- Udo von Woyrsch
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Udo Gustav Wilhelm Egon von Woyrsch (* 24. Juli 1895 auf Rittergut Schwanowitz, Landkreis Brieg; † 14. Januar 1983 in Biberach an der Riß) war ein deutscher SS-Führer und Polizeioffizier (General der Deutschen Polizei). Er war unter anderem Mitglied des Preußischen Staatsrats auf Lebenszeit, Mitglied des nationalsozialistischen Reichstags sowie Gutsbesitzer auf Schwanowitz und Pramsen.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Wirken
Woyrsch entstammte einem alten südböhmischen Adelsgeschlecht. Er war der Sohn des königlich preußischen Kammerherr und Gutsbesitzers Günther von Woyrsch (1858–1923) und seiner Gattin Gertrud Gräfin von Pfeil und Klein-Ellguth (1866–1956). Ein Onkel von ihm war der preußische Generalfeldmarschall Remus von Woyrsch (1847–1920).
Nach dem Schulbesuch schlug Woyrsch die Offizierslaufbahn ein. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg übernahm er 1921 die Güter seines Vaters. Am 25. Juni 1924 heiratete er auf Gut Pischkowitz in Niederschlesien in erster Ehe Marie-Eva von Eichborn (* 5. März 1902 auf Gut Pischkowitz; † ?), eine Tochter des Gutsbesitzers Wolfgang von Eichborn auf Pischkowitz und der Edelgard von Rosen (Haus Neudorf). Diese Ehe wurde am 19. Mai 1933 in Brieg (Niederschlesien) wieder geschieden.
Mitte der 1920er Jahre schloss Woyrsch sich der NSDAP an (Mitglieds-Nr. 162.349). Außerdem wurde er Mitglied der Schutzstaffel (Mitglieds-Nr. 3.689), in der er rasch Karriere machte.
Im Sommer 1932 gelang es Woyrsch den Obersten Walter von Reichenau, den Stabschefs des ostpreußischen Wehrkreisbefehlshabers Werner von Blomberg für die Ziele der NS-Bewegung zu gewinnen. Reichenau arbeitete fortan systematisch daran, Blomberg für den Nationalsozialismus einzunehmen, ein Akt persönlicher politischer Überzeugungsarbeit, der sich als folgenreich erweisen sollte: Reichspräsident Paul von Hindenburg entschied sich im Januar 1933, Blomberg, dessen Nähe zum Nationalsozialismus noch unbekannt war, als Wehrminister in die Hitler-Regierung zu schicken und mit der Rolle eines „Aufpassers“ zu betrauen.
1933 wurde Woyrsch zum Mitglied des Preußischen Staatsrates ernannt. Außerdem zog er im März 1933 in den Reichstag ein, dem er anschließend bis zum Ende der NS-Herrschaft als Abgeordneter für Schlesien angehörte. Als Abgeordneter stimmte er unter anderem für das Ermächtigungsgesetz vom März 1933, das mit der Zusammenlegung von Exekutive und Legislative die juristische Grundlage für die Errichtung der NS-Herrschaft bildete.
1934 oblag Woyrsch die regionale Leitung der Mord- und Verhaftungsaktionen im Rahmen der als „Röhm-Putsch“ bekannt gewordenen politischen Säuberungswelle der Nationalsozialisten im Raum Schlesien. Bei dieser Gelegenheit demonstrierte er einen extremen Radikalismus, der ihm den Spitznamen „Bluthund“ einbrachte: In Schlesien wurden mehr Einzelpersonen liquidiert als in allen anderen Provinzen des Deutsches Reiches - einzig in Berlin und München, den eigentlichen Zentren der Säuberungswelle, kamen mehr Menschen ums Leben. Dabei kam es zu zahlreichen Exzessen und Überschreitungen: So ließ Woyrsch zum einen entgegen Himmlers Weisung seinen persönlichen Rivalen Emil Sembach ermorden. Hinzu kam die Ermordung einer Reihe von Unbeteiligten, die zum Teil auf eine bewusste Ausweitung der aus Berlin kommenden Weisungen durch Woyrsch, zum Teil auf Eigeninitaitve der seiner Kontrolle entglittenen SS in Schlesien, zurückgingen. Sanktioniert wurden diese Überschreitungen durch Woyrschs Ablösung als Mitglied des Preußischen Staatsrates und durch seine Enthebung von allen seinen Ämtern in Schlesien.[1]
Am 21. September 1934 heiratete Woyrsch in zweiter Ehe in Bad Salzbrunn (Niederschlesien) Inez Freiin von Tschammer und Quaritz (* 21. Dezember 1908 in Nieder-Tschirnau, Landkreis Guhrau, Niederschlesien; † ?), eine Tochter des Gutsbesitzers Siegfried Freiherr von Tschammer und Quaritz auf Quaritz und der Edith von Lieres und Wilkau (Haus Stephanshain).
Am 1. Januar 1935 wurde Woyrsch zum SS-Obergruppenführer befördert, dem damals höchsten Rang in der SS. Am 3. September 1939 wurde Woyrsch von Himmler zum „Sonderbefehlshaber der Polizei“ ernannt und mit dem Kommando über die Einsatzgruppe z. b. V. im Polenfeldzug betraut, die in den Folgemonaten zahlreiche Erschießungen an Juden und anderen Zivilisten im deutschbesetzten Polen vornahm. Am 15. April 1941 wurde Woyrsch zum General der Polizei befördert. Vom 20. April 1940 bis zum 11. Februar 1944 bekleidete er das Amt eines Höheren SS- und Polizeiführers des SS-Oberabschnittes Elbe (HSSPF SSOA Elbe). Er verlor dieses Amt, als er in einer Intrige gegen den sächsischen Gauleiter Martin Mutschmann unterlag. Seit 30. Januar 1943 war Woyrsch Inhaber des Goldenen Parteiabzeichens der NSDAP.[2]
Woyrsch wurde 1948 wegen „Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Organisation“ zu 20 Jahren Haft verurteilt, aber bereits 1952 wieder entlassen. In einem zweiten Gerichtsprozess wurde er 1957 in Oldenburg wegen seiner Rolle im Röhm-Putsch zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt, kam jedoch bereits 1960 wieder in Freiheit.
Literatur
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser A Band VII, Seite 403, Band 34 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1965, ISSN 0435-2408
- Ruth Bettina Birn: Die Höheren SS- und Polizeiführer. Himmlers Vertreter im Reich und in den besetzten Gebieten. Droste Verlag, Düsseldorf, 1986. ISBN 3-7700-0710-7
- Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Fischer, Frankfurt am Main 2007. ISBN 978-3-596-16048-8. (Aktualisierte 2. Auflage)
- Joachim Lilla, Martin Döring: Statisten in Uniform. Die Mitglieder des Reichstags 1933–1945. Droste, Düsseldorf 2004, ISBN 3-7700-5254-4.
- Erich Stockhorst: 5000 Köpfe – Wer war was im Dritten Reich. Arndt, Kiel 2000, ISBN 3-88741-116-1.
Weblinks
- Literatur von und über Udo von Woyrsch im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Udo von Woyrsch in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten
- Personaldaten (Archivversion vom 9. September 2007) auf Axis Biographical Research
Einzelnachweise
- ↑ Der Spiegel 20/1957
- ↑ Klaus D. Patzwall: Das Goldene Parteiabzeichen und seine Verleihungen ehrenhalber 1934-1944, Studien der Geschichte der Auszeichnungen Band 4, Verlag Klaus D. Patzwall, Norderstedt 2004, ISBN 3-931533-50-6, S.90
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