Steinfischerei

Steinfischerei

Als Steinfischerei oder Steinzangerei (zuweilen auch: Steintaucherei, wenn dabei ein Tauchgerät zur Verwendung gelangt) wird die erwerbsmäßige Bergung von Findlingen und größeren Steinen aus Gewässern bezeichnet. Die Steine dienen als Baumaterial, insbesondere für Molen, Straßen und Fundamente.

Das Gewerbe ist weltweit verbreitet, jedoch lokal oder zumindest regional begrenzt. Voraussetzung ist einerseits, dass an Land nahe gelegene Steinbrüche fehlen, andererseits, dass Steine entsprechender Größe in erreichbarer Tiefe in so großer Menge lagern, dass es sich lohnt, sie abzubauen. Vorzugsweise kamen hierfür größere Blöcke mit einem Gewicht von einigen hundert bis zu 5.000 kg in Frage.

Inhaltsverzeichnis

Steinfischerei in der Ostsee

Ein Zentrum der maritimen Steinfischerei in Europa war die Ostsee, in der aus den Eiszeiten große Mengen verwertbarer Steine lagern. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts hat man die Vorkommen zunächst küstennah abgebaut. Aus Gründen des Küstenschutzes (siehe unten) ging man später dazu über, Steinfelder in größeren Tiefen (in der Regel 6 bis 20 Meter) abzutragen. Zentren der Steinfischerei in der Ostsee waren beispielsweise die Gewässer vor Fehmarn und Eckernförde oder die Hohwachter Bucht. Auch in Mecklenburg-Vorpommern und Dänemark hatte das Gewerbe Bedeutung.

Zur Bergung der Steine positionierte sich ein Schiff über der Fundstelle. Ein Helmtaucher stieg zum Meeresgrund ab und legte um passende Steine eine etwa mannsgroße Zange, die mit einem Ladebaum herabgelassen worden war. Anschließend wurde der Stein in den Laderaum des Schiffs gehievt. Dann nahm der Taucher am Grund die Zange wieder in Empfang und der Vorgang wurde wiederholt.

Die Arbeit des Tauchers war dabei ausgesprochen gefährlich, da er sich während des Hebevorgangs unter der schwebenden Last befand. Immer wieder kam es daher vor, dass ein Findling aus der Steinzange rutschte und beim Herabfallen den Taucher verletzte oder gar erschlug. Auch beim Greifen des Steins mit der Zange konnte dieser ins Rutschen kommen und den Taucher gefährden. Für das Schiff bestand Gefahr des Sinkens dadurch, dass aus der Zange rutschende oder zu früh freigegebene Steine den Boden des Laderaums durchschlugen.

Bis in die 1950er Jahre war die Steinfischerei ein recht blühendes Gewerbe. Mit zunehmender Ausbeutung der Vorkommen und zusehends kleiner werdender Gewinnspanne gerieten die Steinfischer bald unter die Rentabilitätsgrenze. Mitte der 1970er Jahre wurde die Steinfischerei in Schleswig-Holstein aufgegeben. In Dänemark wird sie noch praktiziert, ohne jedoch auch nur im Ansatz an ihre frühere wirtschaftliche Bedeutung heranzukommen.

Daher kann der Beruf des Steinfischers in Mitteleuropa als so gut wie ausgestorben gelten.

Die Mole von Schilksee und das Marineehrenmal in Laboe wurden unter anderem mit gefischten Steinen errichtet.

Umweltauswirkungen der Steinfischerei am Beispiel der Ostsee

Sperrbaken für Steinfischerei von See aus gem. Polizeiverordnung vom 25. Juni 1890

Die Steinfelder in der Ostsee waren als wichtige Biotope Heimstatt einer vielfältigen maritimen Flora und Fauna. Insbesondere dienten die Steine als Untergrund für Algen, die wiederum Lebensraum für andere Arten waren. Das großflächige Abernten der Felder verursachte langfristig Störungen in diesem ökologischen Gleichgewicht, da sie neben den unmittelbar durch den Bergungsvorgang entstehenden Schaden nur Sandflächen hinterließen, auf denen die Algen nicht haften bleiben. Daher wurde vereinzelt durch Anlegung künstlicher Riffe damit begonnen, diese Schäden wieder auszugleichen. In Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie wird angestrebt, die Bemühungen zu vereinheitlichen und aufeinander abzustimmen.

Die ökologischen Auswirkungen wurden erst relativ spät erkannt und führten 1976 zum Verbot der Steinfischerei vor den Küsten Schleswig-Holsteins.

Erheblich früher wurde klar, dass mit den unmittelbar am Küstensaum gelegenen Steinfeldern natürliche Wellenbrecher entfernt worden waren, wodurch das dahinter liegende Land der Abtragung durch die Brandung stärker ausgesetzt war. Daher wurden die Ufersäume bereits Ende des 19. Jahrhunderts für die Steinfischerei weitestgehend gesperrt (so in Schleswig-Holstein durch Polizeiverordnung vom 26. August 1873). Ihre Ausübung in größeren Tiefen wurde bald unter den Vorbehalt einer Konzession gestellt (so in Schleswig-Holstein durch Polizeiverordnung vom 25. Juni 1890).

Für die Bereiche, innerhalb derer besondere Gefahr für die Küste bestand, wurden eigens Schutzbereiche festgelegt, die durch entsprechende Sperrbaken von See aus erkennbar markiert waren.

Steinfischerei in Flüssen

Durch die Strömung bilden sich in Flussbetten Kieselsteine. Die Ernte größerer Brocken war daher früher auch hier von Interesse. Jedoch kamen Taucher hier in der Regel nicht zum Einsatz; vielmehr wurde zumeist die Watzone von Hand abgeerntet.

Literatur


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