Timagenes von Alexandria

Timagenes von Alexandria

Timagenes von Alexandria war ein im 1. Jahrhundert v. Chr. lebender griechischer Rhetor und Geschichtsschreiber.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Timagenes stammte aus Alexandria in Ägypten. Das byzantinische Lexikon Suda vermerkt, dass sein Vater Geldwechsler in Alexandria war.[1] Timagenes kam im Jahre 55 v. Chr. als Kriegsgefangener des Aulus Gabinius nach Rom. Er wurde von Faustus Cornelius Sulla, dem Sohn des Diktators Sulla, freigekauft und siedelte sich in Rom an. Dort machte er die Bekanntschaft von Marcus Antonius, hielt sich später jedoch im Umfeld des Augustus auf. Aufgrund seiner Spitzzüngigkeit überwarf er sich aber mit Augustus, der schließlich Timagenes die Amicitia („Freundschaft“) aufkündigte.[2] Sein neuer Patron wurde Gaius Asinius Pollio, der selbst ein Geschichtsschreiber und dem Prinzipat nur wenig zugetan war.

Werke

Timagenes verfasste mehrere Schriften, von denen aber nur sehr wenige Fragmente erhalten sind.[3] Darunter war eine Abhandlung über Gallien, die noch der spätantike Historiker Ammianus Marcellinus in seinem Exkurs über Gallien benutzte.[4] Timagenes scheint sich dabei auf Poseidonios gestützt zu haben. Eine Abhandlung über die Herrschaft des Augustus verbrannte der oft recht temperamentvolle Timagenes nach dem Bruch mit dem Princeps.[5]

Sein Hauptwerk trug den Titel Peri Basileon („Über die Könige“). Es handelte sich anscheinend um eine Universalgeschichte, die bis in die Zeit Caesars reichte und deren Schilderung wohl stark auf die hellenistischen Monarchien des Ostens konzentriert war. Viele Detailfragen in Bezug auf dieses Werk sind umstritten. Die Nachwirkung war jedenfalls recht beachtlich. Es diente unter anderem wohl Appian, Quintus Curtius Rufus (der Timagenes in seinem Werk auch erwähnt) und Pompeius Trogus als Quelle. Plutarch und Strabon erwähnen ihn und haben seine Universalgeschichte womöglich ebenfalls benutzt. Quintilian rühmte Timagenes als bedeutenden Historiker,[6] so dass Timagenes, trotz des faktischen Verlusts seiner Werke, als einer der wichtigsten griechischen Schriftsteller der augusteischen Zeit gilt.[7]

Alfred von Gutschmid nahm an, dass die Universalgeschichte des Pompeius Trogus, die uns nur als Epitome des Junianus Justinus vorliegt, lediglich eine lateinische Bearbeitung der Universalgeschichte des Timagenes darstellte.[8] Dies wäre unter anderem deshalb plausibel, weil die Universalgeschichte des Timagenes ein ähnliches Thema abdeckt wie das Werk des Trogus. Die Hypothese gilt zwar als umstritten, ist aber in jüngerer Zeit und in modifizierter Form – Timagenes als wichtige Quelle und als beeinflussender Faktor – wieder aufgenommen worden.[9] Es würde zumindest sehr überraschen, wenn Trogus das Werk des Timagenes nicht gekannt und es wenigstens nicht mit herangezogen hätte.

Von Teilen der Forschung wird Timagenes eine anti-römische Haltung unterstellt,[10] doch ist dies hinsichtlich seiner guten Beziehungen zu römischen Führungskreisen eher fraglich. Aus den wenigen Fragmenten ist eine solche Haltung jedenfalls nicht abzuleiten. Es ist ebenfalls spekulativ, die Äußerung des Titus Livius, wonach manche griechische Geschichtsschreiber auf Kosten Roms die Parther verherrlichen würden,[11] auf Timagenes zu beziehen.[12] Ebenso kann nicht abschließend geklärt werden, ob das Werk des Timagenes wirklich hellenozentrisch und den Barbaren gegenüber gewogen gewesen sei, wie etwa Marta Sordi meinte, da von dem Werk faktisch kaum etwas erhalten ist.[13]

Literatur

Anmerkungen

  1. Suda, tau 588.
  2. Glen Bowersock: Augustus and the Greek World. Oxford 1965, S. 109f., S. 123ff.
  3. Die Fragmente der griechischen Historiker, Nr. 88.
  4. Ammian 15,9,2.
  5. Seneca der Ältere, Controversiae 10,5,22; dort findet sich auch eine interessante Charakterisierung des Timagenes.
  6. Quintilian, Institutio Oratoria, 10,1,75.
  7. Vgl. Bowersock, Augustus and the Greek World, S. 124.
  8. Alfred von Gutschmid: Trogus und Timagenes. In: Rheinisches Museum für Philologie 37, 1882, S. 548–555.
  9. John C. Yardley, Waldemar Heckel: Justin: Epitome of the Philippic History of Pompeius Trogus. Vol. I. Oxford 1997, S. 30ff.
  10. Vor allem aufgrund einer Aussage bei Seneca (Epist. 91,13), wonach Timagenes Brände in Rom nur deshalb bedauern würde, weil die zerstörten Gebäude dann durch schönere ersetzt würden.
  11. Livius 9,18,6.
  12. Ronald Syme: The Augustan Aristocracy. Oxford 1986, S. 357. Vgl. dagegen Johannes Engels: Augusteische Oikumenegeographie und Universalhistorie im Werk Strabons von Amaseia. Stuttgart 1999, S. 229ff. Engels widerspricht energisch der teils verbreiteten Ansicht, Timagenes könne als Vertreter einer geistigen Opposition gegen die römische Herrschaft im Mittelmeerraum angesehen werden.
  13. Siehe auch den Artikel Timagenes. In: Hatto H. Schmitt, Ernst Vogt (Hrsg.): Lexikon des Hellenismus. Wiesbaden 2005, Sp. 1085.

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