Stereoanlage

Stereoanlage
Notwendiger Bestandteil sind die Lautsprecher
Toplader von Braun (1964/65)
Stereokombination RR 126 (Italien, 1966)
Vision 2000 (Deutschland, 1971) Design Thilo Oerke

Stereoanlage, Hi-Fi-Anlage oder schlicht Anlage bezeichnet Geräte zur Musikbeschallung in Wohnungen oder Partyräumen. Für größere Veranstaltungen verwendet man Beschallungsanlagen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Vorläufer der Stereoanlagen waren die Musiktruhen der 1950er Jahre, worunter Gerätekombinationen aus Plattenspieler, Radio und gegebenenfalls auch Heimtonbandgerät und Fernsehempfänger in einem gemeinsamen Gehäuse verstanden wurden, in der Regel jedoch nur mit monophonem Ton. Stereophone Schallplatten wurden seit 1958 verkauft, der Rundfunk strahlt in der Bundesrepublik seit 1963 stereophone Sendungen aus. Seit derselben Zeit sind auch stereofähige Plattenspieler, Rundfunkempfänger und Tonbandgeräte erhältlich. Von Stereoanlagen im modernen Sinne (Einzel- oder Kombigeräte mit getrennt aufstellbaren Lautsprechern) kann man ab der ersten Hälfte der 1960er Jahre sprechen. In den späten 1960er und den 1970er Jahren waren Kompaktanlagen in Form von Topladern sehr verbreitet. Sie wurden von oben bedient, waren flach und breit, hatten eine Abdeckhaube aus Plexiglas und oft einen Standfuß. In der Regel beinhalteten sie Plattenspieler, Rundfunkempfänger und Verstärker, oft auch ein Kassettendeck. Ab den 1980er Jahren wurden sie durch HiFi-Türme aus Einzelkomponenten abgelöst.

In den 1970er kamen Quadrofonie-Anlagen mit 4 Kanälen auf, die sich jedoch letztendlich nicht durchsetzen konnten.

Bis in die 1980er Jahre waren Stereoanlagen technischbedingt so groß, dass sie gleichzeitig auch eigene (manchmal dekorative) Möbelstücke waren. Sie waren außerdem vergleichsweise teuer, so dass die eigene Stereoanlage eine der ersten großen Anschaffungen im Leben vieler Teenager war und ein Statussymbol darstellte. Bis in diese Zeit bestand eine typische Anlage aus einem Plattenspieler, einem UKW-Rundfunkempfänger, einem Verstärker, einem Kassettendeck (seltener: Tonbandgerät) und einem Paar Lautsprecher. CD-Spieler sind seit Mitte der 1980er Jahre allgemein verbreitet. Seit Videorekorder und Fernsehgeräte stereotauglich wurden, sind auch sie mit der HiFi-Anlage „zusammengewachsen“.

Seit den 1990er Jahren kamen in kurzer Folge weitere (meist digitale) Tonträger- bzw. Empfangsformate auf den Markt, für die Wiedergabegeräte in bestehende Stereoanlagen zu integrieren waren. Die meisten Formate konnten sich jedoch am Markt nicht durchsetzen (etwa digitales Satellitenradio und die Digital Compact Cassette) oder verschwanden nach mäßigem Erfolg schnell wieder, wie etwa MiniDisc und DAT. In vielen Fällen wurde auch der Computer dank seinen inzwischen HiFi-tauglichen Audiofähigkeiten in bestehende Anlagen integriert. Diese Entwicklung wurde vor allem durch den Siegeszug des MP3-Formats ab Anfang der 2000er Jahre vorangetrieben.

Seit der Verbreitung des Heimkinos spielen Anlagen mit mehr als zwei Kanälen (meist 5.1-Raumklanganlagen) eine zunehmende Rolle. Daher ist der Begriff Stereoanlage, obwohl in der Umgangssprache auch für Mehrkanalanlagen gebräuchlich, häufig eigentlich nicht mehr zutreffend.

Komponenten

Stereoanlage von Sony aus den späten 1990er Jahren mit Verstärker, CD-Spieler und Kassettendeck (von unten).

Eine Stereoanlage umfasst die gesamte Signalkette der Ton-Wiedergabe, bestehend aus mindestens einer Quellen-, einer Verstärker- und einer Lautsprecherkomponente:

Quellenkomponenten sind für das Auslesen des (analogen oder digitalen) Tonsignals zuständig.

Verstärkerkomponenten verstärken das analoge Signal des Quellgerätes und können es gegebenenfalls verändern. Außer Vollverstärkern gibt es auch Vorverstärker und Endstufen als getrennte Geräte. Daneben gibt es noch Receiver, eine Kombination aus Verstärker und Tuner (Empfänger). Außerdem besteht die Möglichkeit, etwa durch Equalizer den Klang an die persönlichen Vorlieben oder die Hörraumakustik anzupassen.

Die Lautsprecherkomponenten sind für die Wandlung des elektrischen Signals in Schall zuständig. Dabei sind – je nach Anzahl der Kanäle – mehrere Lautsprecherboxen nötig.

  • Die meisten Hifi-Lautsprecherboxen sind derzeit passiv, verfügen also über keine eigenen Leistungsendstufen und müssen an externen Verstärkerkomponenten ("Endstufen") betrieben werden.
  • Aktivlautsprecher besitzen eine aktive Frequenzweiche die das Audiosignal bereits auf Linepegel in die für die einzelnen Lautsprecherchassis benötigten Frequenzbereiche aufteilt. Die notwendigen Endverstärkerkomponenten und teilweise sogar Digital-Analog-Wandler sind bei Aktiv-Lautsprechern bereits integriert. Fälschlicherweise werden oftmals auch mit Verstärkern ausgestattete Lautsprecher bei denen die Aufteilung der verschiedenen Frequenzbereiche im Leistungsbereich hinter den Endstufenausgängen vorgenommen wird als Aktiv-Lautsprecher bezeichnet. Aktive Lautsprecher setzten sich als *Studiolautsprecher aufgrund ihrer grundsätzlich technisch konstruktiven Überlegenheit im Bereich der Tonstudiotechnik ab ca. 1967 durch.
  • Subwoofer sind Lautsprecher, die speziell für die Wiedergabe tiefer Frequenzen ausgelegt sind.
  • Anstelle der Lautsprecher können auch Kopfhörer verwendet werden.

Neben diesen Hauptkomponenten haben auch die Bestandteile, Verbindungskabel, Anschlussklemmen, Netzteile, aktive Klangfilter, Gehäuse und Aufstellelemente Einfluss auf die Qualität der Wiedergabe.

Arten

Hi-Fi-Turm
Beim klassischen Hi-Fi-Turm werden alle Stand-Alone-Geräte übereinander gestapelt. Das geschieht oft in einem eigenen Möbelstück (Hi-Fi-Rack). Der Plattenspieler belegt damit automatisch die oberste Ebene. Geräte unterschiedlicher Hersteller können dabei kombiniert werden. Die Lautsprecher werden in einigen Metern Abstand aufgestellt.
Kompaktanlage
Bei einer Kompaktanlage sind alle Geräte in einem Gehäuse mit einheitlicher Bedienoberfläche vereint. Ohne Plattenspieler haben sie meist in einem Regal Platz. Dabei unterscheidet man zwischen Frontladern, die optisch einem Hi-Fi-Turm ähneln, und flacheren und breiteren Topladern, die von oben bedient werden. Diese waren vor allem in den 1970er Jahren verbreitet. Auch hier werden die Lautsprecher getrennt aufgestellt; bei späteren Kompaktanlagen war auch eine bündige Aufstellung in fester mechanischer Verbindung mit der Anlage üblich. Dazu trug auch die Entwicklung kleinerer, aber annähernd gleich klangstarker Boxen bei.
Auto-Hi-Fi
Im Auto eingebaute Anlage, deren Komponenten in unterschiedlichen Teilen des Autos untergebracht sind. Die Lautsprecher sind dabei häufig in den Vordertüren, in den A-Säulen und der Basslautsprecher meist im Kofferraum integriert.
Digitale Minimalanlage
In letzter Zeit immer häufiger anzutreffende Hi-Fi-Konfiguration, in der ein Computer oder Netzwerk-Spieler als Quelle dient und entweder nur aktive Lautsprecher oder ein Verstärker mit D/A-Wandler angeschlossen sind.

Hi-Fi

High Fidelity oder Hi-Fi wies ab den 1960er Jahren darauf hin, dass ein Gerät (z. b. Verstärker) Anforderungen erfüllte, die in der DIN 45500 festgelegt waren. Diese Anforderungen erfüllen heute praktisch alle hochwertigen elektronischen Geräte; die Norm hat damit ihre Funktion verloren und wurde in den 90er Jahren durch die europäische Norm ersetzt, die nur noch die Messverfahren festlegt.[1]

Heute beinhaltet der Begriff Hi-Fi im Zusammenhang mit Stereoanlagen nur noch selten einen Qualitätshinweis. Eine aus hochwertigen Einzelkomponenten bestehende Stereoanlage nennt man auch High-End-Anlage. Der Begriff „State of the Art“ wird im Hi-Fi-Bereich kaum verwendet.

High-End

Vielfach wird der Begriff Hi-Fi auch mit der Überzeugung, Musik genau so wiedergeben zu können, wie sie vom Interpreten geschaffen und vom Toningenieur aufgezeichnet wurde, verbunden. Nicht wenige „Audiophile“ suchen jahrzehntelang unter häufigem Austausch von Einzelkomponenten nach einer Hi-Fi-Anlage, die diesen Ansprüchen entspricht (teilweise verbunden mit persönlichen klanglichen Vorlieben) und investieren hohe Summen für Quellgeräte (wie z. B. CD-Player, Plattenspieler) Verstärker, Lautsprecher und Zubehör (z. B. Kabel). Fünfstellige Euro-Beträge für einzelne Komponenten sind keine Seltenheit. Für diesen Bereich des Hi-Fi hat sich der Begriff High-End etabliert.

In der High-End-Szene kommt es häufig zu philosophischen Debatten darüber, was eine gute Anlage oder Aufnahme ausmacht, da sich die zumeist eigenklanglichen Abstimmungen von Hi-Fi-Geräten mitunter sehr deutlich unterscheiden. Im Allgemeinen werden innerhalb der High-End-Szene technische Messwerte für unzureichend befunden, die „Musikalität“ einer Anlage zu beschreiben, was aber wissenschaftlich inzwischen widerlegt ist. Häufig wird dabei aber nur ein kleiner Bruchteil von notwendigen Messwerten beachtet bzw. veröffentlicht, welcher für eine wirklich aussagekräftige Klangaussage einer Gerätekomponente notwendig wäre. Zudem sind in der High-End-Branche keine einheitlichen Messnormen, wie diese beispielsweise für rundfunktechnische Geräte der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten vom Institut für Rundfunktechnik festgelegt wurden, verabschiedet. Für das Erzeugen aussagekräftiger Messwerte ist aber stets die genaue Angabe der Meßmethode, der Bezugspegel und des Messprozedere notwendig. Ursache für subjektiv geringfügig abweichende klangliche Beurteilungen können sowohl in der Nichtlinearität des menschlichen Gehörs als auch in psychoakustischen Effekten liegen, sowie den enormen akustischen Einflüssen des Abhörraumes. Das Institut für Rundfunktechnik hat dazu in den vergangenen Jahrzehnten zum Teil umfangreiche Hörversuche unternommen, welche Messwerte welche Grenzwerte nicht überschreiten dürfen, damit die im Signalweg liegenden Audiokomponenten eigenklanglich nicht in Erscheinung treten. Bewegen sich Audiokomponenten oberhalb dieser Grenzwerte, verändern diese hörbar das wiederzugebende Audiosignal und erzeugen damit einen eigenen beliebigen "Sound". Oberhalb dieser Grenzwerte wird das Klangerlebnis somit zu einer rein persönlichen und subjektiven Geschmackssache. Solche Wiedergabe wird als „nicht neutral“ bezeichnet. Unter – subjektiv empfundener – Musikalität kann man Eigenschaften wie Klangfarbenreichtum, Rhythmik, Dynamik usw. zusammenfassen. Die ästhetische Gestaltung genau dieser klangtechnischen Eigenschaften obliegt bei der Tonaufnahme bereits den beteiligten Tonmeistern, Toningenieuren und Musikern und wird bewusst gestaltet.

Ein nicht geringer Anteil der High-End-Anhänger bevorzugen Röhrenverstärker und die Schallplatte, die sie in mancher Hinsicht den neueren Techniken (vor allem der mit der CD eingeführten Digitaltechnik) als überlegen erachten. Dabei lassen die Messwerte vieler der typisch dabei zum Einsatz kommenden Röhrenverstärker und Schallplattenspieler allerdings bereits auf eindeutig hörbare Klangabweichungen schließen. Die Ansicht, dass diese Techniken Transistorverstärkern und CD-Spielern überlegen sei, ist ebenfalls inzwischen messtechnisch widerlegt. Im Zubehörbereich versucht man durch Zusatzartikel wie teure Kabel aus massivem Silber, Bi-Wiring, Bi-Amping, Netzfilter und diverse andere Komponenten den Klang der Wiedergabekette weiter zu verbessern. Die Ursache der hörbaren Klangunterschiede liegen dabei häufig an der durch die Tuningmaßnahmen abgemilderten oder beseitigten elektrotechnisch/physikalischen „Mängel“ der jeweilig zum Einsatz kommenden Einzelkomponenten. Manche Maßnahmen sind aber auch innerhalb der Szene umstritten und werden häufig als „Voodoo“ bezeichnet. Entsprechende Debatten werden oft sehr emotional geführt.[2]

Markt

Als Anbieter von High-End-Elektronik haben sich eine Reihe kleiner bis mittelgroßer Firmen etabliert, die bezüglich Preis und Qualität weit über die Standards der internationalen Massenhersteller hinausgehen. Beispiele sind Accuphase, Dynaudio, Linn Products, Marantz und McIntosh. Aufgrund der hohen Preise, die durch Kleinserienfertigung als auch aufwendige und teure Handels- und Vertriebswege zustande kommen, ist der Markt jedoch beschränkt und nur bedingt wachstumsfähig. Im deutschsprachigen Raum berichtet eine Vielzahl an Zeitschriften auch über dieses Marktsegment der Audiotechnik.

Eine High-End-Messe findet jährlich in München statt[3]; eine weitere in Zürich[4].

Siehe auch

Literatur

  • Robert Harley: The Complete Guide to High-End Audio. 4. Aufl. Acapella Publishing, Carlsbad 2010, ISBN 0-9786493-1-1.
  • Robert Harley: Introductory Guide to High-Performance Audio Systems. Stereo - Surround Sound - Home Theater. Acapella Publishing, Tijeras 2007, ISBN 0-9786493-0-3.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. DIN Norm und IHF Norm, was ist der Unterschied. In: hifi-studio.de. 21. Mai 2011, abgerufen am 21. August 2011.
  2. ABX Test Data - Testergebnisse von Blindtests für verschiedene Komponenten (Englisch).
  3. High End München
  4. HIGH END SWISS Oktober 2010

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Synonyme:

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