Sphingosin-1-phosphat

Sphingosin-1-phosphat

sinnvolle Gliederung, verständlicherer Fließtext --Minutemen ± 13:57, 23. Feb. 2007 (CET)


Sphingosin-1-phosphat

Sphingosin-1-phosphat, auch S1P, ist ein Lysophospholipid. Es ist der Phosphorsäureester des Sphingosins und wichtiges Gewebshormon aus der Klasse der Lipidmediatoren des tierischen Organismus. Neben großen Einflüssen auf die Prozesse der Zellproliferation, Zellmigration und Zelldifferenzierung besitzt Sphingosin-1-phosphat vielfältige andere Wirkungen.

Inhaltsverzeichnis

Biosynthese und Metabolismus

Die Biosynthese des Sphingosin-1-phosphates erfolgt aus dem Sphingolipid Sphingomyelin. Dieses wird durch die Sphingomyelinase unter Abspaltung eines Phosphocholinrestes zum Ceramid und weiter durch die Ceramidase zum Sphingosin hydrolysiert. Auf letzteres wird durch die Sphingosinkinase (EC 2.7.1.91) unter Verbrauch eines Moleküls ATP ein Phosphatrest auf die Hydroxygruppe übertragen und Sphingosin-1-phosphat freigesetzt.

Der Abbau erfolgt über zwei Wege: Einerseits wird im Umkehrung des letzten Syntheseschrittes S1P zu Sphingosin und Phosphat hydrolysiert, andererseits kann durch die Sphinganin-1-phosphat-Aldolase (EC 4.1.2.27, auch Sphingosin-1-phosphat-Lyase) eine Spaltung in 2-Hexadecenal und Phosphoethanolamin katalysiert werden. Eine Rolle beim Abbau spielen aber auch mehrere Phosphatidat-Phosphatasen.

Funktion

Sphingosin-1-phosphat hat als Signalmolekül vielfältige intra- wie extrazelluläre Funktionen. Besonders hervorzuheben ist seine Bedeutung für:

  • die Zellproliferation: S1P steigert die Zellproliferation und ist Schutzfaktor im Falle toxischer Ereignisse. Im Sinne des Sphingolipid rheostat führt eine vermehrte Bildung von S1P zur Verringerung von Spingosin und Ceramid, welche dem endogenen Zelltod, der Apoptose, förderlich sind.
  • die Zellmigration: S1P bewirkt als Gewebshormon eine Verstärkung des gerichteten Wanderverhaltens einzelner Zellen (Stichwort Chemotaxis) durch Aktivitätssteigerung zytoskeletaler Bewegungsfunktionen (Aktivierung des S1P1-Rezeptors) und innergeweblicher Verankerungen (Aktivierung des S1P2-Rezeptors, Stichwort stress fiber). Die Rezirkulation von Lymphozyten wird gehemmt.
  • die Gefäßpermeabilität: Durch Aktivierung des VE-Cadherin-Systems/adherens junction und durch unbekannte Effekte auf die vesikuläre Transzytose wird die Durchlässigkeit des Endothels für große Moleküle und ggf. Zellen deutlich reduziert. Die Wirkung des VEGF wird gehemmt.
  • die Angiogenese: Viele Vorgänge der Angiogenese werden unterstützt: Induktion der endothelialen NO-Synthase (eNOS), Proliferation und Migration von Endothelzellen, Röhrenbildung (tube formation), Gefäßreifung durch glatte Muskelzellen und Perizyten.
  • die Funktion von Thrombozyten: S1P wird in den Blutplättchen gebildet, gespeichert und bei Aktivierung sezerniert. Es findet sich in den Plättchen kein abbauender Stoffwechselweg.
  • Stimulation der Cyclooxygenase 2 zur Produktion von PGE2. Synergistische Induktion der cytosolischen Phospholipase A2 (cPLA2) durch Ceramid-1-phosphat.

Rezeptoren und Signaltransduktion

S1P-Rezeptoren sind typischerweise an G-Proteine gekoppelt und werden durch Ligandenbindung und Autophosphorylierung oder durch ligandenunabhängige Phosphorylierung durch andere Kinasen (Z.B. akt/PI3K, Stichwort Transaktivierung) aktiviert. Die Rezeptoren wurden zunächst edg*, später s1p* benannt. 2nd messenger sind alle Zweige der MAP Kinasen, PI3k, PLC/IP3/Calcium, rho kinase.

positive Regulation

S1P wird durch die Sphingosin Kinasen durch Phosphorylierung aus Sphingosin gebildet. Ein Regulationsmechanismus ist die intrazelluläre Konzentration dieses Enzyms an der 'wandernden Ecke' der migrierenden Zelle, die Plasmamembran wird durch ihr Phosphatidylserin erkannt. SPHK1/SK1 wird durch verschiedenste Wachstumsfaktoren und Hormone induziert.

negative Regulation

Schnitt durch S1P Lyase (Coenzym: Pyridoxalphosphat) zu Hexadecanal und Phosphoethanolamin. Verschiedene Lipidphosphatasen, die u.a. S1P zu Sphingosin dephosphorylieren.

klinischer Ausblick : FTY720

FTY-720 ist ein Sphingosin-Analogon und wird durch SK2 als FTY720-p zu einem Agonisten an mehreren S1P Rezeptoren (S1P1,S1P3,S1P4,S1P5) phosphoryliert. Beobachtete Gewebsreaktionen werden oft durch eine agonistische Niederregulation einzelner Rezeptoren erklärt.

(Die anatomische Grundstruktur der Marginalzone der Milz ist S1P-abhängig, da die strukturelle Integrität des inneren Marginalsinusendothels vom S1P3 Rezeptor abhängig ist. Ohne anatomische Barriere gelangen die besonderen Marginalzonen B Zellen ereignisunabhängig in die Lymphfollikel der Milz, wodurch Autoimmunreaktionen zu erwarten sind. Durch funktionellen Antagonismus (Ausfall des S1P1 Rezeptors) wandern die MZ-B-Zellen in die Lymphfollikel. Normalerweise geschieht dies nur dann, wenn systemisch Fremdantigen oder bioaktives Erregermaterial (z.B. LPS) diese, dem Blutstrom anatomisch ausgesetzt gelegenen, ersten B-Zellen aktiviert, woraufhin diese ihre S1P Rezeptorexpression reduzieren.)

Man beobachtet eine Sequestration von Lymphozyten in den primären und sekundären lymphatischen Organen mit folglich reduzierter Rezirkulation derselben. Durch Heruntermodulation der S1P1 Rezeptoren auf Lymphozyten und eine endothelabdichtende Wirkung bleiben die Lymphozyten, die die Lymphknoten verlassen würden, dort subendothelial liegen.

klinischer Ausblick : Onkologie

Modulation und zelltoxische onkologische Therapieformen. Neoangiogenese.

klinischer Ausblick : Kardiovaskuläres System

S1P3 Rezeptor: Vasokonstriktion, Hypertension, Bradykardie. S1P1 Rezeptor: endotheliale Permeabilität wird verringert. Angiogenese. SK1 : wird im physiologischen Zustand des ischemic preconditionings an die Plasmamembran translosziert und wirkt so kardioprotektiv. Unbekannt: negative Inotropie (Herzschlagkraft).

Systemfehler

Beim S1P1 Rezeptor Knockout sind späte Ereignisse der Angiogenese größerer Gefäße defekt, wobei das Verhalten der glatten Muskelzellen und Perizyten so verändert ist, dass sie sich nicht im notwendigen Ausmaß bilden.

Literatur

  • Spiegel, S. & Milstien, S. (2002): Sphingosine 1-phosphate, a key cell signaling molecule. In: J. Biol. Chem. Bd. 277, S. 25851-25854. PMID 12011102 doi:10.1074/jbc.R200007200
  • Pyne, S. & Pyne, N.J. (2000): Sphingosine 1-phosphate signalling in mammalian cells. In: Biochem. J. Bd. 349, S. 385-402. PMID 10880336; PMC 1221160 – ausführlicher, aber schwer zu lesender alter Übersichtsartikel
  • Taha, T.A. et al. (2006): Sphingosine kinase: biochemical and cellular regulation and role in disease. In: J. Biochem. Mol. Biol. Bd. 39, S. 113-131. PMID 16584625 PDF – ausführlicher Review, der auf die SK zentriert, dabei jedoch die gesamte klinische Bedeutung beschreibt
  • Alewijnse AE et al. (2004) :Cardiovascular effects of sphingosine-1-phosphate and other sphingomyelin metabolites. In: Br J Pharmacol Bd. 143, S. 666-684. PMID 15504747
  • Girkontaite I et al. (2004) :The sphingosine-1-phosphate (S1P) lysophospholipid receptor S1P3 regulates MAdCAM-1+ endothelial cells in splenic marginal sinus organization. In: J Exp Med Bd. 200, S. 1491-1501. PMID 15583019
  • Vora KA et al. (2005) :Sphingosine 1-phosphate receptor agonist FTY720-phosphate causes marginal zone B cell displacement. In: J Leukoc Biol Bd. 78, S. 471-480. PMID 15894589
  • Cinamon G et al. (2004) :Sphingosine 1-phosphate receptor 1 promotes B cell localization in the splenic marginal zone. In: Nat Immunol Bd. 5, S. 713-720. PMID 15184895
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