Stift Joachimstein

Stift Joachimstein
Ansicht um 1850
Grundriss (1923)
Ansicht von 2009

Das Weltadelige Fräuleinstift Joachimstein (polnisch Pałac Radomierzyce) galt einmal als das schönste Schloss der Oberlausitz. Es befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Grenzübergang Hagenwerder bei Radomierzyce (Radmeritz). Errichtet wurde es auf einer künstlich angelegten Insel an der Einmündung der Witka (Wittig) in die Lausitzer Neiße auf polnischem Gebiet.

Geschichte

Im Jahre 1722 errichtete der ledige Kammerherr Augusts des Starken, Joachim Sigismund von Ziegler und Klipphausen, eine Stiftung, in die er seinen gesamten Besitz einbrachte. Nach Entwürfen der Oberlandbaumeister Johann Friedrich Karcher und Matthäus Daniel Pöppelmann wurde an Stelle des alten Wasserschlosses Radmeritz eine barocke Schloss- und Parkanlage errichtet, die am 14. November 1728 durch von Ziegler feierlich eingeweiht wurde.

Gemäß den Zieglerschen Stiftungsstatuten konnten in dem Stift, das von einer Hofmeisterin geleitet wurde, zwölf unverheiratete evangelische und seit vier Generationen adlige Fräulein Aufnahme finden, wenn sie ohne eigene Schuld in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten waren. Diese Aufnahmebedingungen werden verständlicher, wenn man bedenkt, dass in jener Zeit die Kaufleute der Sechsstädte zu großem Reichtum gelangt waren, während viele alteingesessene Adelsfamilien den Zeitenwandel verkannten und verarmten.

Im Siebenjährigen Krieg wählte der Preußenkönig Friedrich der Große 1745 das Schloss zu seinem Quartier. In den Napoleonischen Kriegen richteten sich hier unter anderem die Lützower, der Generalfeldmarschall Blücher und Prinz Wilhelm hier ein. Hier schrieb auch Theodor Körner seinen Aufruf an die Sachsen.

Bei der Teilung der Oberlausitz durch den Wiener Vertrag von 1815 wurde die Wittig als Grenzfluss zwischen Sachsen und Preußen festgelegt, wobei das jenseits des Flusses gelegene Schloss bei Sachsen verblieb, während aller Grundbesitz des Stifts an Preußen kam.

Durch diese Situation stand das Stift vor der Auflösung. König Friedrich August I. sicherte den Weiterbestand des wohltätigen Stifts in seiner bisherigen Art und Weise. In der Oberlausitzer Konvention von 1819 wurde die Regulierung dieser besonderen Angelegenheit noch ausgesetzt. Mit der Joachimsteiner Konvention von 1828 einigten sich beide Staaten, dass die Stiftung ausschließlich der sächsischen Hoheit unterliegt, während die Besitztümer entsprechend der Grenzziehung von 1818 der jeweiligen Landeshoheit und Gerichtsbarkeit unterstellt wurden. Die Genussrechte sowie die Verwaltung der Stiftung regelten die Stände der sächsischen und preußischen Oberlausitz gemeinschaftlich.

Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges diente ein Schlossflügel auch zur Unterbringung von Kindergruppen, z.B. aus Hamburg aus der Kinderlandverschickung. Mit der Grenzziehung entlang der Oder-Neiße-Linie endete 1945 das Bestehen des Stifts. Die Stiftsdamen wurden vertrieben und das Schloss ausgeplündert. Die Gebäude wurden nicht mehr genutzt und verfielen. Im Jahre 2003 wurde das Schloss saniert. Da der Investor Marek Glowacki, der aus dem Schloss ein Hotel und Tagungszentrum machen wollte, schon 2004 unerwartet starb, wurden bis dahin nur einige Nebengebäude wieder aufgebaut und am Haupthaus die Fassaden und Dächer mit einem Kostenaufwand von ca. 7 Millionen Euro renoviert.

Im alten Wasserschloss wurde Heinrich Anselm von Ziegler und Kliphausen geboren.

Literatur

  • Gurlitt, Cornelius: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 29. Heft: Amtshauptmannschaft Zittau (I. Teil, Land). Dresden 1906, S. 63-85.
  • Böhmer, Tilo u. Marita: Stift Joachimstein, 2004, ISBN 3936758050
51.055314.9664

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