8. Sinfonie (Haydn)

8. Sinfonie (Haydn)
Joseph Haydn
Joseph Haydn.jpg
Sinfonie Nr. 8 in G-Dur
Hob: I:8
Entstehungsjahr: 1761
Schaffensperiode: Esterházy
Beiname: Le soir
AD: ca. 25 min
Besetzung
Streicher
Solo: 2 Violinen, Cello, Kontrabass
Flöte
2 Oboen
2 Hörner
Continuo: Fagott, Cembalo
Sätze
1. Allegro molto
2. Andante
3. Menuet
4. La Tempesta. Presto
Sinfonien Joseph Haydns

Die Sinfonie Nr. 8 G-Dur „Le soir“ (Der Abend) komponierte Joseph Haydn wahrscheinlich im Jahr 1761.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Joseph Haydn schrieb die Sinfonie Nr. 8 G-Dur „Le soir“ (Der Abend) zusammen mit den Nummern 7 „Le midi“ (Der Mittag) und 6 „Le matin“ („Der Morgen“) wahrscheinlich im Jahr 1761. Es ist der einzige zusammenhängende Zyklus innerhalb seiner Sinfonien; er wurde als „Die Tageszeiten“ bekannt. Mehr zur Entstehungsgeschichte und zur Form dieser Sinfonien siehe unter „Le matin“.

Zur Musik

Besetzung: Flöte, zwei Oboen, Fagott, zwei Hörner in G, zwei Solo-Violinen, zwei Violinen Ripieno, Viola, Cello Solo, Cello Ripieno, Kontrabass Solo, Kontrabass Ripieno. Neben den separat notierten Soloinstrumenten übernimmt im 1. Satz auch noch das Horn eine kurze Solopassage. Die Rolle des Cembalos wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt.[1]
Aufführungszeit: ca. 20-25 Minuten.

Das, was später als typische Sonatensatzform bekannt werden sollte, war zum Zeitpunkt der Komposition noch nicht ausgebildet; daher können die entsprechenden Begriffe nur mit Einschränkung auf das Werk angewandt werden.[2]

Jacob (1952)[3] beschreibt die Sinfonie folgendermaßen: „Zunächst das muntere Hauptthema, das wie ein Mückenschwarm herbeisummt (…) und mit seinen Nebenthemen von Instrument zu Instrument schwirrt. Im Andante in C-Dur schweigen die Bläser, nur das Fagott spricht noch hinein; die Welt wird tief purpurn, der Tag ist vorbei, die Geigen singen ihr Abendlied. Aber kann das ohne Gewitter enden? Plötzlicher Überfall, echt Haydn, ein tolles Presto: La Tempestà. Zunächst unterlaufen die Violinen in Sechzehntelfiguren die Schwüle; Viertelnoten, durch Achtelpausen getrennt (…), deuten die ersten Windstöße an. Jetzt streuen die Flöten ein blauweißes Zickzack von Blitzen über die Landschaft aus, und nun ist das Tutti der Streicher da: in Fortissimo-Zweiunddreissigstelnoten jagen die Luftmassen hintereinander, abnehmend, wieder zunehmend, bis der Sturm sich ausgetobt hat und die Nacht friedevoll herabsinkt.“

1. Satz: Allegro molto

G-Dur, 247 Takte, 3/8-Takt
Die Violinen beginnen mit dem tänzerischen, achttaktigen Hauptthema, das den ganzen Satz prägt. Die anschließende, ebenfalls periodisch aufgebaute Fortspinnung ab Takt 15 ist eine Variante dieses Themas und taucht erneut von Takt 51-74 in der Dominante D-Dur von Solo-Oboen vorgetragen auf. Nach einem längeren Abschnitt mit Läufen kommt in Takt 84 ein neues Motiv, das die Schlussgruppe der Exposition bis Takt 93 ankündigt.

Die Durchführung enthält beide Motive (also Hauptthema und Abwandlung), die v. a. in kurzen Soli auftauchen. Der Tutti-Abschnitt von Takt 122 bis 142 ist im Forte mit chromatischer Abwärtsbewegung der Streicher im Tremolo gehalten. Eine Scheinreprise mit dem Hauptthema in C-Dur setzt in Takt 143 ein, bevor die eigentliche Reprise in Takt 173 durch Soli von Oboen, Hörnern und Fagott anschließt. Überraschenderweise folgt nun aber eine Unisono-Passage im Forte, die plötzlich mit einer Fermate auf Es endet (Trugschluss, Takt 206). Bis Takt 214 spielt die Solo-Flöte eine Variante des Hauptmotivs in Es-Dur, dann moduliert Haydn zurück nach G-Dur. Der folgende Abschnitt bis zum Beginn der Schlussgruppe in Takt 231 ist ebenfalls durch Läufe charakterisiert auf einem Wechsel von Tonika (G-Dur) und Dominante (D-Dur).

Insgesamt hat dieser Satz einen lebhaften, gigue-artigen Charakter und entspricht daher eher einem Finalsatz anderer frühklassischer Sinfonien. Im Vergleich zu den anderen Sätzen dieser Sinfonie (auch der Sinfonien Nr. 6 und 7) treten hier vergleichsweise wenige Soli auf.

2. Satz: Andante

C-Dur, 129 Takte, 2/4-Takt
Besondere Besetzung in Richtung Concerto grosso in diesem Satz: Neben Fagott und Cello auch 2 Soloviolinen, sonst keine Bläser! Solocello und Solofagott laufen häufig parallel, wodurch eine besondere Klangfarbe entsteht.

Es wird hier folgende Struktur des Satzes vorgeschlagen:
1. Abschnitt („Exposition“):

  • A-Teil (Takt 1-23): 4-taktiges Thema mit punktiertem Rhythmus, vorgetragen von den beiden Soloviolinen; das Thema wird dann vom Solo-Cello aufgenommen, Fortspinnung ab Takt 11 im Tutti, Ende in Takt 23 mit einer Fermate auf einem D-Dur-Septakkord;
  • B-Teil (Takt 24-48): 4-taktiges Thema, ebenfalls mit punktiertem Rhythmus, gespielt vom Solo-Cello; Fortspinnung im Tutti, u. a. mit aufsteigender G-Dur-Tonleiter im Unisono und einem lange gehaltenen dreigestrichenen G (Takt 36-38) der 1. Solovioline, Ende in Takt 48 im Pianissimo auf G.

2. Abschnitt („Durchführung“):

  • A´- Teil (Takt 49-63): Thema des A-Teils mit Fagott und Cello in der Dominante G-Dur, dann von den beiden Soloviolinen in der Tonika C-Dur, anschließend Modulation nach g-Moll;
  • B´- Teil (Takt 64- 91): Fragment des Themas vom B-Teil in den Violinen und Cello mit Modulationen und Fortspinnung, dann wieder die aufsteigende Tonleiter im Unisono, Trugschluss in Takt 83 auf a-Moll (Tonikaparallele); im Unisono mit punktiertem Rhythmus (der auch z. B. in Takt 5 als kurze Floskel auftauchte) Modulation zurück nach C-Dur;

3. Abschnitt („Reprise“):

  • A-Teil (Takt 92-107) ähnlich wie im 1. Abschnitt, nun aber Ende mit einer Fermate auf einem G-Dur-Septakkord;
  • B-Teil (Takt 108-129): ähnlich wie im 1. Abschnitt, verhaucht im Pianissimo mit einem hervorstechenden Großen C des Fagotts.

Es ist schwer zu sagen, welche Form dieser Satz hat. Je nach Wertung der Abschnitte kann man eine dreiteilige Liedform oder Anklänge an die Sonatensatzform (wie hier dargestellt) sehen.

3. Satz: Menuetto

G-Dur, mit Trio 84 Takte, 3/4-Takt
Das Menuett ist von einer schreitenden Basslinie geprägt. Im zweiten Teil folgt auf ein Tutti eine charakteristische Passage nur für die Bläser und ein weiterer Tutti-Abschnitt. Die letzten vier Takte kann man als eine Coda ansehen. Im Trio (C-Dur) tritt wie in den anderen Sinfonien des Zyklus der Kontrabass solistisch hervor.

4. Satz: La Tempesta. Presto

G-Dur, 141 Takte, 3/8-Takt. Wie im 2. Satz auch hier mit 2 Soloviolinen.
In diesem Satz wird ein Sturm / Gewitter (ital. la tempesta) dargestellt. In ein flirrendes Piano der ersten Solovioline (Tremolo auf D) fallen leise Viertel der Tuttiviolinen (als Regentropfen deutbar); die Figur wiederholt sich mit der zweiten Solovioline und dem Solocello, bevor die Flöte mit einem Blitz – in großen Intervallen abwärts springende Staccatoachtel – das Gewitter einleitet. Das folgende Motiv aus einem Viertel und vier fallenden bzw. aufsteigenden Zweiunddreißigsteln, gespielt von den Soloinstrumenten bis hin zum gesamten Orchester und unterlegt von einem Tremolo, kann man sich als Sturm denken. Von Takt 45 bis 50 gibt es wieder einen „Regentropfenabschnitt“, den man ggf. auch als 2. Thema im Sinne der Sonatensatzform deuten kann. Bis zum Ende der Exposition dominiert dann wieder der Sturm mit 32teln.

Im Durchführungsteil folgen zunächst weitere „Regentropfen“, dann ein wilder Sturm, in dem sich die 1. und 2. Violinen gegenseitig die „Windböen“ zuwerfen, anschließend ein Crescendo-Abschnitt mit aufsteigendem Tremolo, der in einem Dominantseptakkord endet, ehe die Regentropfen zur Reprise in Takt 92 überleiten.

Einzelnachweise

  1. Die Haydn-Festspiele Eisenstadt (http://www.haydn107.com/index.php?id=21&pages=besetzung, Stand 13. September 2009, schreiben hierzu: „Haydn setzte, außer in London, für seine Symphonien höchstwahrscheinlich kein Tasteninstrument ein. Diese Ansicht, die von früheren Meinungen abweicht, wird heute unter Musikwissenschaftlern weithin anerkannt.“
  2. bspw. benutzt Walter (Michael Walter: Haydns Sinfonien. Ein musikalischer Werkführer. C. H. Beck-Verlag, München 2007, ISBN 978-3-406-44813-3) die Begriffe „erster Teil“, „zweite Hauptperiode“ und „Reprise“.
  3. Heinrich Eduard Jacob: Joseph Haydn. Seine Kunst, seine Zeit, sein Ruhm. Christian Wegner Verlag, Hamburg 1952

Weblinks, Noten


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