St. Severin (Keitum)

St. Severin (Keitum)

Die Kirche St. Severin ist eine evangelisch-lutherische Kirche in Keitum auf Sylt. Sie erhielt ihren Namen nach Severin von Köln, einem Bischof aus dem 4. Jahrhundert. Die Kirche steht abseits des Ortes auf der höchsten Erhebung des Sylter Geestkerns. An dieser Stelle befand sich in vorchristlicher Zeit ein Odinheiligtum. 1240 ist die Kirche erstmals urkundlich erwähnt. Amtliche Untersuchungen der Denkmalpflege haben ergeben, dass die Errichtung des Dachstuhles der Kirche auf das Jahr 1216 datiert werden kann. Sie ist somit der älteste Sakralbau in Schleswig-Holstein[1]. Der heutige Turm wurde um das Jahr 1450 errichtet und diente bis 1603 als Seezeichen. Zeitweilig wurde er auch als Gefängnis genutzt.

St. Severin von Südosten gesehen

Inhaltsverzeichnis

Der Bau

Apsis mit Friesen und Lisenen

Das Kirchenschiff, der deutlich schmalere Chor und die halbrunde Apsis sind die ältesten Teile der Kirche. Sie stammen aus der romanischen Periode. Das Mauerwerk besteht im unteren Bereich aus Granitquadern, darüber wurde rheinischer Tuffstein und Backstein verwendet. Verschiedene Friese zieren die Wände: Treppenfriese befinden sich unmittelbar unter den Traufen von Schiff und Apsis. Darunter schließt sich beim Schiff ein Rautengitterfries an, bei der Apsis ein Doppelrundbogenfries. Die Apsis ist außerdem durch Lisenen gegliedert. Die Dächer der alten Gebäudeteile sind mit Blei gedeckt.

Die Baumaterialien und der Grundaufbau finden sich auch in der kleineren Nachbarkirche St. Martin in Morsum wieder.

Der später angefügte, spätgotische Turm setzt sich mit seinem roten Backstein und dem Ziegeldach deutlich von den älteren Bauteilen ab. Die lange Zeit zugemauerte Turmhalle wurde 1981 geöffnet und dient jetzt als Eingangshalle.

An der Südseite ist ein kleines, ebenfalls bleigedecktes Vorhaus angefügt, das als Kalfaster bezeichnet wird (lateinisch cale facere = warm machen). Es diente ursprünglich vermutlich als Aufwärmraum. 1979 wurde es zur Sakristei umgebaut.

Der Innenraum

Innenraum, Blick zum Altar,
links die Nordempore

Das Schiff hat zwei Emporen, die Westempore von 1699 und die Nordempore von 1724. Die Nordempore überragt die nördlichen unteren Bankreihen bis zum Mittelgang, während die südlichen Bankreihen frei stehen. Turmhalle, Schiff und Chor sind flach gedeckt, die Apsis weist ein Halbkuppelgewölbe auf.

Ausstattung

Der Taufstein

Der Taufstein ist das älteste Stück der Kirche. Entstehungszeit ist das 12./13. Jahrhundert,[2] die Kirchengemeinde gibt ungefähr das Jahr 1000 an.[3] Er besteht aus rheinischem Sandstein vermutlich aus der Bentheimer Region. Die zylindrische Kuppa ist mit einem Rankenornament versehen. Der quadratische Sockel zeigt vier Löwen.

Der Flügelaltar

In der Apsis befindet sich der dreiteilige Schnitzaltar. Er stammt aus der Zeit der Spätgotik um 1480 – möglicherweise aus der Schule des unbekannten Lübecker Imperialissima-Meisters.[4] Im Mittelschrein ist der Gnadenstuhl dargestellt: Gottvater präsentiert der Gemeinde den auferstandenen Christus. Die beiden Seitenfiguren sind Maria mit dem Kind und der Bischof St. Severin. Skulpturen der zwölf Apostel sind in den Seitenflügeln zu sehen. Die Predella zeigt ein barockes Gemälde des Abendmahls aus der Zeit um 1705.

Die Kanzel

Die Renaissancekanzel von 1580 kommt ursprünglich aus Mögeltondern. Sie wurde 1699 vom Pastorenehepaar Gruppius der Kirche geschenkt. In den Kanzelkorb wurden nachträglich Ecksäulen, Relieffiguren und Adelswappen eingefügt. Die Figuren stellen christliche Tugenden dar: Fides (Glaube), Temperantia (Mäßigung) und Justicia (Gerechtigkeit). Der Schalldeckel der Kanzel ist sechsseitig. In den Giebeln sind Kopfmedaillons zu sehen.

Decke mit Bemalung von Korwan

Gemälde und Plastiken

  • Die Ausmalung von Decke stammt von Franz Korwan (1865–1942).
  • An der Nordwand hängen außer dem Votivbild der Stifter von 1654 zwei barocke Gemälde, die Kreuzabnahme und die Grablegung Christi (17. Jahrhundert).
  • Die Statue von Johannes dem Täufer ist eine oberrheinische Arbeit aus dem 17. Jahrhundert.
  • Im Chorraum befindet sich eine Holzplastik aus dem 15. Jahrhundert, die den heiligen Antonius zeigt. Sie ist vermutlich spanischer Herkunft.

Die Orgel

Die neue Orgel ersetzt das Vorgängerinstrument von 1787. Sie wurde 1999 von der Firma Mühleisen in Leonberg erbaut. Sie ist mit 46 klingenden Registern die größte Kirchenorgel in Nordfriesland.

Die Kronleuchter

Die aus Messing bestehenden Leuchter wurden in den Niederlanden hergestellt und in den Jahren 1683, 1698 und 1700 von Kapitänen gestiftet.

Die Glocken

Die Keitumer Kirche verfügt über drei Glocken:

  • die gis′-Glocke (700 kg)
  • die fis′-Glocke (841 kg)
  • die h′-Glocke (381 kg)

Literatur

  • Kunst-Topographie Schleswig-Holstein. Wachholtz, Neumünster 1982, ISBN 3-529-02627-1.
  • DuMont Kunst-Reiseführer Schleswig-Holstein. DuMont, Köln 1989, ISBN 3-7701-0936-8.
  • Infoblatt zur Kirche von der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Keitum auf Sylt.

Weblinks

 Commons: St. Severin (Keitum) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. http://www.shz.de/nachrichten/lokales/sylter-rundschau/artikeldetails/article/789/st-severin-die-aelteste-kirche-im-land.html
  2. Kunst-Topographie Schleswig-Holstein. Wachholtz, Neumünster 1982, ISBN 3-529-02627-1
  3. Infoblatt zur Kirche von der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Keitum auf Sylt
  4. www.st-severin.de – Geschichte der Kirche Sankt Severin
54.9028.3637777777778

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