- Taxil-Schwindel
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Der Taxil-Schwindel war ein von 1885 bis 1897 andauernder Schwindel, bei dem es um eine angebliche Enthüllung geheimer satanischer Riten der Freimaurerei durch Léo Taxil (1854–1907) ging. Nach Taxils Ausschluss aus der Freimaurerei nutzte er durch seinen Schwindel den Argwohn der römisch-katholischen Kirche der Freimaurerei gegenüber finanziell, zugleich konnte er seiner Abneigung beiden Seiten gegenüber Genüge tun.
Inhaltsverzeichnis
Léo Taxil
Léo Taxil (sein eigentlicher Name war Marie Joseph Gabriel Antoine Jogand-Pagès) war Atheist und bereits wegen seiner Schmähschrift Die geheimen Liebschaften von Pius IX. verurteilt worden.
Am 20. April 1884 veröffentlichte Papst Leo XIII. eine Enzyklika Humanum genus, die postulierte, dass die Menschheit aus zwei verschiedenen, in Opposition zueinander stehenden Teile bestehe; die eine kämpfe standhaft für Wahrheit und Tugend, die andere für Lüge und Laster. Die eine sei das Königreich Gottes auf Erden, die Kirche von Jesus Christus, die andere sei das Königreich Satans, angeführt oder unterstützt durch die Freimaurerei.
Zuvor weithin als Bekämpfer des Katholizismus bekannt, entschied sich Taxil nach dieser Enzyklika 1885 öffentlich angeblich für den Katholizismus und erklärte, dass er damit den durch ihn verursachten Schaden am wahren Glauben gutmachen wolle. Darüber hinaus kündigte er an, in ein Trappistenkloster zu gehen. Dies beeindruckte den Apostolischen Nuntius in Paris derart, dass er ihn darum bat, er möge seine Fähigkeiten als Autor in die Dienste Roms stellen. Taxil erwirkte zu Beginn seiner Antifreimaurerkampagne eine Audienz bei Papst Leo XIII. Taxils wahre Absicht war es aber, die Freimaurerei öffentlich zu verleumden, weil sie ihn bereits nach drei Besuchen wegen unsauberer Geschäfte ausgeschlossen hatte, und die Römisch-Katholische Kirche in Verlegenheit zu bringen.
Satanismus-Schwindel
Das erste Buch Les frères Trois-Points (1885) war die in größeren Passagen frei erfundene vierbändige Geschichte der Freimaurerei, die fiktive Augenzeugenberichte über eine vermeintlich androgyne „palladische Freimaurerei“ mit luziferianischen Orgien enthielt.
1891 veröffentlichte er das Buch Les Sœurs Maçonnes, in der er „palladistische Satanslogen“ ersann und Eliphas Lévis erfundenen Baphomet von 1854 aufgriff, eine Gestalt eines Götzenbildes mit Bocksfüßen, weiblichen Brüsten und Fledermausflügeln. Eine erfundene Sophie Walder sei die palladistische Großmeisterin und „Urgroßmutter des Antichrist[en]“.
Zusammen mit Taxil schrieb der Deutsche Dr. Karl Hacks unter dem Pseudonym „Dr. Bataille“ in 200 Fortsetzungen das Werk mit dem Titel Teufel im neunzehnten Jahrhundert, das 10.000 Abonnenten fand. Das Werk beinhaltet viele unplausible Behauptungen. Man erfand eine 1874 geborene Diana Vaughan, welche die Tochter des „Teufels Bitru“ gewesen sein soll. Mit zehn Jahren sei sie Satan geweiht und in eine amerikanische Palladistenloge aufgenommen worden. Weiter wurden ihre Begegnungen mit inkarnierten Dämonen beschrieben, dabei soll einer Prophezeiungen auf ihrem Rücken mit seinem Schweif geschrieben haben, ein anderer Dämon in Form eines Krokodils spielte Klavier. Später wäre sie ausgetreten, als sie sich eines Tages zur Verehrung von Jeanne d’Arc bekannt habe, bei deren Name die Dämonen in die Flucht geschlagen worden wären. Als Diana Vaughan publizierte Taxil ihre vermeintlichen Memoiren einer Ex-Palladistin und ein Buch mit dem Titel Eucharistic Novena, eine Sammlung von Gebeten, die vom Papst gelobt wurden. 1896 stand sie im Mittelpunkt des Trienter Antifreimaurerkongresses in der Residenz des Fürstbischofs von Trient, Eugenio Carlo Valussi. Eröffnet wurde dieser Kongress nach Erscheinen der Enzyklika Praeclara gratulationis publicae des Papstes Leo XIII. auf Antrag des Präsidenten der italienischen Antifreimaurerliga Gullino Luigi am 27. September. Zugegen waren 36 Bischöfe, bischöfliche Delegierte, Kardinäle und mehr als 700 zumeist geistliche Abgesandte.
Enthüllung
1896 entlarvte die Kölnische Volkszeitung unter Hermann Cardauns Taxil als Schwindler und Miss Diana Vaughan als dessen Frau. Cardauns hielt ab 1901 öffentliche Vorträge über „Literarische Kuriosa“, bei denen er auch sehr ausführlich auf Taxil einging.[1]
Am 19. April 1897 deckte Taxil dann selbst statt eines Lichtbild-Vortrages über Diana Vaughan und den Palladismus-Kult im Saal der Geographischen Gesellschaft auf, dass seine spektakulären Enthüllungen über die Freimaurerei fiktiv seien, erklärte zynisch,[2] dass Diana Vaughan nie existiert habe, und dankte der Geistlichkeit für ihre Unterstützung durch ihre Werbung für seine wilden Behauptungen.
Bis heute wird der Schwindel von verschiedenen Gruppen für wahr gehalten und gegen die Freimaurerei verwendet. So publiziert der fundamentalistisch-protestantische Verlag Chick Publications Traktate wie Der Fluch Baphomets.[3]
Einzelnachweise
- ↑ Große Bekanntheit außerhalb des katholischen Lagers erlangte C. durch die Aufdeckung des Antifreimaurer-Schwindels des Franzosen Leo Taxil… In: Biografisch-Bibliografisches Kirchenlexikon, Band XXII (2003) Spalten 161–170 Autor: Gunnar Anger
- ↑ Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Dieter A. Binder: Internationales Freimaurer Lexikon. 5. Auflage 2006. Herbig Verlag, ISBN 978-3-7766-2478-6. Seite 831
- ↑ Baphomets Fluch bei chick.com
Literatur
- Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Dieter A. Binder: Internationales Freimaurer Lexikon. 5. überarbeitete und erweiterte Neuauflage. Herbig Verlag, München 2006, ISBN 3-7766-2478-7.
- Thomas Raff: Der Teufel Bitru, der Taxil-Schwindel und der „Simplicissimus“. In: Quatuor-Coronati-Jahrbuch 2003, Nr. 40, ISSN 0171-1199 S. 217–223.
- Umberto Eco: Der Friedhof in Prag. Carl Hanser Verlag, München 2011, ISBN 978-3-446-23736-0. (Bearbeitung der Geschichte in Romanform)
Kategorien:- Katholizismus und Freimaurerei
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