Taylorpolynom

Taylorpolynom

In der Analysis verwendet man die Taylor-Formel, um Funktionen in der Umgebung eines Punktes durch die sogenannten Taylor-Polynome anzunähern. Sie ist benannt nach dem Mathematiker Brook Taylor. Eng verwandt mit der Taylor-Formel ist die so genannte Taylorreihe.

Die Taylor-Formel ist aufgrund ihrer relativ einfachen Anwendbarkeit sowie Nützlichkeit Hilfsmittel in vielen Natur- und Ingenieurwissenschaften geworden.

Inhaltsverzeichnis

Definition und Satz

Sei I ein reelles Intervall und f: I\to\R eine (n+1)-mal stetig differenzierbare Funktion. Dann gilt für alle a und x aus I:

 f(x) = T_n(x) + R_n(x) \,

mit dem n-ten Taylorpolynom an der Entwicklungsstelle a

T_n(x) = \sum_{k=0}^n {f^{(k)}(a) \over k!}(x-a)^k
 = f(a) + \frac{f'(a)}{1!}(x-a) + \frac{f''(a)}{2!}(x-a)^2 + \ldots
  + \frac{f^{(n)}(a)}{n!}(x-a)^n

und dem n-ten Restglied


  R_{n}(x)
  = \int\limits_a^x \frac{(x-t)^n}{n!} f^{(n+1)}(t) \mathrm{d}t
.

In den Formeln stehen  f', f'', \dots, f^{(n)} für die erste, zweite, ... n-te Ableitung der Funktion f.

Beweis

Der Beweis dieser Formel für das Restglied erfolgt durch Induktion, der Induktionsanfang n = 0 entspricht dabei genau dem Fundamentalsatz der Analysis:

 f(x) = f(a) + \int\limits_a^x f'(t) \mathrm{d}t

Der Induktionsschritt n \rightarrow n+1 erfolgt durch partielle Integration (es ist zu zeigen, dass die Formel für n + 1 gilt):

T_{n+1}(x) + R_{n+1}(x)\,
= \sum\limits_{k=0}^{n+1} \frac{f^{(k)}(a)}{k!}(x-a)^k + \int\limits_a^x\frac{(x-t)^{n+1}}{(n+1)!}f^{(n+2)}(t)\mathrm{d} t
=T_n(x) + \frac{f^{(n+1)}(a)}{(n+1)!}(x-a)^{n+1} + \left[\frac{(x-t)^{n+1}}{(n+1)!}f^{(n+1)}(t)\right]_{t=a}^{t=x} - \int\limits_a^x \frac{-(x-t)^n}{n!}f^{(n+1)}(t)\mathrm{d} t
= T_n(x) + \frac{(x-a)^{n+1}}{(n+1)!}f^{(n+1)}(a)-\frac{(x-a)^{n+1}}{(n+1)!}f^{(n+1)}(a) + R_n(x)
= T_n(x) + R_n(x) = f(x)\,

Restgliedformeln

Es gibt außer der Integralformel noch andere Darstellungen des Restgliedes. Eine ist die Lagrangesche Form des Restgliedes:


  R_{n}(x) = \frac{f^{(n+1)}(\xi)}{(n+1)!}(x-a)^{n+1}

für ein ξ zwischen a und x.

Sie ist der Spezialfall p = n+1 der Schlömilchschen Restgliedform für die natürliche Zahl p mit 1\le p\le n+1:

R_{n}(x) = \frac{f^{(n+1)}(\xi)}{p\cdot n!}(x-\xi)^{n+1-p}(x-a)^{n+1}

für ein ξ zwischen a und x.

Im Spezialfall p=1 erhalten wir das Cauchysche Restglied:


  R_{n}(x) = \frac{f^{(n+1)}(\xi)}{n!}(x-\xi)^{n}(x-a)^{n+1}

für ein ξ zwischen a und x. Das Cauchysche Restglied folgt auch aus der Integralform des Restgliedes und dem Mittelwertsatz der Integralrechnung.

Das Restglied hat die Eigenschaft, für x gegen a schnell gegen 0 zu konvergieren, genauer gilt:


  \lim_{x\to a} \frac{R_{n}(x)}{(x-a)^n} = 0

Das bedeutet, je näher x bei a liegt, desto besser stimmt das Taylorpolynom Tn an der Stelle x mit der Funktion f überein.

Näherungsformeln für Sinus und Cosinus

Eine Anwendung der Taylorformel sind Näherungsformeln, hier vorgestellt für Sinus und Kosinus (wobei das Argument im Bogenmaß angegeben wird).

Das 3. Taylorpolynom T3,sin der Sinusfunktion an der Entwicklungsstelle 0 hat diese Gestalt:

 \sin(x) \approx T_{3,\sin}(x) = x - \frac{x^3}{6}

Liegt x zwischen -\frac{\pi}{4} und \frac{\pi}{4}, dann liegt die relative Abweichung \left|\frac{T_{3,\sin}(x)-\sin(x)}{\sin(x)}\right| bei unter 0,5%.

Die folgende Abbildung zeigt die Graphen einiger Taylorpolynome Tn des Sinus für n =1, 3, 5, 15. Der Graph zu n = ∞ gehört zur Taylorreihe, die mit der Sinusfunktion übereinstimmt.

Approximation des Sinus durch Taylorpolynome

Das vierte Taylorpolynom T4,cos der Kosinusfunktion an der Entwicklungsstelle 0 hat im Horner-Schema diese Gestalt:

 \cos(x) \approx T_{4,\cos}(x) = \left( \frac{x^2}{12} - 1 \right) \cdot \frac{x^2}{2} + 1

Liegt x zwischen -\frac{\pi}{4} und \frac{\pi}{4}, dann liegt die relative Abweichung \left|\frac{T_{4,\cos}(x)-\cos(x)}{\cos(x)}\right| bei unter 0,05%.

Will man mit diesen Näherungsformeln den Sinus oder Kosinus von anderen x-Werten berechnen, sollte man die Reduktionsformeln benutzen, um |x| kleiner als \frac{\pi}{4} zu machen.

Auch für Kotangens und Tangens kann man diese Formeln nutzen, denn es ist

 \tan(x)\sim t(x)=\frac{T_{3,\sin}(x)}{T_{4,\cos}(x)}

mit einer relativen Abweichung von unter 0,5% für \left|x\right| < \frac{\pi}{4}, und cot(x) ~ 1/t(x) mit derselben relativen Abweichung. (Dabei ist t kein Taylorpolynom des Tangens.)

Braucht man eine noch höhere Genauigkeit für seine Näherungsformeln, dann kann man auf höhere Taylorpolynome zurückgreifen, die die Funktionen noch besser approximieren. Warum das so ist, wird im Artikel Taylorreihe erläutert.

Taylor-Formel im Mehrdimensionalen

Sei M \subset \mathbb R^m offen, k \in \mathbb N_0 und x_0 \in M.

Die Funktion f:M \rightarrow \R sei (k + 1)-mal stetig differenzierbar, also aus \mathcal C^{k+1}(M).

Dann gibt es für alle x \in M mit S_{x_0, x}:=\lbrace x_0 + t(x-x_0)|t \in [0,1] \rbrace \subset M ein z \in S_{x_0,x} mit

f(x)=\sum\limits_{|j|\leq k}\frac{D^jf(x_0)}{j!}(x-x_0)^j+\sum\limits_{|j|=k+1}\frac{D^jf(z)}{j!}(x-x_0)^j

wobei j ein Multiindex ist mit:

j=\begin{pmatrix}j_1 \\ \vdots \\ j_m \end{pmatrix}\in \mathbb N_0^m
|j|:=j_1+\cdots +j_m heißt die Länge von j

z. B.

|j|=3 \Rightarrow j=\begin{pmatrix}1\\1\\1\end{pmatrix},\begin{pmatrix}1\\2\\0\end{pmatrix}, \begin{pmatrix}1\\0\\2\end{pmatrix}, \begin{pmatrix}0\\1\\2\end{pmatrix}, ..., \begin{pmatrix}3\\0\\0\end{pmatrix}, \begin{pmatrix}0\\3\\0\end{pmatrix} \text{oder} \begin{pmatrix}0\\0\\3\end{pmatrix}
j!:=\prod\limits_{i=1}^{m}j_i!

und

D^j f:=\frac{\partial^{|j|}}{\partial x_1^{j_1} \cdot ... \cdot \partial x_m^{j_m}}f

so ist z. B.

(x-x_0)^j=\left[ \begin{pmatrix}x_1\\x_2\\ \vdots\end{pmatrix}-\begin{pmatrix}x_1^0\\x_2^0\\ \vdots\end{pmatrix}\right]^{\begin{pmatrix}j_1\\j_2\\ \vdots\end{pmatrix}}=(x_1-x_1^0)^{j_1}\cdot(x_2-x_2^0)^{j_2}\cdots

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