- Thor Kunkel
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Thor Kunkel (* 2. September 1963 in Frankfurt am Main) ist ein deutscher Schriftsteller. Für Aufsehen sorgte er mit seinem Roman Endstufe, der im Jahr 2004 eine heftige Debatte in den Feuilletons auslöste.
Inhaltsverzeichnis
Biografie
Kunkel wuchs im Frankfurter Stadtteil Gallusviertel auf. Nach dem Abitur am Goethe-Gymnasium studierte er bei Thomas Bayrle an der Staatliche Hochschule für Bildende Künste – Städelschule in Frankfurt am Main. Anschließend belegte er in San Francisco einen Kurs in „Creative Script Writing“, kam wieder nach Deutschland zurück und arbeitete zeitweise in der Werbebranche. Nach Abschluss seines Studiums lebte er 5 Jahre in London und über 10 Jahre in Amsterdam. In dieser Zeit arbeitete er als kreativer Kopf für einige der größten Werbeagenturen der Welt, darunter Young & Rubicam und Leo Burnett. Als Filmemacher engagierte er sich u. a. für sudanesische Flüchtlingskinder und karitative Einrichtungen wie SIRE (Stichting Ideële Reclame). Im Jahr 1999 gehörte er zu den Teilnehmern beim Wettbewerb um den Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Preis und gewann dort mit einem Kapitel aus seinem ersten Roman Das Schwarzlicht-Terrarium den Ernst-Willner-Preis. Der 640 Seiten lange Roman galt schon wenige Wochen nach seinem Erscheinen als die deutsche Antwort auf Pulp Fiction (DIE WOCHE).
Die FAS-Feuilleton-Redaktion wählte den Roman im März 2002 in den Kanon der „25 wirkungsvollsten deutschen Bücher der letzten 20 Jahre”. Martin Walser meinte dazu in der TAZ vom 25. April 2001: „Der Autor scheint ein Benennungsbesessener zu sein, ein Ekelvirtuose, ein Meisteranmacher, ein Sexualfundamentalist, ein Genie des Prosagraffiti, ein Chemielyriker, ein Mikrowellenpoet, ein Verzärteler des Mülls, ein Tragicomicer, ein Cherubin der Keuschheit, ein Seraphin der Obszönität, ein Wortprotz, ein Engel des Drecks, ja, ein Sargnagel der Unsterblichkeit ist er, ein Gesellschaftskritiker und Kosmopath.“ Thor Kunkel lebt heute in der Schweiz.
Streit um Endstufe
Kurz vor Druckbeginn im Frühjahr 2004 stellte der Rowohlt Verlag die Zusammenarbeit mit Kunkel ein. Der Verleger Alexander Fest begründete dies knapp mit Differenzen in inhaltlichen und ästhetischen Fragen. Daraufhin erschien Endstufe einige Monate später bei Eichborn. Der Roman bietet eine „eine monströse, horrorfilmartige Innenperspektive eines Systems, das sonst immer nur aus der Perspektive der Opfer geschildert wird.“ („Büchertalk, SWR, 12.Mai 2004) Der rote Faden der fiktiven Handlung bleibt der Handel mit pornografischen Filmen, der von Angestellten des „SS-Hygiene-Instituts Berlin“ in Nord-Afrika betrieben wird. Obwohl die so genannten Sachsenwald-Filme zur Sammlung des renommierten Medienexperten Werner Nekes zählen, wurde die Authentizität dieser Filme zeitweise angezweifelt, dann wieder bestätigt.[1]
Die Ablehnung Rowohlts hatte eine Diskussion in vielen deutschsprachigen Zeitungen zur Folge. Während die Meinungen über die Frage, ob Rowohlts Schritt gerechtfertigt war, stark auseinandergingen, wurde der Roman selbst in den meisten Medien scharf kritisiert. Über die Qualität des Textes gingen die Meinungen weit auseinander. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung nannte den Roman ein „glänzend geschriebenes, ungeheuer interessantes Manuskript von einem der besten deutschen Autoren der jüngeren Generation.“[2] Ein „zutiefst zynischen Versuch“, die Schreckensbilder der deutschen Geschichte „mit einem wüsten Ekelreigen zu exorzieren und zugleich durch das breite Ausmalen alliierter Verbrechen zu übertünchen“, urteilte dagegen die Frankfurter Allgemeine Zeitung.[3] Der britische The Guardian schrieb: „He is one of Germany’s hottest young novelists.“[4]
Werke
- Das Schwarzlicht-Terrarium, Rowohlt-Reinbek, 2000
- Ein Brief an Hanny Porter, 2001; Hörspielfassung des MDR (Bearbeitung: Steffen Moratz)
- Endstufe, Eichborn Berlin, 2004
- Verfallsobjekt Nr. 1, 2005 Hörspiel Deutschlandradio Kultur
- Kuhls Kosmos, PulpMaster Berlin,2008
- SUBs, 2009 Hörspiel, WDR
- Schaumschwester, Matthes & Seitz Berlin, 2010
- Subs, Wilhelm-Heyne-Verlag, München, 2011
Auszeichnungen (Auswahl)
als Schriftsteller:
- Ernst-Willner-Preis / Ingeborg-Bachmann-Wettlesen 2. Platz(1999)
- Nomination Bestes Hörspiel, Kategorie: Beste Unterhaltung (2002)
- Stipendium Preussische Seehandlung (2003)
- Aufenthaltsstipendium der Sylt-Quelle (2004)
- Autorenstipendium der Senatsverwaltung Berlin(2005)
- Nominationen Kurt-Lasswitz-Preis + Deutscher Science-Fiction-Preis(2006)
als Regisseur: Während seiner "Industrietätigkeit" als TV-Art Director und Werbefilm-Regisseur erhielt Kunkel u.a. folgende Auszeichnungen:
- N.Y. Film Festival
- ADCN-Award (Silver lamp)
- Cannes Lion (Poster Award) 1994
- Clio
- Creative Circle
- Creston
- Cyber Lion
- D&AD, DMSA
- Art Directors Club New York,
- Graphis Poster
- Epica
- Eurobest (4x)
- London Int. Advertising Festival
Quellen
- ↑ Deutschland, einig Pornoland, Marius Meller, Tagesspiegel
- ↑ NS-Pornographie - Die Nackten und die Toten, Volker Weidermann, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 2. Februar 2004
- ↑ Ein Ekelreigen - Keine Geschmackssache: Thor Kunkels Roman "Endstufe", Richard Kämmerlings, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3. April 2004
- ↑ Luke Harding in: The Guardian, 12. Februar 2004
Weblinks
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