Sicherheitsfachkraft

Sicherheitsfachkraft

Die Fachkraft für Arbeitssicherheit (FAS, SiFa oder FASi) ist eine durch das jeweilige Gesetz eines EU-Mitgliedstaates vorgeschriebene Stelle in einem Unternehmen mit mindestens einem Mitarbeiter oder einer Behörde. Alle diese Gesetze sind Umsetzungen der EG-Rahmenrichtlinie 89/391. Die zentrale Aufgabe ist es, den Unternehmer bzw. Arbeitgeber, die Sicherheitsvertrauenspersonen und die Belegschaftsorgane auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit und der menschengerechten Arbeitsgestaltung zu beraten und die Arbeitgeber bei der Erfüllung ihrer Pflichten auf diesem Gebiet zu unterstützen.

Dagegen ist in Deutschland der Sicherheitsbeauftragte (SiBe) ein von einem Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten gemäß Siebtem Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VII) schriftlich bestellter Mitarbeiter, der den Unternehmer, die Führungskräfte, die Fachkraft für Arbeitssicherheit, den Betriebsarzt und die Kollegen darin unterstützt, Unfälle, berufsbedingte Krankheiten und Gesundheitsgefahren zu vermeiden. In Österreich wird diese Person Sicherheitsvertrauensperson genannt und muss bereits ab elf Mitarbeitern bestellt werden.

Inhaltsverzeichnis

Fachkraft für Arbeitssicherheit in Deutschland

Die Fachkraft für Arbeitssicherheit wird in Deutschland durch das Arbeitssicherheitsgesetz vorgeschrieben.

Bezeichnung

Abhängig von der zugrunde liegenden Ausbildung trägt die Fachkraft für Arbeitssicherheit die Bezeichnung Sicherheitsingenieur, Sicherheitstechniker oder Sicherheitsmeister.

  • Sicherheitsingenieur darf sich nennen, wer berechtigt ist, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen und über die zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben erforderliche sicherheitstechnische Fachkunde verfügt. Die erforderliche Fachkunde kann über ein Studium oder über staatliche oder berufsgenossenschaftliche Ausbildungslehrgänge erworben werden. Eine weitere Alternative sind die Lehrgänge anderer Ausbildungsträger, die staatlich oder berufsgenossenschaftlich anerkannt sind.
  • Für Sicherheitstechniker und Sicherheitsmeister gilt entsprechendes: Auch hier muss man für das Führen des Titels Techniker oder Meister berechtigt sein und muss die erforderliche sicherheitstechnische Fachkunde über entsprechende Ausbildungslehrgänge erworben haben.

Bei manchen Berufsgenossenschaften werden auch andere Personen zugelassen, wenn sie über die nötige Sachkunde verfügen. So können im Bereich der BG Druck und Papierverarbeitung Mitarbeiter in einer meister- oder technikerähnlichen Funktion zur Fachkraft für Arbeitssicherheit bestellt werden. Bei der Verwaltungs BG können in Ausnahmefällen auch nichttechnische Personen zur Fachkraft für Arbeitssicherheit bestellt werden (z. B. in Büros), wenn die dort anfallenden Aufgaben überwiegend dem Gesundheitsschutz zuzurechnen sind (z. B. Bildschirmarbeitsverordnung, richtige Sitzhaltung usw.).

Aufgaben

In § 6 Arbeitssicherheitsgesetz sind die Aufgaben definiert:

Die Fachkräfte für Arbeitssicherheit haben die Aufgabe, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen der Arbeitssicherheit einschließlich der menschengerechten Gestaltung der Arbeit zu unterstützen. Sie haben insbesondere

  1. den Arbeitgeber und die sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Personen zu beraten, insbesondere bei
    • der Planung, Ausführung und Unterhaltung von Betriebsanlagen und von sozialen und sanitären Einrichtungen,
    • der Beschaffung von technischen Arbeitsmitteln und der Einführung von Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffen,
    • der Auswahl und Erprobung von Körperschutzmitteln,
    • der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs, der Arbeitsumgebung und in sonstigen Fragen der Ergonomie,
    • der Beurteilung der Arbeitsbedingungen,
  2. die Betriebsanlagen und die technischen Arbeitsmittel insbesondere vor der Inbetriebnahme und Arbeitsverfahren insbesondere vor ihrer Einführung sicherheitstechnisch zu überprüfen,
  3. die Durchführung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu beobachten und im Zusammenhang damit
    • die Arbeitsstätten in regelmäßigen Abständen zu begehen und festgestellte Mängel dem Arbeitgeber oder der sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Person mitzuteilen, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Mängel vorzuschlagen und auf deren Durchführung hinzuwirken,
    • auf die Benutzung der Körperschutzmittel zu achten,
    • Ursachen von Arbeitsunfällen zu untersuchen, die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten und dem Arbeitgeber Maßnahmen zur Verhütung dieser Arbeitsunfälle vorzuschlagen,
    • darauf hinzuwirken, dass sich alle im Betrieb Beschäftigten den Anforderungen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung entsprechend verhalten, insbesondere sie über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen sie bei der Arbeit ausgesetzt sind, sowie über die Einrichtungen und Maßnahmen zur Abwendung dieser Gefahren zu belehren und bei der Schulung der Sicherheitsbeauftragten mitzuwirken.

Siehe auch Unfallverhütungsvorschrift BGV A2 "Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit" (früher BGV A6 / A7) der jeweiligen Berufsgenossenschaften.

Tätigkeit

In der Berufsgenossenschaftlichen Information BGI 838 Inhalt und Ablauf der Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit von der Vereinigung der Metallberufsgenossenschaften, sind die Tätigkeiten in einem PDCA (Plan-Do-Control-Act)-Prinzip umrissen:

  1. Analyse des Arbeitssystems
  2. Beurteilung der in der Analyse festgestellten Gefährdungen
  3. Setzen von (Schutz-)Zielen
  4. Entwicklung von Lösungsalternativen (Maßnahmenhierarchie)
  5. Auswahl der geeigneten Lösung (Entscheidung liegt bei der Geschäftsführung)
  6. Durch- und Umsetzung der Lösung (in der Regel nur veranlassen und überwachen)
  7. Kontrolle der Wirksamkeit der Lösung

Durch weiterführende Schlussfolgerungen oder einer erneuten Analyse entsteht ein Kreislauf.

Abweichend davon wird in der aktuellen Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit (Hauptverband der Gewerblichen Berufsgenossenschaften) der Bereich weiterführende Schlussfolgerungen nicht als Teil des Kreislaufes verstanden, da der Kreislauf im Zuge des Kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP; siehe auch Qualitätsmanagement nach ISO 9001, Umweltmanagement nach EMAS oder ISO 14001 bzw. Arbeitsschutzmanagement nach OHRIS) auch ohne Handlungsanlass ständig durchlaufen werden soll und die weiterführenden Schlussfolgerungen für gewöhnlich nicht das Arbeitssystem, sondern das Managementsystem betreffen (z. B. übergeordnete organisatorische Maßnahmen).

Besonderheiten

  • Seit der letzten Novellierung der Berufsgenossenschaftlichen Vorschriften wird den Unternehmen mehr Entscheidungsspielraum eingeräumt. Die Unternehmer sind verpflichtet, anhand einer Gefährdungsbeurteilung ihre Entscheidungen nachvollziehbar zu gestalten und zu dokumentieren. In der Regel wird erst nach einem negativen Ereignis (Unfall) von der Berufsgenossenschaft (bzw. der Staatsanwaltschaft) überprüft, ob die Maßnahmen ausreichend sind; z. B. muss ein Kleinunternehmer eine Beratung nachweisen, bei der die Einsatzzeiten für die Fachkraft für Arbeitssicherheit festgelegt werden. Dabei kann sich ergeben, dass ein kleines Büro (weniger als 20 Mitarbeiter) mit einer Beratungsleistung von 8 Stunden alle 3 Jahre auskommt, während ein Chemiebetrieb mit der gleichen Mitarbeiterzahl 8 Stunden monatlich benötigt.
  • Die Einsatzzeit der Fachkraft für Arbeitssicherheit ist abhängig von der Anzahl der Mitarbeiter und deren Gefährdungen (Gefährdungsklassen) und kann von der Geschäftsleitung mittels einer Gefährdungsbeurteilung festgelegt werden, sofern dies die zuständige Berufsgenossenschaft vorsieht. Ansonsten werden die Mindesteinsatzzeiten von der jeweilige Berufsgenossenschaft bzw. Unfallkasse in einer Liste vorgegeben (siehe die BGV A2 der jeweiligen BG bzw. GUV-V A2 Regelwerk der Unfallkassender jeweiligen Unfallkasse).
  • Wie schon aus den Aufgaben und der Position hervorgeht, hat sie keine Linienverantwortung und keine Weisungsbefugnis gegenüber anderen Mitarbeitern des Unternehmens. Daraus erwächst eine auf die Richtigkeit der Beratung beschränkte Haftung. Die Verantwortung für die Umsetzung des Arbeitsschutzes selbst bleibt i. A. beim Unternehmer, der sie wiederum delegieren kann (Übertragung von Unternehmerpflichten).

Fachkraft für Arbeitssicherheit in Österreich

Die Fachkraft für Arbeitssicherheit wird in Österreich durch das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) vorgeschrieben. Die alte Bezeichnung lautet noch Sicherheitsfachkraft (SFK).

Aufgaben

Im ASchG sind die Aufgaben im § 76 festgehalten:

Sicherheitsfachkräfte haben die Aufgabe, die Arbeitgeber, die Arbeitnehmer, die Sicherheitsvertrauenspersonen und die Belegschaftsorgane auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit und der menschengerechten Arbeitsgestaltung zu beraten und die Arbeitgeber bei der Erfüllung ihrer Pflichten auf diesen Gebieten zu unterstützen.

Arbeitgeber haben die Sicherheitsfachkräfte und erforderlichenfalls weitere geeignete Fachleute hinzuzuziehen:

  1. in allen Fragen der Arbeitssicherheit einschließlich der Unfallverhütung,
  2. bei der Planung von Arbeitsstätten,
  3. bei der Beschaffung oder Änderung von Arbeitsmitteln,
  4. bei der Einführung oder Änderung von Arbeitsverfahren und bei der Einführung von Arbeitsstoffen,
  5. bei der Erprobung und Auswahl von persönlichen Schutzausrüstungen,
  6. in arbeitsphysiologischen, arbeitspsychologischen und sonstigen ergonomischen sowie arbeitshygienischen Fragen, insbesondere der Gestaltung der Arbeitsplätze und des Arbeitsablaufes,
  7. bei der Organisation des Brandschutzes und von Maßnahmen zur Evakuierung,
  8. bei der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren,
  9. bei der Festlegung von Maßnahmen zur Gefahrenverhütung,
  10. bei der Organisation der Unterweisung und bei der Erstellung von Betriebsanweisungen und
  11. bei Verwaltungsverfahren im Sinne des 8. Abschnittes.

Tätigkeit

Im § 77. des ASchGs werden die Tätigkeiten aufgezählt:

  1. die Beratung und Unterstützung des Arbeitgebers in Angelegenheiten gemäß § 76 Abs. 3,
  2. die Beratung der Arbeitnehmer, der Sicherheitsvertrauenspersonen und der Belegschaftsorgane in Angelegenheiten der Arbeitssicherheit und der menschengerechten Arbeitsgestaltung,
  3. die Besichtigung der Arbeitsstätten, Baustellen und auswärtigen Arbeitsstellen sowie die Teilnahme an Besichtigungen durch das Arbeitsinspektorat,
  4. die Ermittlung und Untersuchung der Ursachen von Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen sowie die Auswertung dieser Ermittlungen und Untersuchungen,
  5. die Überprüfung und Anpassung der nach den Arbeitnehmerschutzvorschriften erforderlichen Ermittlung und Beurteilung der Gefahren und der festgelegten Maßnahmen samt Anpassung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente,
  6. die Weiterbildung bis zum Höchstausmaß von 15% der für sie festgelegten jährlichen Präventionszeit,
  7. die Tätigkeit im Rahmen des Arbeitsschutzausschusses und des zentralen Arbeitsschutzausschusses,
  8. die Dokumentation der Tätigkeit und der Ergebnisse von Untersuchungen sowie die Erstellung von Berichten und Programmen auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit und der Arbeitsgestaltung und
  9. die Koordination der Tätigkeit mehrerer Sicherheitsfachkräfte.

Einsatzzeiten

In Arbeitsstätten mit bis zu 50 AN hat die Präventivbetreuung in Form von Begehungen zu erfolgen, die

  • bei 1 bis 10 AN mindestens in 2-Jahresabständen und
  • bei 11 bis 50 AN mindestens jährlich durchzuführen sind, wobei diese Begehungen nach Möglichkeit durch die SFK und AM gemeinsam erfolgen sollen.

In Arbeitsstätten mit über 50 AN sind SFK und AM mindestens im Ausmaß der im § 82a ASchG geregelten Präventionszeit zu beschäftigen. Diese beträgt pro Kalenderjahr und AN für

  • Büroarbeitsplätze 1,2 Stunden und für
  • sonstige Arbeitsplätze 1,5 Stunden.

Für Nachtarbeit ist ein Zuschlag zu berücksichtigen. Von der errechneten Einsatzzeit hat die Fachkraft für Arbeitssicherheit mindestens 40% zu erfüllen. Der Arbeitsmediziner muss 35% erfüllen, die verbleibenden 25% müssen individuell auf alle Präventivfachkräfte aufgeteilt werden werden.

Position im Unternehmen

Die Fachkraft für Arbeitssicherheit wird vom Unternehmer schriftlich bestellt (externe Fachkraft oder Mitarbeiter des Unternehmens). Die Fachkraft für Arbeitssicherheit ist dem Unternehmer direkt unterstellt und hat die Position einer Stabsstelle. Eine Weisungsbefugnis gegenüber den Mitarbeitern ergibt sich aus dieser Position nicht.

Die Fachkraft für Arbeitssicherheit ist bei Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern (Deutschland) Mitglied im Arbeitsschutzausschuss, in Österreich ab 100 Mitarbeitern.


Weblinks

  • Eine sehr gute Hilfestellung für Fachkräfte für Arbeitssicherheit, vor allem in der Ausbildung bietet die "Sifapage" und "SifaWiki".
  • Österreichische Interessensvertretung ([1]).

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