Stammzelltransplantation

Stammzelltransplantation

Unter Stammzelltransplantation (genauer hämatopoetische Stammzelltransplantation; HSZT) versteht man die Übertragung von Blutstammzellen von einem Spender zu einem Empfänger. Dabei kann es sich bei Spender und Empfänger um ein und dieselbe Person handeln (autologe Transplantation) oder um zwei verschiedene Personen (allogene Transplantation).

Im Rahmen von klinischen Studien wurden bereits andere, nicht blutbildende Stammzellen übertragen, etwa mesenchymale Stammzellen. Diese Transplantationen sind jedoch derzeit noch nicht von praktischer Bedeutung für die Medizin (siehe hierzu Regenerative Medizin, Stammzelltherapie etc.). Im Folgenden ist daher nur von der Transplantation von Blutstammzellen die Rede.

Inhaltsverzeichnis

Indikation für eine Stammzelltransplantation

Eine autologe Transplantation kann notwendig werden, wenn z. B. aufgrund einer Krebserkrankung eine Chemotherapie und/oder Bestrahlung notwendig wird. Da diese aber das eigene blutbildende System schwer schädigen können, werden dem Patienten vor Beginn der Behandlung gesunde Stammzellen entnommen, die ihm nach der myeloablativen (Knochenmark eliminierenden) Therapie wieder zurückgegeben werden. Die Knochenmarksfunktion kann somit schneller wiederhergestellt werden. Die in den 1970er Jahren eingeführte autologe Stammzelltransplantation machte eine Hochdosis-Chemotherapie, z. B. beim Neuroblastom, erst möglich und erhöhte somit wesentlich die Heilungschancen insbesondere bei kindlichen malignen Tumoren. Eine weitere Anwendung ist die Entnahme von erkrankten Stammzellen zur Behandlung außerhalb des Körpers des Patienten.

Allogene Stammzelltransplantationen werden vor allem bei den verschiedenen Formen der Leukämie eingesetzt, wenn andere Behandlungsmethoden nicht zum Erfolg geführt haben, aber auch bei verschiedenen anderen Erkrankungen wie z. B. malignen Lymphomen. Oftmals ist eine Transplantation für den Patienten die einzige Möglichkeit für eine vollständige Heilung. Beim Hodgkin-Lymphom hingegen ist ein Nutzen der allogenen Stammzelltransplantation nicht belegt.[1]

Die ersten erfolgreichen allogenen Stammzelltransplantationen wurden 1968 an Patienten mit den erblichen Immunschwächekrankheiten X-SCID und Wiskott-Aldrich-Syndrom durchgeführt.

Voraussetzungen für eine erfolgreiche Transplantation

Wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche (allogene) Transplantation ist die Verfügbarkeit eines kompatiblen Spenders. Hierzu werden bestimmte Gewebemerkmale, die so genannten HLA-Typen, untersucht. Da die Gewebemerkmale durch ihre Vielfalt millionenfache Kombinationen ermöglichen, gestaltet sich die Suche nach dem passenden Spender als überaus schwierig. Je genauer Spender und Empfänger in ihren HLA-Merkmalen übereinstimmen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Transplantation. Umgekehrt sinkt mit jeder Unstimmigkeit in den HLA-Merkmalen, den so genannten HLA-Mismatches, die Chance auf ein erfolgreiches Anwachsen der transplantierten Zellen und das Risiko für den Patienten steigt. Beispielsweise erhöht sich bei nicht komplett passenden Merkmalen die Wahrscheinlichkeit, an einer so genannten Graft-versus-Host (GvH)-Reaktion zu erkranken, einer Abstoßungsreaktion, bei der die transplantierten Immunzellen des Spenders die Organe des Patienten als fremd erkennen und bekämpfen. Die Auswirkungen einer GvH können zwar meist mit Medikamenten kontrolliert werden, sodass Empfänger leichtes (teils chronisches) Unbehangen spüren können, schwerere GvH-Verläufe können allerdings auch Organschäden hervorrufen oder zum Tod des Empfängers führen.

Entgegen der landläufigen Meinung spielt bei der Spendersuche die (AB0)-Blutgruppe nicht immer eine Rolle - Spender und Empfänger können unter bestimmten Voraussetzungen auch unterschiedliche Blutgruppen besitzen. Da beim Empfänger vor der Transplantation das gesamte erkrankte blutbildende System zerstört und durch die Stammzellen des Spenders "neu aufgesetzt" wird, hat der Empfänger nach einer erfolgreich verlaufenen Transplantation immer die Blutgruppe des Spenders - auch wenn er vorher eine andere hatte.

Meistens kommen enge Verwandte (Geschwister) am ehesten als Spender in Frage. Für eine Vielzahl von Patienten steht jedoch kein passender Familienspender zur Verfügung - für diesen Fall gibt es seit einigen Jahren entsprechende Datenbanken, in denen die HLA-Merkmale vieler Millionen freiwilliger Spender gespeichert sind. Trotzdem dauert die Suche nach einem passenden Fremdspender meist einige Monate.

Spendersuche und Spenderregister

Nur etwa 30 % aller Patienten, die eine Stammzellspende von einer anderen Person benötigen, finden einen geeigneten Spender im eigenen Verwandtenkreis. Die übrigen sind auf einen Fremdspender angewiesen. Für die Vermittlung solcher Spender haben sich weltweit zahlreiche Organisationen gegründet, die eine Knochenmarkspenderdatei betreiben.

Interessierte Spender können sich bei einer dieser Organisationen (Weblinks siehe unten) typisieren lassen, am einfachsten bei einer vor Ort durchgeführten Typisierungsaktion. Dabei wird eine kleine Blutprobe (etwa 2-20 ml, das entspricht maximal etwa zwei Esslöffeln) oder eine Speichelprobe entnommen und mit deren Hilfe im Labor die wichtigsten Gewebemerkmale bestimmt (die Speichelprobe kann über den Versandweg bequem von zu Hause aus durchgeführt werden). Diese werden zusammen mit dem Namen und der Anschrift des potentiellen Spenders bei der jeweiligen Organisation gespeichert. Die persönlichen Daten dienen nur dazu, später mit dem Spender Kontakt aufnehmen zu können. In die nationalen und internationalen Datenbanken gelangen alle Informationen nur in anonymisierter Form unter einer Spenderkennziffer. Mit der Aufnahme in ein Spenderregister verpflichtet sich aber noch niemand, später tatsächlich zu spenden.

Bisher sind in Deutschland rund 4,1 Millionen Spendewillige registriert und HLA-typisiert (Stand: 16. Januar 2011), weltweit sind es insgesamt 15,3 Millionen (Stand: 18. Dezember 2010)[2].

Benötigt ein Patient eine Fremdspende, so richten sich die behandelnden Ärzte an sogenannte Suchzentren, die meist großen Transplantationskliniken oder Spenderdateien angegliedert sind, um eine Spendersuche einzuleiten. Diese suchen in den internationalen Datenbanken nach geeigneten Spendern. Ziel ist es, einen möglichst HLA-kompatiblen Spender zu finden. Allerdings spielen auch andere Faktoren, wie zum Beispiel Alter, Gewicht und Geschlecht der potentiellen Spender eine Rolle, da die verfügbare Anzahl von für eine eventuelle Transplantation benötigten Stammzellen auch von diesen Faktoren beeinflusst wird. In Frage kommende Spender werden dann über ihre Spenderdateien gebeten, sich noch einmal Blut abnehmen zu lassen, damit die Verträglichkeit mit dem Patienten genauer bestimmt werden kann (Fein- oder High Resolution- Typisierung).

Mit Hilfe internationaler Spenderegister ist es heute möglich, für etwa 70 % der Bedürftigen, die keinen geeigneten Spender bereits in der Familie haben, diesen „genetischen Zwilling“ zu finden.

Allerdings wirkt es sich für die Spendersuche negativ aus, dass einige Spender bei einem Umzug ihre Spenderdateien nicht informieren und sie (z. B. aufgrund des Fehlens von Meldegesetzen, wie etwa in den USA) nicht mehr aufgefunden werden können. Es ist bereits vorgekommen, dass trotz sehr seltener Gewebemerkmale bereits ein geeigneter Spender in den Datenbanken vorhanden war, aber aufgrund eines Umzugs nicht mehr ausfindig gemacht werden konnte.

Ist schließlich ein passender Spender gefunden, so werden dessen Gewebemerkmale noch einmal getestet (sog. Bestätigungstest oder Confirmatory Typing) als auch mittels eines medizinischen Fragebogens sowie virologischen Untersuchungen die Spendefähigkeit beurteilt. Dies geschieht, um alle Risikofaktoren ausschließen zu können, die später den Spender oder den Empfänger gefährden könnten. Die Spenderdateien sind verpflichtet, den Spender über auffällige Befunde (z. B. positive Befunde für Hepatitis- oder HIV-Marker oder seltene Blutmerkmale) zu informieren.[3]

Bis zum Beginn der Vorbehandlung des Patienten (siehe unten) kann der Spender jederzeit noch von der Spende zurücktreten. Nach Möglichkeit sollte dies zu einem so späten Zeitpunkt jedoch vermieden werden, da bis dahin bereits viel Zeit und Geld in die Spendersuche investiert worden ist. Ein Zurücktreten kurz vor der eigentlichen Spende (das heißt, wenn der Patient bereits vorbehandelt wird) führt in den meisten Fällen zum Tod des Patienten, da die Vorbehandlung oftmals mit erheblichen Komplikationen einhergeht, die der Körper dann nur selten ohne das Transplantat bewältigen kann.

Grundsätzlich bekommen Spender ab dem Zeitpunkt, an dem sie um einen erneuten Bluttest gebeten werden, alle notwendigen Auslagen erstattet. Dies schließt die Fahrtkosten zu Voruntersuchungen und zur Spende selbst sowie den Verdienstausfall für diese Tage mit ein. Bei Arbeitnehmern wird üblicherweise der Lohn weitergezahlt und der Arbeitgeber kann dann der jeweiligen Spenderdatei diesen Betrag in Rechnung stellen. Zudem werden für die Spender von den meisten Dateien Versicherungen abgeschlossen, die Zwischenfälle bei den Voruntersuchungen und der eigentlichen Entnahme sowie Unfälle bei Fahrten zu diesen Terminen abdecken.

Während des gesamten Spendevorgangs erfahren weder der Empfänger bzw. seine Ärzte die Identität des Spenders, noch weiß der Spender, wer der Patient ist (dies gilt natürlich nicht für Spenden unter Familienangehörigen). Etwa sechs bis acht Wochen nach der Transplantation kann der Spender sich über seine Spenderdatei über den Gesundheitszustand des Empfängers informieren. Da das Transplantat eine Zeit braucht, um anzuwachsen, kann man vorher keine sicheren Auskünfte geben. Aber auch nach dieser Zeitspanne sind endgültige Aussagen schwierig, da selbst nach gelungener Transplantation Rückfälle der Erkrankungen auftreten können. Ist aber alles gut gegangen, ist in vielen Fällen auch Kontakt mit dem Patienten bzw. dem Spender möglich. Abhängig von den Richtlinien des jeweiligen Spender- bzw. Patientenregisters, können sich der Spender und sein Empfänger nach einer gewissen Zeit entweder anonyme Briefe über die Spenderdatei bzw. das Transplantationszentrum schicken oder nach einer gewissen Zeit auch persönlich kennenlernen, wenn beide dies wünschen. Bei deutschen Patienten beträgt die Zeit zwischen letzter Transplantation und persönlichem Kennenlernen zwei Jahre. Es gibt aber auch Länder, in denen ein solches Kennenlernen grundsätzlich nicht möglich ist.

Methoden der Stammzellgewinnung

Grundsätzlich gibt es derzeit zwei Methoden der Stammzellgewinnung, nämlich die klassische Knochenmarksentnahme und die inzwischen üblichere Periphere Blutstammzellspende. Mit beiden Methoden erreicht man qualitativ gleichwertige Ergebnisse. Es steht dem Spender daher grundsätzlich frei, für welche der beiden Möglichkeiten er sich bereit erklärt.

Daneben besteht mit gewissen Einschränkungen auch die Möglichkeit, Stammzellen aus Nabelschnurblut zu gewinnen.

Die Entnahme des Transplantats muss nicht zwangsläufig in der Klinik stattfinden, in der der Patient behandelt wird; vielmehr wird von den Spenderdateien versucht, eine Entnahme in der Nähe des Wohnortes des Spenders zu organisieren, damit dieser keine weite Reise zu unternehmen braucht. Das Transplantat wird dann am gleichen Tag von einem Kurier (meist der behandelnde Arzt des Patienten oder ein Mitarbeiter der Klinik) zum Patienten gebracht.

Knochenmarkspende

Knochenmarkspunktion (Entnahme von Knochenmark)
Knochenmarktransplantat (ausreichend für einen 4-Jährigen Empfänger)

Die klassische Methode der Stammzelltransplantation ist die Übertragung von rotem Knochenmark. Dem Spender wird dabei in der Regel aus dem Beckenkamm durch eine spezielle Nadel etwa 1 Liter Knochenmark-Blut-Gemisch entnommen. Die Stammzellen werden hieraus isoliert und ggf. weiter aufgereinigt und dem Empfänger später transfundiert.

Die Prozedur der Entnahme erfolgt unter Vollnarkose und dauert inklusive Ein- und Ausleitung der Narkose etwa 1 bis 1½ Stunden. Obwohl auch ambulante Entnahmen möglich sind, wird der Spender meist am Vorabend der Entnahme stationär aufgenommen und am Tag nach der Entnahme wieder entlassen, um noch eine Kontrollnacht nach Narkose und Entnahme zu haben. Das entnommene Knochenmark regeneriert sich beim Spender innerhalb von etwa zwei Wochen; oft werden zur Unterstützung der Blutbildung Eisentabletten mit nach Hause gegeben.

Häufig wird der Begriff Knochenmark mit Rückenmark verwechselt. Dies ist jedoch falsch; bei einer Knochenmarkentnahme wird kein Eingriff an der Wirbelsäule vorgenommen, da die benötigten Zellen zumindest direkt im Rückenmark gar nicht vorhanden sind. Einschränkungen der Empfindungsfähigkeit oder gar eine Querschnittlähmung sind daher grundsätzlich nicht zu befürchten.

Die möglichen Nebenwirkungen für den Spender beschränken sich in der Regel auf leichte Schmerzen und Bewegungseinschränkungen (ähnlich einem Muskelkater) sowie Hämatome im Bereich der Einstichstellen, die jedoch nach einigen Tagen wieder verschwinden. Durch die notwendige Vollnarkose kann es unter Umständen auch zu vorübergehender Übelkeit o. ä. kommen. Das Risiko, dass es durch die Narkose oder durch das Punktieren des Knochenmarkraumes zu ernsten Komplikationen kommt, liegt etwa bei 1:20.000.

Periphere Blutstammzellspende

Hauptartikel: Stammzellapherese

Inzwischen wurde die klassische Knochenmarkspende von der Peripheren Blutstammzellspende weitgehend abgelöst. Dabei wird dem Spender etwa eine Woche lang das Hormon G-CSF gespritzt, welches bewirkt, dass Stammzellen aus dem Knochenmark ins Blut übergehen. Dort können sie dann mittels Stammzellapherese herausgefiltert werden (genauere Beschreibung siehe dort).

Als Nebenwirkungen treten beim Spender oft mehr oder weniger stark ausgeprägte grippeähnliche Symptome auf, die durch das verabreichte Medikament verursacht werden und nach dessen Absetzung schnell wieder verschwinden. Durch die gleichzeitige Gabe z. B. von Paracetamol können aber auch diese Symptome stark gelindert werden.

Nabelschnurblutspende

Eine besondere Form der Stammzelltransplantation ist die Verwendung von Nabelschnurblut. Direkt nach der Geburt wird aus der abgeklemmten Nabelschnur das dort befindliche Blut abgesaugt (es würde sonst weggeworfen) und im Labor die Stammzellen extrahiert. Die so gewonnenen Stammzellen sind besonders gut verträglich, stehen aber naturgemäß nur in geringerer Menge zur Verfügung. Eltern können Nabelschnurblut ihrer Kinder spenden oder kostenpflichtig zum eigenen Gebrauch einfrieren lassen.

Ablauf der Transplantation beim Empfänger

Grundsätzlich werden die gewonnenen Stammzellen dem Patienten intravenös übertragen. Dazu muss jedoch zunächst das eigene, kranke Knochenmark mit Bestrahlungen und/oder Chemotherapie zerstört werden. Diese Phase der Vorbereitung wird als Konditionierung bezeichnet. Je gründlicher dies geschieht, desto schwerer sind die Nebenwirkungen, aber desto geringer ist die Gefahr eines Rückfalls. Die Entscheidung über die Intensität der Vorbehandlung treffen die behandelnden Ärzte. Die verbleibenden Reste des alten Knochenmarks werden dann vom neuen Immunsystem, das vom Spender stammt, zerstört. Aus diesem Grund sind eineiige Zwillingsgeschwister nicht unbedingt die idealen Spender: zwar ist hier die Verträglichkeit der übertragenen Stammzellen besonders gut, aber möglicherweise werden die Reste des kranken Knochenmarks nicht vollständig beseitigt. Gleiches gilt für autologe Transplantationen.

Die eigentliche Transplantation ist unaufwändig: das Transplantat wird direkt aus dem Beutel (s. Bild) über einen Venenkatheter in den Blutkreislauf des Empfängers übertragen. Das neue Knochenmark findet selbst den Weg in den Knochen und fängt nach ca. zehn Tagen mit der Produktion der Blutzellen an.

Nach der Transplantation ist der Patient erhöhter Ansteckungsgefahr ausgesetzt. Dies liegt zum einen an der notwendigen Immunsuppression und zum anderen daran, dass zwar das Immunsystem des Spenders in den neuen Körper übertragen wird, aber nicht die Informationen über bereits durchgestandene Krankheiten. Das Immunsystem des Patienten entspricht quasi wieder demjenigen eines Säuglings, und tatsächlich erkranken viele Stammzellempfänger in der Folge an typischen Kinderkrankheiten, auch wenn sie diese schon einmal hatten. Erst nach einigen Jahren entsprechen die Abwehrkräfte wieder denjenigen eines gesunden Erwachsenen.

Stammzelltransplantation mit reduzierter Konditionierung

Bei der klassischen allogenen SZT werden während der Konditionierung mehrere Medikamente in hoher Dosierung, in der Regel kombiniert mit einer Ganzkörperbestrahlung, eingesetzt, um sämtliche leukämische bzw. bösartige Zellen auszurotten und das Immunsystem zu unterdrücken. Verbunden damit ist eine Zerstörung des Knochenmarks. Deshalb bezeichnet man diese Art der SZT auch als myeloablativ (knochenmarkzerstörend).

Die Stammzelltransplantation mit reduzierter Konditionierungsintensität (RIC) zielt dagegen im Wesentlichen nur auf eine Immunsuppression mit entsprechenden Immunsuppressiva, um das Immunsystem vor der Transplantation auszuschalten, damit das Risiko des Nichtanwachsens bzw. einer Abstoßung der transplantierten Spenderstammzellen möglichst klein gehalten wird. Diese Art der Transplantation ist nicht so aggressiv. Nach dem Anwachsen der Spenderstammzellen sollen diese dann in der Lage sein, noch vorhandene leukämische Zellen mit Hilfe einer immunologischen Reaktion, der sogenannten Transplantat-Gegen-Leukämie-Reaktion, zu zerstören. Der Vorteil der RIC-SZT liegt darin, dass damit auch älterer Patienten bzw. Patienten mit einer fortgeschrittenen oder schwer heilbaren leukämischen Erkrankung geheilt werden können. Da dieses Verfahren noch relativ jung ist, kann zur Zeit der Stellenwert dieser Art der Übertragung im Vergleich zur klassischen Stammzelltransplantation noch nicht genau erfasst werden. Lebensbedrohliche Komplikationen, wie bei der klassischen SZT, treten allerdings oftmals in gleicher Intensität auf. Dies sind insbesondere schwere Infektionen und die Transplantat-Gegen-Wirt-Reaktion (GvHD), die relativ spät nach der Transplantation auftreten und sich außerdem chronisch entwickeln kann.

In einer Studie des Fred Hutchinson Krebszentrums in Seattle (USA) wurde 2011 das Therapieergebnis bei älteren Patienten mit fortgeschrittenen hämatologischen Krebserkrankungen untersucht, die eine allogene Stammzelltransplantation mit reduzierter Konditionierung erhielten. Von 1998 bis 2008 wurden 372 Patienten im Alter von 60-75 Jahren (Durchschnittsalter 64 Jahre) aus 18 Kliniken erfasst. Die Fünfjahresüberlebensrate lag etwa bei einem Drittel der Patienten. Krankheitsfortschritt oder Rückfall war bei 135 Patienten (36 %) die häufigste Todesursache. 104 Patienten (28 %) verstarben an anderen Ursachen, wie Infektionen, Spender-gegen-Wirt-Reaktion (GvHD) und Multiorganversagen. [4]

Forschung mit Breitenwirkung

Die Stammzellforschung in Deutschland zielt auch darauf ab, Transplantationen bei älteren Krebspatienten zu verbessern. So finanzierte 2011 die Deutsche Krebshilfe sieben Forschungsprojekte eines Schwerpunktprogramms mit 3,2 Millionen Euro Spendengelder der Bürger, damit die Therapie von Krebs-Patienten im höheren Lebensalter effektiver wird.

Wissenschaftler am Universitätsklinikum Freiburg erhielten von der Deutschen Krebshilfe 165.000 Euro für die aktuelle Entwicklung eines Leitfadens, der Ärzten dabei helfen soll, die möglichen Risiken einer Stammzelltransplantation bei älteren Krebs-Patienten besser einschätzen zu können. [5] Mit dem Ziel, diese Entscheidung zu standardisieren, untersuchen Wissenschaftler unter der Leitung von Dr. Barbara Deschler, [6], in einer Studie den Nutzen eines so genannten Geriatrischen Assessments (Pflegeassessment).So soll zukünftig eine individuell auf den jeweiligen Patienten zugeschnittene Behandlung ermöglicht werden.

siehe auch

Literatur

Weblinks

Quellen und weitere Informationen zur Stammzellspende und -transplantation:

Einzelnachweise

  1. Deutsches Ärzteblatt, 28.September 2010: Nutzen der allogenen Stammzelltransplantation bei Hodgkin nicht belegt
  2. aktuelle Spenderzahlen ZKRD
  3. Deutsche Standards für die nichtverwandte Blutstammzellspende, hier Absatz 3.3(.9)
  4. newswise 1. November 2011
  5. Projektnummer108467 Deutsche Krebshilfe, 27. Juli 2011
  6. Universitätsklinikum Freiburg, Abteilung Hämatologie-Onkologie, 2011
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