Selinunte

Selinunte
Restaurierter Tempel E in Selinunt

Selinunt (Σελινοΰς, ital. Selinunte) ist eine archäologische Fundstätte in der süditalienischen Provinz Trapani auf Sizilien. Die Fundstätte befindet sich auf dem Gebiet der Stadt Castelvetrano ca. 2 km vom Mittelmeer entfernt.

Die ausgedehnte Fundstätte besteht aus den Überresten der alten griechischen Stadt Selinus, die in der Antike zu den wichtigsten Poleis Siziliens zählte. Davon zeugen u. a. die zahlreichen Tempel, die zu den bedeutendsten griechischen Tempeln Siziliens zählen. In den vergangenen Jahrzehnten wurden große Teile der antiken Stadt ergraben.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Selinunt wurde 628 v. Chr. (oder 651 v. Chr.) von Dorern aus dem sizilischen Megara Hyblaea gegründet und hat danach nur rund 400 Jahre existiert. Die Stadt war die westlichste griechische Kolonie (bzw. Apoikie) an der Südküste der Insel; sie war berühmt für ihre fruchtbaren Böden, auf denen ein besonders guter Weizen wuchs, und erlangte rasch großen Reichtum, der sich insbesondere in den zahlreichen großen Tempelbauten manifestierte.

Die Stadt war längere Zeit ein karthagischer Verbündeter, in erster Linie, um sich Unterstützung gegen Segesta zu sichern. Selinunt war die einzige griechische Stadt, die 480 v. Chr. auf Seiten Karthagos kämpfte. Danach scheint das Bündnis aber gelöst worden zu sein. Die Konflikte zwischen dem griechischen Selinunt und der einheimischen Siedlung Segesta eskalierten in der Folgezeit und führten schließlich zu einem Eingreifen der Großmächte Athen und Sparta. Da Selinunt sich nach dem Scheitern der Sizilienexpedition Athens (413 v. Chr.) die Verwüstung Segestas "leistete", wurde die Stadt – wie Diodorus Siculus berichtet – von Karthago 409 v. Chr. nach einem Krieg mit 16.000 Toten und 5000 Gefangenen zerstört. Von Griechen und Puniern wurde der Ort wieder aufgebaut; er geriet im späten vierten Jahrhundert endgültig unter karthagische Kontrolle und wurde wohl fast ausschließlich von Puniern bewohnt, bis Selinunt im Ersten Punischen Krieg 250 v. Chr. geräumt und anschließend endgültig zerstört wurde. Heute vermuten einige Vulkanologen und Historiker allerdings, dass die Stadt - ebenso wie anderen antike Städte an der sizilianischen Südwestküste - aufgrund eines Erdbebens in Verbindung mit eine gewaltigen Welle - zerstört wurde.

Archäologie und Stadtplanung

Akropolis

Die Stadt wurde von den Griechen ungewöhnlich regelmäßig angelegt: Genormte Breiten der Straßen von 9, 6,5 und 3,5 m. Jeder Hausblock war genau 100 Fuß breit. Die Rinnsteine waren im rechten Winkel verlegt und die bislang erste Wendeltreppe der Geschichte wurde in einem der Häuser gefunden.

Sämtliche Gebäude und Tempel Selinunts sind bereits vor Jahrhunderten aufgrund von Erdbeben eingestürzt. Einer von ihnen wurde 1956 wieder aufgebaut, die Rekonstruktion ist allerdings sehr umstritten. Seit Jahren führt das DAI umfangreiche Ausgrabungen auf dem Gelände der antiken Stadt durch.

Metopen des Tempels C

Die Tempel Selinunts zeichnen sich durch einen gestreckten Grundriss, einen geschlossenen hinteren Cellaraum (Adyton), die Betonung der Front durch Verdoppelung der Säulenreihen, Weiterung der Abstände und eine vorgelegte Freitreppe aus, und zeigen eine Tendenz zu räumlicher Weite. Dieses fällt aber nicht unter den Begriff Hypäthraltempel.

Akropolis

Die Akropolis weist vier Tempel auf, dazu gut erhaltene Terrassierungen und Befestigungen aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. Einer der Tempel ist der Tempel „C“ (6 mal 17 Säulen) aus der Mitte des 6. Jahrhunderts, der auch teilweise restauriert wurde, ein weiterer der jüngere Tempel „B“. Hier finden sich auch die Überreste punischer Wohnhäuser, die auf Fundamenten griechischer Bebauung errichtet wurden.

Osthügel

Tempel E
Tempel E

Auf dem Osthügel, einem Hügel im Osten der Akropolis, der seinerzeit der am dichtesten besiedelte Teil der Stadt war, befinden sich Reste von 12 Tempeln aus dem 6. und 5. Jahrhundert v. Chr., darunter der vermutlich der Göttin Hera geweihte Tempel „E“ (um 460-450 v. Chr.), der auf zwei Vorläuferbauten steht und als dorischer Peripteros (6 mal 15 Säulen) restauriert wurde, sowie der um 520 v. Chr. begonnene und unvollendete Tempel „G“, der mit einer Grundfläche von 50 mal 110 Meter einer der größten griechischen Tempel ist. Im Schutt dieser Tempel fand man einen 70 t schweren Giebel. Es ist erstaunlich, wie man im 6. oder 5. Jahrhundert schon in der Lage war derart schwere Objekte millimetergenau in 20 m Höhe anzubringen.

Westlich der Akropolis befinden sich das Heiligtum der Demeter Malophoros aus dem 7. bis 5. Jahrhundert v. Chr. und eine daneben liegende Nekropole.

Die meisten Fundstücke aus Selinunt sind derzeit im Archäologischen Regionalmuseum von Palermo untergebracht. Darunter befinden sich:

  • Skulptierte Metopen aus Tempel „G“ (um 465-450 v. Chr.) und „C“
  • Eine Bronzeplastik, der „Ephebe von Selinunt“, aus der Zeit um 480 bis 460
  • Vasen und Terrakotten aus dem Heiligtum der Demeter Malophoros und der Nekropole.


Rocche di Cusa

Rocche di Cusa

In der Nähe Selinunts befindet sich Rocche di Cusa, der antike Steinbruch, aus dem das gesamte für den Bau der Tempel verwendete Material stammt. Sehr anschaulich ist dort zu sehen, wie Säulentrommeln, die für den unvollendeten Tempel G vorgesehen waren, aus den Felsen herausgearbeitet wurden.

Literatur

  • Luca Giuliani: Die archaischen Metopen von Selinunt. Zabern, Mainz 1979. ISBN 3-8053-0287-8
  • Anneliese Peschlow-Bindokat: Die Steinbrüche von Selinunt. Die Cave di Cusa und die Cave di Barone. Zabern, Mainz 1990. ISBN 3-8053-1084-6
  • Dieter Mertens: Selinus I. Die Stadt und ihre Mauern. Zabern, Mainz 2003. ISBN 3-8053-3248-3

Weblinks

37.58361111111112.8247222222227Koordinaten: 37° 35′ 1″ N, 12° 49′ 29″ O


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