- St.-Josephs-Kirche (St. Pauli)
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Die katholische St.-Joseph-Kirche ist eine barocke Kirche an der Großen Freiheit in Altona bzw. heute im Hamburger Stadtteil St. Pauli.
Inhaltsverzeichnis
Die Große Freiheit in Altona
Altona, heute Hamburgs westlichster Bezirk, war bis weit ins 20. Jahrhundert eine eigenständige, zum Herzogtum Holstein gehörende Stadt. Obwohl Altona und Holstein de jure zum Deutschen Reich gehörten, wurde das Herzogtum ab 1640 vom dänischen Königshaus verwaltet. König Friedrich III. von Dänemark verlieh in seiner Eigenschaft als Herzog von Holstein der katholischen Gemeinde von Altona 1658 das Privileg der Glaubensfreiheit und wies ihr einen Bauplatz auf der Großen Freiheit zur Errichtung eines Gotteshauses zu. Der Name der Straße, deren erste Bebauung ab 1610 erfolgte, war Programm: die dänischen Könige erkannten die Vorteile, die sich ihnen boten, als sie in ihrer Stadt - im Gegensatz zum benachbarten Hamburg - Gewerbe- und Religionsfreiheit gestatteten. Dass sie hier Handwerkern und anderen Gewerbetreibenden auch ohne Mitgliedschaft in einer Zunft und vertriebenen Glaubensflüchtlingen eine Heimstatt und die Möglichkeit zur Arbeit gaben, sollte sich für die Entwicklung Altonas als glücklicher Umstand erweisen.
Die katholische Gemeinde war bereits 1594 gegründet worden und begann ab 1660 mit dem Bau einer Kapelle auf der Großen Freiheit. Diese erste Kirche wurde beim Altonaer Stadtbrand 1713 während des Großen Nordischen Krieges zerstört. Ab 1718 wurde die zweite Katholische Kirche errichtet und dem heiligen Joseph geweiht.
Die katholische St.-Josephs-Kirche
Die Bauarbeiten an der neuen Kirche begannen 1718 und dauerten bis 1721. Als Baumeister vermutet man den aus dem österreichisch-ungarischen Kaiserreich stammenden Architekten Melchior Tatz. Die Kirche steht einige Meter hinter der Straßenflucht und bildet mit den Nachbargebäuden einen kleinen Vorplatz, die Schmuckstraße führt genau auf die Kirche zu, so dass eine barocke Sichtachse entsteht. Ungewöhnlich ist, dass sie entgegen der üblichen Kirchenbauweise nicht nach Osten, sondern nach Westen ausgerichtet wurde, was wohl auf das zugeteilte Baugrundstück zurückzuführen ist. Der Kirchenbau ist ein aus Backstein gefertigter Saalbau und besitzt eine geschwungene, reich mit Sandsteinelementen verzierte Barockfassade, die italienischen Vorbildern folgt. Ein mächtiges, von einer Heiligenfigur des St. Joseph bekröntes Portal wird von hohen Fenstern gerahmt, zusammen mit dem volutengeschmückten Giebel ist die Fassade eines der wichtigsten Zeugnisse der Barockkunst im späteren Hamburger Stadtgebiet. Die Kirche enthielt einst eine bedeutende Ausstattung mit Kunstwerken des Barock, welche jedoch größtenteils während des Zweiten Weltkrieges vernichtet wurde. Das zugehörige Pfarrhaus errichtete 1717 der Stadtbaumeister Claus Stallknecht.
Zerstörung und Wiederaufbau
Erst 1938 wurde die Altonaer St.-Josephs-Kirche aufgrund des Groß-Hamburg-Gesetzes zu einer Kirche in St. Pauli. 1944 wurde die Kirche bei wiederholten Bombenangriffen fast vollständig zerstört, der Innenraum brannte aus und das Dach stürzte ein, lediglich die Fassade blieb, wenn auch schwer beschädigt, stehen. Der Wiederaufbau erfolgte von 1953 bis 1955 unter der Leitung von Georg Wellhausen. Zu diesem Zeitpunkt wurde lediglich die Schauseite zur Großen Freiheit restauriert, das Kirchengebäude erneuerte man komplett und versah es mit einer modernen Ausstattung. In den Jahren 1977 bis 1978 wurde mit einer Rebarockisierung begonnen, die das Ziel hatte, den ursprünglich festlichen Kirchenraum in seinen früheren Zustand zurück zu versetzen. Heute wird das Innere der Kirche vom großen Hauptaltar dominiert, der mit seinen beiden Seitenaltären und den zarten Farben der Wände einen Eindruck der früheren Pracht vermittelt.
Heute
Die St.-Josephs-Kirche steht heute mitten im Hamburger Kiez, dem weltberühmten - und berüchtigten - St. Pauli, und noch immer auf der Großen Freiheit. Sie wird von Sexclubs, Discotheken und Schnellimbissen umgeben und nur noch wenig erinnert an die alte Bebauung und an das weltoffene Altona von damals. Die Große Freiheit, an der früher auch die Mennoniten eine Kirche besaßen und die nur einen Steinwurf vom alten jüdischen Friedhof entfernt liegt, ist heute ein Sinnbild für eine neue Form der Offenheit und Zwanglosigkeit.
Die Kirche wird gegenwärtig überwiegend von der polnischen Gemeinde genutzt und ist tagsüber für Besucher zugänglich.
Literatur
- F. Grundmann, T. Helms: Wenn Steine predigen - Hamburgs Kirchen vom Mittelalter zur Gegenwart, Medien Verlag Schubert, 1993
- R. Hootz (Hrsg.): Bildhandbuch der Kunstdenkmäler Hamburg & Schleswig-Holstein, Deutscher Kunstverlag, 1981
Weblink
53.5513888888899.9580555555555Koordinaten: 53° 33′ 5″ N, 9° 57′ 29″ O
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