Stanislaus von Znaim

Stanislaus von Znaim

Stanislaus von Znaim (tschechisch Stanislav ze Znojma, lateinisch Stanislaus de Znoyma; * um 1360 in Znaim; † 1414 Neuhaus) war ein böhmischer Theologe und Philosoph sowie Lehrer von Jan Hus, von dem er sich später distanzierte. 1404/05 war er Rektor der Karlsuniversität. Zudem verfasste er zahlreiche theologische und philosophische Schriften.

Leben

Stanislaus studierte ab 1382 ein Jahr in Wien und anschließend an der Karlsuniversität in Prag. 1385 erwarb er den akademischen Grad eines Baccalaureus, drei Jahre später wurde er Magister der freien Künste. Anschließend lehrte er an der Artistenfakultät, an der er von 1395 bis 1396 das Amt des Dekans bekleidete. Bereits 1392 begann er mit dem Studium der Theologie und ab dem Studienjahr 1404/05 wirkte er als Theologieprofessor. Im selben Jahr wurde er zum Rektor gewählt. Zu seinen Schülern gehörten Jan Hus und Stephan von Paleč

Bereits in den 1390er Jahren setzte sich Stanislaus mit der Lehre des englischen Theologen John Wyclif auseinander, zu dessen Anhängern er zunächst gehörte. 1394 verfasste er den Traktat „De universalibus“, der bis in das 20. Jahrhundert für ein Werk Wyclifs gehalten wurde. In dem als „De corpore Christi“ betitelten Traktat aus dem Jahre 1404 behandelte er die Wyclifsche Remanenzlehre, die im Gegensatz zur katholischen Transsubstantiationslehre den Standpunkt vertritt, dass Brot und Wein im Altarsakrament verbleiben und sich nicht substantiell in Leib und Blut Christi verwandeln. 1405 wurde er deshalb der Häresie beschuldigt, und – obwohl er seinen Standpunkt unter Druck widerrufen hatte – von Papst Gregor XII. zur Kurie zitiert. Auf dem Weg dorthin wurde er von seinem Freund Stephan von Paleč begleitet, der ebenfalls ein Anhänger Wyclifs war. In Bologna wurden sie jedoch eingekerkert und erst nach einigen Monaten freigelassen. Im Sommer 1409 kehrten beide Prag zurück. Nachfolgend wandten sie sich von der Lehre Wyclifs sowie von der böhmischen Reformtheologie ab. 1412 veröffentlichte Stanislaus die Schrift „Tractatus contra quinque articulos Wikleff“, mit der er dessen Lehre widerlegen wollte. Trotzdem fiel er 1413 bei König Wenzel in Ungnade, weshalb er Prag verlassen musste und nach Mähren ging. 1414 begab er sich zum Konzil von Konstanz, wo er seinen gegen Jan Hus vertretenen Standpunkt erläutern wollte, den er mit der polemischen Schrift Tractatus contra XLV articulos J. Wicleff belegen wollte. Auf dem Weg nach Konstanz starb er im Oktober im südböhmischen Neuhaus.

Neben theologischen und philosophischen Werken verfasste Stanislaus zahlreiche weitere Schriften sowie Predigtsammlungen.

Werke (Auswahl)

  • Theologie:
    • De universalibus (1394)
    • De universalibus realibus (auch Posicio de universalibus)
    • De corpore Christe (1404)
    • Tractatus contra quinque articulos Wikleff
    • Tractatus contra XLV articulos J. Wicleff
    • De ecclesia Romana
    • Alma et venerabilis
    • Tractatus de ecclesia
  • Philosophie:
    • Tractatus de felicitate
    • Tractatus de vero et falso
    • De gracia et peccato
    • De Sancta Trinitate

Literatur

  • Jana Nechutová: Die lateinische Literatur des Mittelalters in Böhmen. Böhlau Verlag, Köln 2007, ISBN 978-3-412-20070-1, S. 277–280.
  • Jan Sedlák: Eucharistické traktáty Stanislava ze Znojma Brünn 1906
  • Pavel Spunar: Stanislaus de Znoyma. In: Slovník latinských spisovatelů, Prag 1984, Seite 575-576.
  • Stanislav Sousedík: Stanislaus von Znaim († 1414). Eine Lebensskizze. In: Mediaevalia philosophica Polonorum Bd. 17 (1973) S. 37–56

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Stanislaus — ist ein männlicher Vorname slawischen Ursprungs. Zusammensetzung aus dem altslawischen Stani, für Festigkeit/Härte und Slawa, für Ehre/Ruhm. Inhaltsverzeichnis 1 Namensvarianten 2 Namensträger 2.1 Heilige 2.2 …   Deutsch Wikipedia

  • Johann von Gaßnitz — Jan z Jesenice (deutsch Johann von Gaßnitz) († um 1420 in Südböhmen) war tschechischer Rechtsanwalt, Priester und Freund von Jan Hus. 1397 wurde er Bachelor und 1408 Meister der freien Künste. Die Prüfung zum Bachelor der Rechte legte er 1407 ab …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Grabstätten europäischer Monarchen — Diese Liste enthält eine Übersicht über die Grabstätten europäischer Kaiser, Könige und Regenten und deren Gemahlinnen sowie bedeutender Thronfolger seit dem Mittelalter. Die einzelnen Tabellen beginnen entweder mit der Ausrufung zum Königreich… …   Deutsch Wikipedia

  • Kaiserliches Kürassierregiment K 14 von 1672/2 — Helm eines Dragoneroffiziers Der Verband war 1672 als Caraffa Cürassiere für die kaiserlich habsburgische Armee errichtet worden. Aus diesem entwickelte sich im Laufe der Zeit bis hin zur k.u.k. Armee innerhalb der Österreichisch Ungarischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Medailleuren — In dieser Liste sollen alle Medailleure gesammelt werden. Diese Liste umfasst neben hauptberuflichen Medailleuren auch Künstler, in deren Gesamtwerk Medaillen ein Teilgebiet ihres Schaffens darstellen und Autodidakten, wenn ihre Arbeiten… …   Deutsch Wikipedia

  • Stanislav ze Znojma — (auch Stanislaus de Znoyma, deutsch Stanislaus von Znaim) (* etwa 1360 Znaim; † 1414 Neuhaus) war böhmischer Theologe und Philosoph. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Person 3 Werke 3.1 Traktate …   Deutsch Wikipedia

  • Znojma — Stanislav ze Znojma (auch Stanislaus de Znoyma, deutsch Stanislaus von Znaim) (* etwa 1360 Znaim; † 1414 Neuhaus) war böhmischer Theologe und Philosoph. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Person 3 Werke 3.1 Traktate …   Deutsch Wikipedia

  • Znojmo — Znojmo …   Deutsch Wikipedia

  • Hus — (besser als Huß), Johann, böhm. Reformator, geb. wahrscheinlich 1369 in Husinetz (wonach er sich zuerst Johannes de Husinetz, später H. nannte), gest. 6. Juli 1415 in Konstanz, war Sohn armer Bauern, studierte in Prag Theologie, erlangte 1393 das …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Liste der Rektoren der Karls-Universität Prag — Der folgende Artikel gibt eine Übersicht der Rektoren der spätmittelalterlichen Universität Prag und ihrer Nachfolger: Inhaltsverzeichnis 1 1348 bis 1372 (Karls Universität) 2 1372 bis 1419 2.1 Universität mit drei Fakultäten …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”