St. Marx

St. Marx

Sankt Marx ist ein Teil des 3. Wiener Gemeindebezirks Landstraße. Hier befand sich ab dem 13. Jahrhundert ein Krankenhaus, dessen dem heiligen Markus geweihte Kapelle später für die Gegend namensgebend war. Von 1846 bis Ende des 20. Jahrhunderts war St. Marx vor allem für sein Schlachthaus und den zentralen Viehmarkt bekannt. Heute ist der Stadtteil ein wichtiges innerstädtisches Entwicklungsgebiet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ein Siechenhaus vor den Toren Wiens

St. Marxer Spital um 1724 (Stich von Salomon Kleiner)
St. Marxer Mautstelle des Wiener Neustädter Kanals
Versorgungshaus St. Marx im 19. Jahrhundert
Toranlage des St. Marxer Viehmarktes, um 1900
Rinderhalle St. Marx
Die Arena im ehemaligen Inlandsschlachthof
T-Center, vom Rennweg aus gesehen

Im Mittelalter war es üblich, außerhalb großer Städte und Ortschaften so genannte Siechenhäuser zu errichten, um zu verhindern, dass infektiöse Reisende eine schwere Krankheit wie etwa die Pest und somit potentiell den Tod in die Stadt bringen. So entstand im 13. Jahrhundert weit vor den Toren Wiens ein solches Siechenhaus, in der Nähe der heutigen Kreuzung Rennweg und Landstraßer Hauptstraße. Das vom Lazarus-Orden geleitete Haus erhielt im 14. Jahrhundert eine Kapelle, die dem heiligen Markus geweiht war. Im Laufe der Jahrhunderte änderte sich die Bezeichnung des Krankenhauses, das im Zuge der Wiener Türkenbelagerungen zwei Mal zerstört und wieder aufgebaut wurde, von Siechenhaus St. Lazar über Bürgerspital St. Marks (eine verkürzte Form von St. Markus) zu St. Markser Spital, bis schließlich im 18. Jahrhundert die Gegend um das Krankenhaus den Namen St. Marx trug.

Der 1704 errichtete Linienwall bewährte sich bereits nach wenigen Monaten, als ein von rund 4.000 Kuruzen versuchter Angriff auf Wien bei St. Marx abgewehrt werden konnte. Der Wall diente überdies als Steuergrenze, und an den „Verzehrungssteuer-Linienämter“ genannten Mautstellen, so auch bei der St. Marxer Linie, wurde die Einfuhr und Versteuerung von Lebensmitteln geregelt. 1784 wurde außerhalb des Linienwalls der Sankt Marxer Friedhof angelegt, im selben Jahr wurden die Patienten des innerhalb der Linien gelegenen Bürgerspitals in das neu errichtete Allgemeine Krankenhaus im Alsergrund verlegt. 1785 wurde die Anstalt in das Versorgungshaus St. Marx für arme und alte Personen umgewandelt. Der 1803 eröffnete Wiener Neustädter Kanal trennte den St. Marxer Friedhof vom Linientor und dem restlichen St. Marx, wurde aber außerhalb des Linienwalls von einer Brücke überspannt. Das Linienamt dehnte seine Agenden nun auch auf die Kanalschifffahrt aus.

Bereits seit dem 14. Jahrhundert befand sich hier auch ein Brauhaus, das Mitte des 19. Jahrhunderts von Adolf Ignaz Mautner gepachtet wurde. Nach der Schließung des Versorgungshauses im Jahr 1861 kaufte Mautner den gesamten Gebäudekomplex und erweiterte seine Brauerei, eine bekannte von ihm produzierte Biermarke war das St. Marxer Abzug Bier. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Anlage stillgelegt, da sich Mautner mit Anton Dreher und dessen Brauerei Schwechat zusammenschloss. Die Gebäude wurden danach als Wohnungen genutzt, mussten aber nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen werden. In den 1950er Jahren wurde an dieser Stelle ein Gemeindebau errichtet, der so genannte Maderspergerhof. Josef Madersperger, der als Erfinder der Nähmaschine gilt, verbrachte seinen Lebensabend im Versorgungshaus St. Marx und wurde wie Wolfgang Amadeus Mozart in einem Schachtgrab am St. Marxer Friedhof beerdigt. Neben dem Eingang des Maderspergerhofes in der Landstraßer Hauptstraße ist eine vom Graphiker Viktor Theodor Slama als Relief gestaltete Gedenktafel angebracht, die Madersperger und das ehemalige Versorgungshaus zeigt.

Der zentrale Viehmarkt St. Marx

Ende des 18. Jahrhunderts etablierte sich zwischen dem St. Marxer Versorgungshaus und dem Linienwall ein Rindermarkt, der davor am so genannten Ochsengries vor dem Stubentor abgehalten wurde. 1846 wurde in St. Marx mit dem Bau eines Schlachthauses begonnen. Da sich Teile des vorgesehenen Areals außerhalb des Linienwalls befanden, musste dieser teilweise abgetragen und nach außen versetzt wieder neu aufgebaut werden. 1872 wurde durch die Errichtung einer eigenen Schlachthausbahn die Transport-Infrastruktur erheblich verbessert, somit war auch bald eine Vergrößerung der Anlage nötig. 1877 wurde der Ausbau und teilweise auch Neubau des Wiener Central-Schlachtviehmarktes beschlossen. In dieser Phase entstand auch die Rinderhalle, die als die erste Schmiedeeisenkonstruktion Wiens gilt. In den folgenden Jahrzehnten wurde der Schlachthof mehrmals erweitert und erreichte in der Zwischenkriegszeit den Höhepunkt seiner Bedeutung für die Fleischversorgung von Wien. Bald war der Name St. Marx ein Synonym für den großen Schlachthof im Südosten des 3. Bezirks.

Da die Anlage in den 1960er Jahren nicht mehr modernen Standards entsprach und aufgrund der räumlichen Trennung der verschiedenen Einzel-Schlachthöfe nicht die nötigen zentralen Strukturen hatte, wurde von der Stadtverwaltung ein Neubau beschlossen. Von 1968 bis 1975 wurde das Fleischzentrum St. Marx errichtet. Der mittlerweile aufgelassene Auslandsschlachthof diente 1975 und 1976 als Veranstaltungsort der Festwochen-Arena im Rahmen der Wiener Festwochen. Nach den Veranstaltungen im Juni 1976 sollten die Gebäude abgerissen werden, woraufhin eine rund dreimonatige Besetzung des Geländes erfolgte. Der Abriss erfolgte dennoch, seitens der Stadt Wien wurde aber als Alternative der ehemalige Inlandsschlachthof zur Verfügung gestellt, der auch heute noch als Veranstaltungsort Arena genutzt wird.

Ende der 1990er Jahre wurde das Fleischzentrum stillgelegt und mit Überlegungen über die Nachnutzung des Areals begonnen. Einzig das Zerlegezentrum des Inlandsschlachthofs blieb bis zu seiner Verlegung in das neue Fleischzentrum in Inzersdorf im Dezember 2007 in Betrieb. Im Juni 2008 wurde der alte Schlachthof noch einmal im Zuge der Fußball-Europameisterschaft als Bereitstellungsraum für die Sanitäts-Einheiten des Bayerischen Roten Kreuzes benutzt. Diese waren über drei Wochen im alten Verwaltungtrakt zur Unterstützung des Österreichischen Roten Kreuzes stationiert.

Die Rinderhalle, zwei administrative Gebäude und die von steinernen Stieren flankierte Toranlage stehen unter Denkmalschutz. Von 2006 bis 2008 wurde die Rinderhalle saniert, für die künftige Nutzung gibt es Konzepte, die von kulturellen Veranstaltungen über Gastronomie bis zur Ansiedlung von Kleinbetrieben reichen.[1]

Aktuelle und künftige Entwicklungen

Bereits in den 1970er Jahren haben sich nach dem Neubau des Fleischzentrums St. Marx und den damit frei gewordenen Flächen einige Betriebe in der Gegend angesiedelt. Nach der Stilllegung des Großteils des Fleischzentrums Ende der 1990er Jahre gibt es seither rege Planungs- und Bauarbeiten zur Nachnutzung des Areals.

Das markanteste Beispiel moderner Architektur in St. Marx ist wohl das 2004 auf dem Gelände der ehemaligen Endstelle der Schlachthausbahn errichtete Bürogebäude T-Center. In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich das Vienna Biocenter, das bis 2010 um das Büro- und Laborgebäude Marxbox erweitert werden soll.[2] Am Karree St. Marx, einem lange Zeit brach liegenden, an die Grünzone „Stadtwildnis“ angrenzenden Gelände zwischen Schlachthausgasse, Viehmarktgasse und Henneberggasse werden seit Mitte 2008 über 400 Wohnungen sowie Büros und infrastrukturelle Einrichtungen errichtet.[3] Das Media Quarter Marx nutzt schon jetzt das denkmalgeschützte ehemalige Verwaltungsgebäude des Viehmarktes, bis 2010 soll an der Henneberggasse ein zusätzliches Gebäude entstehen, das Fernsehstudios, Büros und Räume für Regie und Postproduction beinhalten wird.[4] Der ORF plant, seine Studios am Rosenhügel bis spätestens 2014 zu verkaufen und in das bis dahin erweiterte Media Quarter zu verlegen.[5]

Aber auch in der näheren Umgebung von St. Marx finden sich innerstädtische Entwicklungsgebiete, wie die „Business-Stadt“ TownTown nordöstlich von St. Marx, oder die Aspanggründe im Westen. Aufgrund des zu erwartenden Anstiegs an Wohnungseinheiten und Arbeitsplätzen in der Gegend wird als eine Variante der südlichen Verlängerung der U-Bahnlinie U2 eine Streckenführung bis zum Kreuzungsbereich Rennweg und Landstraßer Hauptstraße mit einer Station nahe der Schnellbahn-Station St. Marx erwogen.[6]

Einzelnachweise

  1. orf.at - Rinderhalle St. Marx wird revitalisiert
  2. ORF Wien - Glasneubau für Biotechnologie-Forschung vom 3. September 2008
  3. diepresse.com - Grundsteinlegung für "Karree St. Marx" vom 4. Juli 2008
  4. Wirtschaftsblatt - St. Marx wird Drehscheibe für Medienunternehmen vom 18. September 2008
  5. Der Standard - ORF will Rosenhügel verkaufen vom 15. September 2008
  6. wien.at - Verlängerung der U2 Richtung Süden

Weblinks

48.19027777777816.4019444444447Koordinaten: 48° 11′ N, 16° 24′ O


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