstung ausdünnt. Mit abnehmender Dicke werden jeweils andere Farben ausgelöscht. Letztlich, wenn die Dicke der Wand kleiner ist als die Hälfte der kleinsten Wellenlänge sichtbaren Lichts, löschen sich keine sichtbaren Lichtwellen gegenseitig aus und es können keine Komplementärfarben mehr beobachtet werden. In diesem Zustand ist die Seifenblasenwand dünner als zwei Zehntausendstel eines Millimeters. Bei noch kleinerer Schichtdicke kann man aufgrund anderer Effekte (s. u.) dunkle Flecken beobachten − sie wird wahrscheinlich im nächsten Moment zerplatzen.

Die Voraussetzung für Interferenzerscheinungen, die Kohärenz der Wellenzüge, ist wegen der Dünne der Schicht erfüllt. Zusätzlich zur unterschiedlichen geometrischen Weglänge trägt hier noch ein anderer Effekt zum Gangunterschied bei: Die direkt an der Grenzfläche Luft-Seifenhaut (Punkt X im zweiten Bild) reflektierte Welle erfährt einen Phasensprung um π bzw. \tfrac \lambda2 während die Phase der transmittierten Welle auch nach der Reflexion an der Grenzfläche Seifenhaut-Luft (Punkt O im Schaubild) unverändert ist. Hier findet kein Phasensprung statt. Der gesamte Gangunterschied setzt sich aus den unterschiedlichen Weglängen und dem Phasensprung bei der Reflexion an der äußeren Grenzfläche zusammen. Dies erklärt auch die Verdunkelung der Blase im unmittelbaren Moment vor dem Zerplatzen, wenn die Dicke der Seifenhaut auf einen sehr kleinen Wert gesunken ist: Dies liegt darin begründet, dass die transmittierte Welle, die zuvor den längeren Weg durch die Seifenhaut nahm, nun praktisch keine längere Distanz zurücklegt als die direkte reflektierte Welle und sich deshalb ihre Phase relativ zu dieser nicht ändert. Die reflektierte Welle hat allerdings den oben erwähnten Phasensprung erfahren was zur destruktiven Interferenz (Auslöschung) aller Wellen führt.

Hätte eine Seifenblase überall die gleiche Wandstärke, so würde der Gangunterschied nur durch den Beleuchtungswinkel definiert, und sie würde einen gleichmäßigen Farbverlauf zeigen. Da der Flüssigkeitsfilm in einer Seifenblase, die sich durch eine Luftströmung bewegt, jedoch durch Luftreibung verwirbelt wird, ist die Wandstärke nicht homogen. Unter günstigen Bedingungen kann man diese Verwirbelungen mit bloßen Auge sehen. Schwebt die Seifenblase aber relativ ruhig, treten nur wenige Verwirbelungen auf: Man kann einzelne relativ gleichmäßige Farbbänder beobachten. Die meistens vorhandenen Dickeschwankungen aufgrund der Gravitationskraft sind relativ gleichförmig und stören den gleichmäßigen Farbverlauf nicht prinzipiell.

In einem ebenen Seifenfilm sind diese Farben einfacher sichtbar zu machen. Solch ein ebener Film kann z.B. in einem rechteckigen oder kreisrunden Rahmen aus dünnen Polymer-Fasern oder dünnem Draht geformt werden. Optimale Bedingungen für die Sichtbarkeit der Interferenzfarben sind hier eine indirekte Beleuchtung (z. B. ein Blatt weißes Papier, das von einer Halogenlampe angestrahlt wird) mit 45 Grad Einfallswinkel und Beobachtung in Reflexion bei 45 Grad Ausfallswinkel. Der Hintergrund hinter dem Seifenfilm sollte dunkel sein. An den Rändern bildet der Film einen Meniskus entweder mit dem Rahmen oder mit einem Flüssigkeits-Reservoir am unteren Ende des Films. In letzterem Fall ist eine Kombination aus Gravitation und Kapillarkraft die treibende Kraft, die eine inhomogene Filmdicke bewirkt. Verwirbelungen und ästhetische bewegte Muster im Bereich des Meniskus und an den Rändern mit dem Rahmen kommen durch hydrodynamische Instabilitäten zustande, bei denen höchstwahrscheinlich der Marangoni-Effekt eine wichtige Rolle spielt.

Spiegelbild einer Lampe in einer Seifenhaut

Chemisch gefärbte Seifenblasen

Tim Kehoe entwickelte 2005 in den USA die Seifenblasen "Zubbles". Die Ausgangslösung - in verschiedenen Farbvarianten - färbt so stark wie Tinte und ergibt kräftig einfärbige, auch schwarze teil-opake Seifenblasen. Erzeugte Farbflecken in Textilien vergehen durch Luft, Wärme und Reibung. [1]

Verwendung

Seifenblasen, gepustet aus einem Blasring

Shows

Seifenblasenshows verbinden Unterhaltung mit künstlerischer Leistung. Hohe Kunstfertigkeit ist dafür ebenso vonnöten wie perfekte Seifenblasenlösungen.

Beispiele üblicher Darbietungen:

  • riesige Seifenblasen, die oftmals Gegenstände oder Menschen umfassen,
  • Handhaben der Seifenblasen mit bloßen Händen,
  • eckige Seifenblasen in der Form von Würfeln, Tetraedern, usw.,
  • Verbinden von mehreren Blasen zu komplexeren Strukturen oder Skulpturen
  • Optisch ansprechende Effekte, zum Beispiel rauchgefüllte Blasen oder Verwendung von Laserlicht,
  • mit Helium gefüllte Seifenblasen, die aufwärts schweben,
  • Verbindung von Seifenblasen und Feuer

Seifenblasen in der Mathematik

Ein Seifenfilm formt eine natürliche Minimalfläche. Minimalflächen stehen schon seit dem 19. Jahrhundert im Blickpunkt mathematischer Forschung. Ein wesentlicher Beitrag dazu waren die Experimente des belgischen Physikers Joseph Plateau (vgl. Plateau-Problem).

Ein Beispiel: Schon 1884 wurde von Herrmann Amandus Schwarz bewiesen, dass eine kugelförmige Seifenblase die kleinstmögliche Oberfläche eines bestimmten Luftvolumens besitzt. Jedoch erst in den letzten Jahrzehnten wurde mit Hilfe der geometrischen Maßtheorie eine angemessene Sprache für solche Probleme gefunden. Im Jahr 2000 gelang es Michael Hutchings, Frank Morgan, Manuel Ritoré und Antonio Ros zu beweisen, dass zwei verbundene Seifenblasen (eine sog. Doppelblase) zwei verschieden große Luftvolumina mit der kleinstmöglichen Oberfläche umschließen (auch Doppelblasen-Theorem, engl. Double Bubble Theorem genannt).[2]

Seifenblasen in der Architektur

Dachkonstruktion über dem Olympiagelände (München)

Lange Zeit waren Seifenblasen das einzige Mittel zur zuverlässigen Bestimmung der optimalen Neigung von nicht-trivialen Dachkonstruktionen auf Basis von Seilsystemen und Tragbögen. Dazu wurde die Konstruktion als Rahmen aus Draht geformt und dann in Seifenwasser getaucht. Beim vorsichtigen Herausziehen ergaben sich Kurvenverläufe, die als das experimentell gefundene Optimum der Form zu gelten hatten. Durch Fotografie und andere Methoden wurde das Ergebnis fixiert und auf die zugehörigen Konstruktionszeichnungen übertragen. Die jeweilige Statik für die vorgegebene Form ließ sich dann mit anderen Methoden bestimmen. Ein herausragendes Beispiel dieser Methodik ist das Olympiagelände München.[3]

Literatur

  • C. V. Boys: Soap-Bubbles. Their colors and the forces which mold them. Dover Publications, New York 1990, ISBN 0-486-20542-8
  • Hannelore Dittmar-Ilgen: Warum platzen Seifenblasen. Physik für Neugierige. Hirzel-Verlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-7776-1149-2
  • Cyriel Isenberg: The Science of Soap Films and Soap Bubbles. Tieto Books, Clevedon North Somerset 1978, ISBN 0-905028-02-3
  • J. Vogel: Gerthsen Physik. Springer Lehrbuch. Springer Verlag, Heidelberg
  • C. V. Boys: Seifenblasen und die Kräfte, die sie formen, Natur und Wissen, Band W 13, Desch, München 1961

Einzelnachweis

  1. Sam Watons: Researchers test bubble theory in zero gravity, Online auf timesnews.net
  2. Michael Hutchings; Frank Morgan; Manuel Ritoré; Antonio Ros: Proof of the double bubble conjecture. In: Announc. Amer. Math. Soc., 2000, 6 S. 45-49, pdf.
  3. http://www.swr.de/kulturdoku/archiv/2005/06/02/beitrag1.html

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Seifenblase – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Seifenblase – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
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