Spreedreieck

Spreedreieck
Das Hochhaus im Mai 2009

Spreedreieck bezeichnet ein etwa 4200 m² großes Areal am Bahnhof Friedrichstraße in Berlin-Mitte und das darauf stehende Bürogebäude (Friedrichstraße 140). Der Verkauf des circa 2100 m² großen Baugrundstücks und der anschließende Bau sind bis heute Gegenstand politischer Debatten und juristischer Auseinandersetzungen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Auf dem Gelände befanden sich die Kaiser-Wilhelm-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen (Friedrichstraße 139-141) und ein Geschäftshaus (Friedrichstraße 138/Reichstagsufer 19). Nachdem die Akademie 1910 in den Neubau an der Invalidenstraße umgezogen war, wurde das Gebäude 1913/14 abgerissen. 1915/16 wurde auch das Geschäftshaus vom Staat erworben und abgerissen. Pläne für eine Nachfolgebebauung kamen infolge des Ersten Weltkrieges zum Erliegen. Das Gelände lag von nun an bis zur punktuellen provisorischen Bebauung zu DDR-Zeiten brach. 1921 wurde ein erster Wettbewerb zur Errichtung eines Hochhauses ausgeschrieben, an dem sich unter anderem Bruno Möhring[1] und Mies van der Rohe[2] beteiligten. Zu den führenden Personen der Investorengruppe um die Turmhaus-Aktiengesellschaft (TAG) gehörten Heinrich Mendelssohn und Hugo Stinnes. Bei einem zweiten Wettbewerb 1929 reichte unter anderem Erich Mendelsohn[3] einen Entwurf ein. Die DDR errichtete im westlichen Teil des Dreiecks 1962 das Abfertigungsgebäude für die Grenzübergangsstelle Bahnhof Berlin-Friedrichstraße (umgangssprachlich Tränenpalast genannt) sowie in den folgenden Jahren im östlichen Teil einige Baracken.

Skandal um Grundstücksverkauf und Baugenehmigungen

Nach dem Verkauf des Geländes durch das Land Berlin im Jahr 2000 stellte sich heraus, dass ein Teil davon der Deutschen Bahn gehörte, also anders als zugesichert nicht lastenfrei war. Daraufhin erstattete das Land dem Hamburger Investor Harm Müller-Spreer als Schadenersatz 8,7 Millionen des 17,2 Millionen Euro-Kaufpreises, übertrug ihm weitere Flächen und genehmigte eine Aufstockung im Bebauungsplan. Durch die neue Höhe des Bürogebäudes wiederum wird ein auf der gegenüberliegenden Seite der Friedrichstraße gelegenes Hotel stärker verschattet, sodass das Land Berlin auch dessen Investor Schadenersatz in Höhe von 4 Millionen Euro zahlte.[4] Der finanzpolitische Sprecher der Berlin Grünen kritisierte die Vorgänge mit den Worten:[5]

Erst konnte die Verwaltung das Grundbuch nicht lesen, dann war sie nicht in der Lage, das eigene Baurecht zu beachten.

Spreedreieck, Ansicht von Nordosten, April 2009

Der ursprüngliche Entwurf von Mark Braun († 2008) hatte sogar 40 Stockwerke vorgesehen, womit das Gebäude eine Höhe von 208 m erreicht hätte.[6][7]

Wichtigster Mieter des 2009 fertiggestellten Bürogebäudes ist das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen Ernst & Young.[8]

Architekturkritik

Die Gestaltung des Spreedreiecks – insbesondere der Umgang mit dem denkmalgeschützten Tränenpalast – wurde öffentlich oftmals diskutiert.[9] Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung veröffentlichte eine Polemik des Architekturkritikers Dieter Bartetzko; unter der Überschrift „Die späte Rache der DDR" kritisiert er den Bau mit den Vokabeln „bauästhetische(s) und städtebauliche(s) Desaster, Plumpheit, ignorante Gemeinheit, grau und rostig".[10] Eine weitere Architekturkritik der FAS vergleicht die Lisene des Spreedreiecks mit denen des von GMP gebauten Swissôtels.[11]

Weblinks

 Commons: Spreedreieck – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Belege

  1. Bernd Weber: „Nach wem wurde die Georgenstraße in Berlin-Mitte benannt?“ In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Heft 1/2005
  2. Fritz Neumeyer (Hg.): Ludwig Mies van der Rohe – Hochhaus am Bahnhof Friedrichstraße. Tübingen/Berlin: Ernst Wasmuth Verlag, 1993.
  3. Lucio Nardi: tentativo sul luogo (Versuch über den Ort) - lo spreedreieck a berlino 2005.
  4. Chronologie der Spreedreieck-Affäre in Die Welt vom 4. April 2008
  5. Gereon Asmuth: Hochhaus fällt auf Berlin zurück, taz vom 25. Januar 2008
  6. http://skyscraperpage.com/cities/?buildingID=7869
  7. Matthias Oloew: "Spreedreieck-Architekt gibt auf" - Tagesspiegel vom 5. März 2008
  8. http://www.ey.com/DE/de/Home/Kontakt---Standorte---Berlin
  9. Beispiele/Belege?
  10. "Die späte Rache der DDR" - In: FAS vom 8. März 2009
  11. Johanna Adorján: Das Haus, das keiner wollte In: FAS. 10. Januar 2011, ISSN 0174-4909 (faz.net).
52.52072613.387699

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