Steuer-Identifikationsnummer

Steuer-Identifikationsnummer
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Die Steuer-Identifikationsnummer (IdNr) ist eine bundeseinheitliche und dauerhafte Identifikationsnummer von in Deutschland gemeldeten Bürgern für Steuerzwecke.

Auch in den anderen Ländern Europas wird die TIN (Tax Identification Number) eingeführt. Rechtsgrundlage dazu ist die Zinsrichtlinie, die in Deutschland mit der Zinsinformationsverordnung umgesetzt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Einführung

Die neue Steuer-Identifikationsnummer wurde zum 1. Juli 2007 eingeführt und gilt lebenslang. Sie ersetzt für natürliche Personen die bisherige Steuernummer und eTIN und besteht aus insgesamt elf Ziffern (zehn zufällig gebildete Ziffern, die keinen Rückschluss auf Daten des Steuerpflichtigen zulassen, und einer zusätzlichen Prüfziffer). Zu der Identifikationsnummer werden alle persönlichen Angaben gespeichert: Name(n), Anschrift(en), Geschlecht, Geburtstag und -ort sowie das zuständige Finanzamt. Die gesetzliche Grundlage ist § 139b Abgabenordnung und die dazu ergangene Steueridentifikationsnummerverordnung (§ 1).

Die tatsächliche Ausgabe erfolgt über die örtlichen Kommunalverwaltungen.

Zwecks Umsetzung übermittelte jedes Einwohnermeldeamt dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) jeden zum Ablauf des 30. Juni 2007 im Melderegister geführten Bürger. Mit diesem Erstabzug wird noch keine Identifikationsnummer vergeben, sondern nur ein vorläufiges Bearbeitungsmerkmal. Seit 1. Oktober 2007 wurde mit dem Abgleich der Daten begonnen, es erfolgt eine Filterung mit dem Ziel, Doubletten zu ermitteln. Nach Rücksprache mit den Einwohnermeldeämtern werden diese Doubletten dann entfernt. Dieses Verfahren dauert deutlich länger als geplant. Bis Ende des Jahres 2008 wurde die Steuer-ID den Steuerpflichtigen in einem Anschreiben des BZSt mitgeteilt. Die Steuerpflichtigen erhielten außerdem noch eine Übersicht ihrer gespeicherten Daten. Die Nummer ist bei allen Anträgen, Erklärungen oder Mitteilungen den Finanzbehörden gegenüber zu verwenden.

Wer wirtschaftlich tätig ist – also der Einzelunternehmer, Freiberufler, die juristische Person und die Personenvereinigung – bekommt zusätzlich eine Wirtschafts-Identifikationsnummer. Daneben existiert die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die Unternehmen zur Durchführung des innergemeinschaftlichen Erwerbs nutzen.

Nutzung der Daten

Die Identifikationsnummer ändert sich weder bei einem Ortswechsel noch bei einem Wechsel des zuständigen Finanzamts. Die Daten werden erst gelöscht, wenn sie von den Behörden nicht mehr benötigt werden, spätestens jedoch 20 Jahre nach dem Tod des Steuerpflichtigen.

Andere als die Finanzbehörden dürfen die Identifikationsnummer nur zur Datenübermittlung verwenden. Das gilt für Arbeitgeber bezüglich der Lohnsteuerdaten der Mitarbeiter und für Kreditinstitute hinsichtlich der Zinsabschlagsteuer.

Mit Einführung der Identifikationsnummer wird auch ein indirekter Abgleich der Melderegister durchgeführt (Ermittlung und Entfernung der Doubletten), d.h. zukünftig kann eine Person mit denselben Daten nur bei einer Meldebehörde mit Hauptwohnsitz gemeldet sein. Aus diesem Grund und wegen grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedenken wird die Verfassungskonformität der Steuer-Identifikationsnummer derzeit kontrovers diskutiert.[1]

Der Austausch der Daten zwischen den Einwohnermeldeämtern und dem Bundeszentralamt für Steuern erfolgt nach OSCI-XMeld über OSCI-Transport.

Zielsetzung

Mit der Steuer-Identifikationsnummer wird in Deutschland erstmals jeder Bürger mit einem unveränderlichen Kennzeichen von einer staatlichen Stelle zentral erfasst, denn die bereits seit 1964 geltende Versicherungsnummer wird nur an Personen vergeben, für die ein Versicherungskonto in der gesetzlichen Rentenversicherung geführt wird.

Zur Gesetzesbegründung heißt es, dass „die Finanzbehörden organisatorisch und technisch fähig sein müssen, die zulässigen Überprüfungen effizient vorzunehmen“. Bisher sei eine Auswertung steuererheblicher Informationen in vielen Fällen unterblieben, weil die vorhandenen Informationen nicht zugeordnet werden konnten. Außerdem werde mit der Nummer – so die Gesetzesbegründung – ein wesentlicher Beitrag zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens geleistet, Bürokratie abgebaut und die Transparenz des Besteuerungsverfahrens erhöht. Das Ziel der Maßnahme ist letztlich, dass alle Steuerpflichtigen bei der Durchsetzung der Steuergesetze tatsächlich gleich belastet werden.

Die Identifikationsnummer bringt für den Bürger Erleichterungen im elektronischen Datenübermittlungsverfahren und für die Finanzbehörden neue Kontrollmöglichkeiten. So müssen z. B. deutsche Anleger die Identifikationsnummer künftig bei ausländischen Kontenverbindungen nachreichen. Ferner gelangen die in der zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen gesammelten Informationen ebenfalls an die Finanzämter. Diese werden damit in die Lage versetzt, möglicherweise steuerpflichtige Rentner ab 2005 zur Abgabe einer Steuererklärung aufzufordern.

Vorläufer und europäische Entsprechungen

PKZ-DDR

Die am 1. Januar 1970 in der DDR eingeführte Personenkennzahl findet in der Steuer-Identifikationsnummer jetzt ihre Wiedergeburt. In Österreich, Schweden, Island[2] und einigen anderen Staaten existieren Personenkennzahlen, durch die die eindeutige Identifizierung jeder Person und damit eine erhebliche Reduzierung des Verwaltungsaufwandes erreicht werden konnte.

PKZ-BRD

Die Bundesrepublik Deutschland plante die Einführung eines Personenkennzeichens (PKZ); zum Beispiel war geplant, mit dem Bundesmeldegesetz ab 1973 eine einheitliche PKZ für jeden Deutschen sowie alle im Ausländerzentralregister erfassten Ausländer bzw. im Ausland lebenden wiedergutmachungsberechtigten Ausländer einzuführen, um Verwaltungsvorgänge zu rationalisieren.[3]

Das Vorhaben wurde verworfen, da der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages 1976 feststellte, dass „die Entwicklung, Einführung und Verwendung von Nummerierungssystemen, die eine einheitliche Nummerierung der Bevölkerung im Geltungsbereich dieses Gesetzes ermöglicht, unzulässig ist“. Diese Feststellung stützte sich auf das Mikrozensusurteil des BVerfG von 1969, BverfGE 27,1 - Mikrozensus. 16. Juli 1969.

EU

Aufbau der St.Id.Nr.

In den ersten zehn Ziffern der Steuer-Identifikationsnummer ist eine Ziffer genau zweifach und eine andere Ziffer gar nicht enthalten, die anderen acht Ziffern jeweils genau einfach. Die elfte Ziffer, die Prüfziffer, berechnet sich aus den ersten zehn Ziffern der Ziffernfolge wie folgt:[4]

Ziffernfolge : array[1..10] of 0..9;
Summe := 0; Produkt := 10;
 
for Stelle := 1 to 10 do
 begin 
  Summe := (Ziffernfolge[Stelle] + Produkt) mod 10;
  if Summe = 0 
    then Summe := 10;
  Produkt := (Summe * 2) mod 11
 end;
Prüfziffer := 11 - Produkt;
if Prüfziffer = 10
 then Prüfziffer := 0;

§ 139b der Abgabenordnung bestimmt: „Jede Identifikationsnummer darf nur einmal vergeben werden.“ Eine Wiederverwendung gebrauchter Nummern ist nicht vorgesehen.

Kritik

Für die Einführung der Steuer-Identifikationsnummer wurde im Oktober 2007 der Bundesfinanzminister Peer Steinbrück mit dem Negativpreis Big Brother Award in der Kategorie „Politik“ ausgezeichnet. Weiterhin wird die Verfassungskonformität der Steuer-Identifikationsnummer von einigen Kritikern bestritten. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, befürchtet, die Steuer-Identifikationsnummer könne, wie der italienische Codice Fiscale, ein weit über Steuerbelange hinausgehendes „allgemeines Personenkennzeichen“ werden.[5]

Klagen und Widerspruch

Auch die Humanistische Union sieht in der bundeseinheitlichen Steuer-Identifikationsnummer eine nicht verfassungskonforme Personenkennziffer und hat am 20. August 2008 beim FG Köln Klage erhoben. Mindestens drei weitere Klagen sind bisher öffentlich bekannt geworden. Die Klagen (Az. 2 K 2822/08 FG Köln u.a.) wurden jedoch, trotz verfassungsrechtlichen Bedenken des Gerichts an der Steuer-ID, zunächst abgewiesen, weil das Finanzgericht eindeutig von einer Verfassungswidrigkeit überzeugt sein muss, um eine Klage dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Eine Revision beim Bundesfinanzhof in München ist aber möglich.[6]

Für einen Widerspruch gegen die Zuteilung und Benutzung der Steuer-Identifikationsnummer stellt die Humanistische Union auf Ihrer Webseite einen Musterbrief[7] zur Verfügung.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gutachten bezüglich verfassungsrechtlicher Bedenken
  2. Information des isländischen Einwohnermeldeamts über die Kennnummer (kennitala) (Engl.). Abgerufen am 10. Mai 2007.
  3. Vgl. Steinmüller, Wilhelm: EDV und Recht : Einf. in d. Rechtsinformatik. In: Juristische Arbeitsblätter : JA-Sonderheft. 6, Schweitzer, Berlin 1970, S. 78.
  4. ZIVIT (PDF): Prüfziffernberechnung für die IdNr nach § 139b AO
  5. Vgl. Schaar, Peter: Das Ende der Privatsphäre. Der Weg in die Überwachungsgesellschaft. C.Bertelsmann, München 2007, S. 172.
  6. wochenblatt.de Urteil zu Steuer-ID
  7. Musterbrief
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