Spiel nicht mit den Schmuddelkindern

Spiel nicht mit den Schmuddelkindern
Spiel nicht mit den Schmuddelkindern
Studioalbum von Franz Josef Degenhardt
Veröffentlichung 1965
Label Polydor
Format Schallplatte, CD
Genre Chanson / Liedermacher
Anzahl der Titel 13
Laufzeit 49 min 45 sec

Besetzung

Gesang und Gitarre:
Franz Josef Degenhardt

Produktion Jimmy Bowien
Chronologie
Rumpelstilzchen (1963) Spiel nicht mit den Schmuddelkindern Väterchen Franz (1966)

Spiel nicht mit den Schmuddelkindern ist ein 1965 beim Label Polydor erschienenes Album von Franz Josef Degenhardt. Es war nach Rumpelstilzchen das zweite Album des Liedermachers und wurde von Jimmy Bowien produziert. Die Lieder erschienen 1969 auch als Buchveröffentlichung.

Inhaltsverzeichnis

Texte

Auf diesem Album brachte Degenhardt die Spießigkeit der deutschen Nachkriegsjahre (insbesondere in den Chansons Spiel nicht mit den Schmuddelkindern und Deutscher Sonntag) zum Ausdruck und verarbeitete in seinen Texten auch die vorweggenommene Hoffnung auf die Studentenbewegung. Die Texte sind überwiegend von Gesellschaftskritik und Surrealismus geprägt.

Das auf dem Album enthaltene gleichnamige Lied Spiel nicht mit den Schmuddelkindern ist eines der bekanntesten Lieder des Künstlers und repräsentativ für die Chansons und Bänkellieder seiner ersten beiden Alben. Es erzählt die Geschichte eines Jungen aus "besserem" Hause, der als Kind gerne mit Arbeiterkindern spielte, dann aber in die Oberschule gezwungen wurde und die gesellschaftliche Karriere machte, die Eltern und Lehrer von ihm erwarteten. Das Lied kritisiert Karrierismus und Diskriminierung von Arbeiterkindern. Spiel nicht mit den Schmuddelkindern wurde zum geflügelten Wort. Unter anderem veröffentlichte die deutsche Hip-Hop-Band Anarchist Academy einen Song mit diesem Titel.[1] Ebenso ist es eines der bekanntesten und erfolgreichsten Lieder Degenhardts; so kündigte der Liedermacher später die Ballade vom verlorenen Sohn als „das Schmuddelkinderlied der 70er Jahre“ an (dokumentiert u.a. auf dem Livealbum Liederbuch – Von Damals und von dieser Zeit, 1978), und Degenhardts Roman Zündschnüre wurde in Zeitungsanzeigen mit dem Schlagwort "Schmuddelkinder-Atmosphäre" beworben. Helge Schneider adaptierte in seinem Song Katzenoma Degenhardts Lied, lenkte dort seine Kritik aber auf eine ungerechte, staatlich unterstützte Diskriminierung von Senioren u. a. durch Rentenkürzungen.

Das Lied Ein schönes Lied erzählt im ruhigen, lyrischen Ton die Geschichte eines "gebrannten Kindes", das mit einem Boot aus dem Heimatland flieht, in dem Krieg herrscht, und von einem Land des Friedens träumt. Es spielt auf den Vietnamkrieg an.

Das Lied Deutscher Sonntag ("Sonntags in der kleinen Stadt") karikiert sonntagstypische Spießerszenen in einer Kleinstadt. Als Elemente dieses als "Sonntagseinerlei" bezeichneten Tagesablaufes werden das morgendliche Bad, der Besuch des Gottesdienstes, das üppige Mittagessen samt Nachtisch und anschließender Mittagsruhe bei Zigarren, der Besuch eines Fußballspiels, der Spaziergang durch die Stadt und schließlich der Abend vor dem Fernseher genannt. 2010 erwähnte Ulrich von Berg das Lied mit der Strophe, die metaphorisch möglicherweise die Besucher eines Fußballspiels beschreibt („Dann geht's zu den Schlachtfeldstätten...“), in einem Artikel mit dem Namen Ist Fußball Pop? in der Zeitschrift 11 Freunde als Beispiel für eine Wertung durch „jene Linken, die unter dem Einfluss der Kulturkritik der Frankfurter Schule meinten, sich dem Fußball genau wie der Pop- und Rockmusik verweigern zu müssen“. Das Fußballpublikum werde, so von Berg, dargestellt „wie ein von Otto Dix gemaltes Zerrbild deutschen Kleinbürgertums“; der im Lied porträtierte Fußballzuschauer sei „sadistisch veranlagt und ein verkappter Faschist.“[2]

Auf der Espressomaschine karikiert in sehr bildhafter Sprache eine von Konsumdenken bestimmte Liebesbeziehung. Charakteristisch ist, dass in jeder Strophe das zur Metallveredelung verwendete Element Chrom erwähnt wird.

Das Lied Hochzeit erzählt eine Liebesgeschichte inmitten von düsteren Metaphern, die auf die Gefahr eines Atomkriegs anspielen, jedoch auch auf die Raumfahrt. In einer der Strophen parodiert Degenhardt die berühmten Zeilen von Walther von der Vogelweide: Unter der linden, bei der heide / wo unser beider bette was...

Das Lied Wölfe mitten im Mai erzählt, wie Wölfe langsam die Herrschaft über ein Dorf erringen. Die Metapher spielt auf den Faschismus an.

Im Lied Diesmal werd' ich nicht erklärt ein früherer Krieger (möglicherweise ein Wikinger), dass er nicht mehr länger auf Kriegsfahrt ausgehen will.

Das Lied Der, der meine Lieder singt ist eines der kunstvollsten Lieder Degenhardts und präsentiert eine schwer zu deutende Reflexion über seine eigene Rolle als Liedermacher, Alkoholiker, Ehemann und Vater. Auch dieses Lied arbeitet mit zahlreichen eindrucksvollen Bildern. In jeder der vier Strophen wiederholt sich die thematische Abfolge des Refrains: Singen, Trinken, Ehefrau, Kinder.

Inhalt

  1. Spiel nicht mit den Schmuddelkindern
  2. Ein schönes Lied
  3. Deutscher Sonntag
  4. Auf der Espresso-Maschine
  5. Hochzeit
  6. Gelobtes Land
  7. Alte Freunde
  8. Wölfe mitten im Mai
  9. Der schwarze Mann
  10. Der Mann von nebenan
  11. Zwei und zwei
  12. Diesmal werd’ ich nicht
  13. Der, der meine Lieder singt

Literatur

  • Franz Josef Degenhardt: Spiel nicht mit den Schmuddelkindern: Balladen, Chansons, Grotesken, Lieder. Rowohlt, Reinbek 1969, ISBN 3-499-11168-3
  • Franz Josef Degenhardt: Kommt an den Tisch unter Pflaumenbäumen. Rowohlt, Reinbek 1986, ISBN 3-499-15774-8
  • Katharina Götsch: Linke Liedermacher. Limbus, Innsbruck 2007, ISBN 3-902534-04-4, S. 60–64

Weblinks

Einzelnachweise

  1. CD-Review auf laut.de
  2. Ulrich von Berg: Ist Fußball Pop?, 11 Freunde Ausgabe 104, Juli 2010

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