Ronald Syme

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Sir Ronald Syme (* 11. März 1903 in Eltham, Neuseeland; † 4. September 1989 in Oxford) war ein aus Neuseeland stammender Historiker. Bekannt wurde er durch sein Werk The Roman Revolution von 1939. Syme gilt als einer der bedeutendsten Althistoriker des 20. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Symes Vorfahren stammten ursprünglich aus Schottland, er selbst war jedoch seiner Heimat Neuseeland tief verbunden und gab auch seine neuseeländische Staatsbürgerschaft nie auf. Syme studierte zunächst ab 1921 Latein und Alte Geschichte, ab 1922 auch Griechisch am Victoria University College, der heutigen Victoria-Universität Wellington, ab 1925 am Oriel College der University of Oxford, wo er drei Preise für Lateinische und Griechische Prosa und Dichtung erhielt. Ab 1929 lehrte er am dortigen Trinity College als Fellow und „Tutor in Ancient History“.

Im Zweiten Weltkrieg arbeitete Syme, da er neben einigen anderen Sprachen auch das Serbokroatische beherrschte, zunächst 1940–1941 für das britische Außenministerium an der Botschaft in Belgrad als Presseattaché. Nach der deutschen Besetzung Jugoslawiens im April 1941 ging er an die Botschaft in Ankara. An der Universität Istanbul war er daneben bis 1945 Professor für Klassische Philologie.

Durch den Erfolg von The Roman Revolution ab 1939 rasch bekannt geworden, wurde Syme 1949 an das Oxforder Brasenose College berufen, wo er als Camden Professor für Alte Geschichte Nachfolger von Hugh Last und Erbe des altehrwürdigen Lehrstuhls (seit 1622) wurde. Für 21 Jahre füllte er diese Position bis zu seiner Emeritierung 1970 aus, blieb aber als Extraordinary Fellow des Wolfson College in Oxford und bis zu seinem Tod wissenschaftlich aktiv. Symes engster Schüler Fergus Millar hatte von 1984 bis 2002 Symes früheren Lehrstuhl als Camden Professor inne.

1959 wurde Syme zum Ritter geschlagen. Ab 1955 war er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1959/1960 wurde Syme zum Sather Professor an der University of California at Berkeley ernannt.

Werk

Syme verfasste mehrere Standardwerke und schrieb zahlreiche Artikel, so auch etwa mehrere Kapitel für die erste Auflage der Cambridge Ancient History. Sein bekanntestes Werk ist The Roman Revolution („Die Römische Revolution“, erschienen am 7. September 1939), in dem er den Weg des ersten römischen Kaisers Augustus nachzeichnete. Für Syme war Augustus ein kalkulierender Machtmensch, der die alte zerbröckelnde Republik zu Grabe trug, um unter einer scheinbar republikanischen Fassade eine Alleinherrschaft zu begründen – es galt zu wählen: Freiheit oder stabile Regierung. Dabei treten gewollte Parallelen zum Aufkommen totalitärer Systeme (wie des Faschismus oder der kommunistischen Diktatur in der Sowjetunion) in Symes Zeit offen zu Tage.[1]

Für Syme, der eine mitreißende Prosa beherrschte, war der Historiker Tacitus maßgebend, sowohl in Hinblick auf den Stil als auch auf die offene und latente antimonarchische Kritik, die das Werk dieses antiken Geschichtsschreibers durchzieht (vgl. auch senatorische Geschichtsschreibung). Zugespitzt bedeutet dies: Syme schrieb gewissermaßen jene Abrechnung mit dem Prinzipat des Augustus, die Tacitus so nicht schreiben konnte,[2] wofür es aber auch nicht an Kritik von Kollegen fehlte, die Syme teils mangelnde Distanz zu seinem Gegenstand vorwarfen, obwohl die Bedeutung seiner Darstellung nie in Frage gestellt wurde. Auch die Verwendbarkeit des Ausdrucks „Revolution“ wurde früh bezweifelt. Nicht zuletzt aufgrund der negativen Sichtweise auf Augustus wurde das Werk in Deutschland, wo man Caesar und Augustus lange Zeit eher als geniale „Führerpersönlichkeiten“ verstand, auch nach 1945 zunächst nur langsam rezipiert.

Der Schwerpunkt von Symes wissenschaftlicher Arbeit lag in der römischen Geschichte vom Ende der Republik bis zum 4. Jahrhundert n. Chr. Er beschäftigte sich in zahlreichen Büchern und Aufsätzen mit einigen für diese Zeit wichtigen Historikern, vor allem mit Tacitus, über den er ein bis heute wichtiges Standardwerk verfasste. In dieser Arbeit betont er die wichtige Rolle, die Provinzialrömer in der trajanischen Administration gespielt hätten (auch Syme selbst war ja ein homo novus aus der Provinz, in seinem Fall des Britischen Empire). Einen weiteren Schwerpunkt seiner Forschungen stellte die sehr umstrittene Historia Augusta dar; diesem spätantiken Werk widmete er insgesamt drei Bücher und zahlreiche Aufsätze, die später gesammelt herausgegeben wurden.[3] Ferner beschäftigte er sich mit der Zusammensetzung und Entwicklung der senatorischen Führungsschicht des Imperiums. Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Prosopographie (obwohl Arnaldo Momigliano dieses Vorgehen in seiner Rezension kritisierte[4]), wobei er viel den Arbeiten Friedrich Münzers und Matthias Gelzers verdankte und diese „deutsche Methodik“ im englischsprachigen Raum verstärkt zur Geltung brachte.

„Wie Mommsen und Heuss war auch Ronald Syme der mächtige Magier, der sich den historischen Stoff ganz und gar angeeignet hatte und seine Herrschaft über ihn in dem Anspruch zum Ausdruck brachte, der Geschichte allgemeingültige Einsichten entnehmen zu können. […] Andererseits schloß sich Syme bei der Suche nach seinem Durchblick denkbar eng dem Interesse und dem Mit-Leiden der drei Geschichte schreibenden Aristokraten Pollio, Sallust und Tacitus an.“

Uwe Walter[5]

Hauptwerke

  • The Roman Revolution. Oxford 1939. Vgl. die grundlegend überarbeitete und erstmals vollständige Neuausgabe der deutschen Übersetzung von Friedrich Wilhelm Eschweiler und Hans Georg Degen; mit Literaturangaben zu Syme, einem Nachwort und einem Essay zu seinem Leben und Werk:
    Die römische Revolution. Machtkämpfe im antiken Rom. Hrsg. von Christoph Selzer und Uwe Walter, Klett-Cotta, Stuttgart 2003, ISBN 3-608-94029-4.
  • Tacitus. 2 Bde., Oxford 1958.
  • Sallust. Berkeley 1964 (deutsch Darmstadt 1975).
  • Ammianus and the Historia Augusta. Oxford 1968.
  • Emperors and Biography. Oxford 1971.
  • Roman Papers. Hrsg. von A. R. Birley, 7 Bde., Oxford 1979–91 (wichtige Sammlung von Symes Aufsätzen).
  • The Augustan Aristocracy. Oxford 1986.

Literatur

  • Géza Alföldy: Sir Ronald Syme, „Die römische Revolution“ und die deutsche Althistorie. Winter, Heidelberg 1983 (Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse, 1983/1), ISBN 3-533-03307-4.
  • Karl Christ: Ronald Syme (1903–1989). In: Karl Christ: Neue Profile der Alten Geschichte. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1990, S. 188–247.
  • Werner Dahlheim: Ronald Syme. Geschichte als aristokratische Gelehrsamkeit und literarische Kunst. Nachwort. In: Ronald Syme: Die römische Revolution. Machtkämpfe im antiken Rom. Klett-Cotta, Stuttgart 2003, ISBN 3-608-94029-4, S. 713–731.
  • Fergus Millar: Style Abides. [Rezension zu Roman Papers, Bd. 1 und 2]. In: The Journal of Roman Studies 71, 1981, S. 144–152 (gute Einführung in Symes Leben und Werk).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Karl Christ: Ronald Syme (1903–1989). In: Karl Christ: Neue Profile der Alten Geschichte. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1990, S. 188–247, hier S. 201: Symes Wertungen seien geprägt „durch die Machtergreifungen der Parteien Mussolinis und Hitlers, durch den spanischen Bürgerkrieg, ferner […] durch die Verfassung der Sowjetunion, die Stalin im Jahre 1936 erließ und die ihn als Schein und Trug an die ‚Verfassung‘ des augusteischen Prinzipats erinnerte“. Christ zitiert hier teilweise Géza Alföldy.
  2. Daneben ist in seiner Römischen Revolution auch das Vorbild des Gaius Asinius Pollio greifbar, der ein heute verlorenes Geschichtswerk über diese Zeit verfasste und (wie Syme) seine Darstellung im Jahr 60 v. Chr. begann.
  3. Historia Augusta Papers. Oxford 1983.
  4. Arnaldo Momigliano: Review: Ronald Syme, The Roman Revolution. In: The Journal of Roman Studies 30, 1940, S. 75–80: Momigliano bezeichnet Symes Buch als „a reference book for prosopographical research“ (S. 75), kritisiert aber diesen Ansatz: „a faction or even a party, in the sense of a limited, circumscribed, number of men, cannot explain the Augustan principate. In other words, we shall reaffirm that prosopographical research cannot give a sufficient interpretation of this period (and, we would add, of any historical period).“ (S. 77).
  5. Uwe Walter: Passage in zwei Welten: „Die Römische Revolution“ und die Sprache des Historikers. In: Ronald Syme: Die römische Revolution. Machtkämpfe im antiken Rom. Klett-Cotta, Stuttgart 2003, ISBN 3-608-94029-4, S. 735–747, hier S. 736f.; zu Pollio, Sallust und Tacitus als Vorbilder Symes vgl. Ronald Syme: Die römische Revolution. Machtkämpfe im antiken Rom. Klett-Cotta, Stuttgart 2003, S. 11ff.

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