Balkansprachen

Balkansprachen

Der Balkansprachbund ist ein Sprachbund in Südosteuropa, also eine Gruppe genetisch nicht verwandter Sprachen, die dennoch eine Reihe auffälliger struktureller Gemeinsamkeiten aufweisen.

Zum „Balkansprachbund“ werden Albanisch (das einen eigenen Zweig in den indogermanischen Sprachen darstellt), Rumänisch (eine romanische Sprache) sowie die slawischen Sprachen Bulgarisch, Mazedonisch und der Torlakische Dialekt des Serbischen gezählt; teilweise auch das Neugriechische.

Das Türkische ist dabei einer der Einflussfaktoren, die zur Herausbildung dieses Sprachbundes beigetragen haben. Neben dieser Superstrat-Einwirkung werden zur Erklärung der betreffenden sprachlichen Gemeinsamkeiten die gegenseitige sprachliche Beeinflussung durch verbreitete Zwei- und Mehrsprachigkeit in einem ähnlichen kulturellen Milieu herangezogen.

Die zu diesem Sprachbund gerechneten Sprachen gehören mit Ausnahme des Türkischen zur indogermanischen Sprachfamilie, stammen aber aus unterschiedlichen Zweigen. Dennoch teilen sie einige Besonderheiten miteinander, die sich erst relativ spät herausgebildet haben und in früheren Sprachstufen wie dem Altgriechischen, dem Latein und dem Altkirchenslawischen noch nicht vorhanden waren.

Am wichtigsten sind folgende Merkmale:

  • nachgestellte (postponierte) Artikel, vergleiche rumän. lup „Wolf“ vs. lupul „der Wolf“ und alb. qen „Hund“ vs. qeni „der Hund“
  • das Fehlen des Infinitivs
  • das Futur wird mit dem jeweiligen Verb für „wollen“ umschrieben.

Die Bildungsweise der Zahlwörter 11-19 nach dem Muster „eins auf zehn“, „zwei auf zehn“ ist von den slawischen Sprachen übernommen worden: vergleiche alban. njëmbëdhjetë, dymbëdhjetë – rumän. unsprezece, doisprezeceruss. одиннадцать, двенадцать (odinnadcat', dvenadcat'). Darüber hinaus gibt es zahlreiche Gemeinsamkeiten in der Idiomatik, die vor allem auf türkische Ausdrucksweisen zurückgehen.

Nicht alle Gemeinsamkeiten des Balkansprachbunds sind in allen zugehörigen Sprachen gleichermaßen ausgeprägt. Albanisch, Rumänisch und Mazedonisch teilen besonders viele Merkmale.

Siehe auch

Literatur

  • Fiedler, Wilfried (1998): Einführung in die Balkanphilologie. In: Rehder, Peter (Hg.): Einführung in die slavischen Sprachen. Wiesbaden, S. 347-364.
  • Hinrichs, Uwe (Hg.) (1999): Handbuch der Südosteuropa-Linguistik. Wiesbaden (= Slavistische Studien, Bücher, NF 10).
  • Andrej N. Sobolev (Hg.): Malyj dialektologičeskij atlas balkanskich jazykov. (= Studien zum Südosteuropasprachatlas. 2). München 2003. ISBN 3-932331-31-1

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