- Ultrafilter
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Ein Ultrafilter ist in der Mathematik ein Mengenfilter auf einer Menge X, so dass für jede Teilmenge A von X entweder A selbst oder ihr Komplement X − A (Differenzmenge) Element des Mengenfilters ist. Ultrafilter sind somit genau diejenigen Mengenfilter, zu denen keine echte Verfeinerung existiert. Diese Definition von Ultrafiltern lässt sich von Mengenfiltern auf allgemeine Filter übertragen.
Ultrafilter mit der Eigenschaft, dass die Schnittmenge aller ihrer Elemente nichtleer ist, heißen fixierte Ultrafilter. Alle Ultrafilter auf endlichen Mengen sind fixierte Ultrafilter. Ein von einer Einpunktmenge erzeugter Ultrafilter heißt auch Elementarfilter. Fixierte Filter sind die einzigen explizit konstruierbaren Ultrafilter. Die zweite Art der Ultrafilter sind die freien Ultrafilter, für die die Schnittmenge aller ihrer Elemente die leere Menge ist. Freie Ultrafilter lassen sich nur mit Hilfe des Auswahlaxioms konstruieren und nicht explizit angeben.
Inhaltsverzeichnis
Formale Definition und grundlegende Eigenschaften
Es sei X eine Menge. Ein Filter ist eine Familie von Teilmengen auf X mit folgenden Eigenschaften:
- Seien Filter auf X. heißt genau dann Ultrafilter, wenn gilt.
Punkt 4 kann auch so ausgedrückt werden, dass in der Menge aller Filter auf X maximal ist, wobei als Ordnung die Inklusion auf , also auf der Potenzmenge der Potenzmenge von X, verwendet wird. (Beachte: Ein Filter ist eine Teilmenge von und daher ein Element von .
Es gilt folgender Satz: Ist ein Filter auf der Menge X. Dann existiert ein Ultrafilter der den Filter umfasst. Da {X} ein Filter auf der Menge X ist, existiert auf jeder nichtleeren Menge ein Ultrafilter.
Ultrafilter lassen sich durch folgenden Satz charakterisieren:
Es sei ein Filter auf X. Dann sind folgende Aussagen äquivalent (L1):
- Für alle Filter auf X mit folgt .
- Für alle Teilmengen gilt: oder .
- gilt, dass entweder oder .
Des Weiteren gilt: Sind Ultrafilter auf einer Menge X, dann sind diese gleichmächtig. Dies sieht man durch folgende Abbildungen ein:
sowie
Zuerst sieht man, dass die Abbildungen, wegen (L1) wohldefiniert sind. Man sieht sofort und . Somit handelt es sich um Bijektionen.
Vollständigkeit
Unter der Vollständigkeit eines Ultrafilters, versteht man die kleinste Kardinalzahl κ, sodass der Durchschnitt von κ Elementen des Filters kein Element des Filters ist. Dies widerspricht nicht der Definition von Ultrafiltern, da nach dieser nur der Durchschnitt von endlich vielen Elementen eines Ultrafilters ein Element des Ultrafilters sein muss. Aus der Definition folgt, dass die Vollständigkeit eines Ultrafilters mindestens ist. Ein Ultrafilter, dessen Vollständigkeit größer als ist, heißt, abzählbar vollständig, bzw. σ-Vollständig, da jede Schnittmenge abzählbar (auch abzählbar unendlich) vieler Elemente des Filters, wieder ein Element des Filters ist.
Verallgemeinerung von Ultrafiltern auf Halbordnungen
Im Kontext der allgemeineren Definition von Filter als Teilmenge einer halbgeordneten Menge (zum Beispiel Potenzmenge mit Inklusion) heißt ein Filter Ultrafilter, wenn es keinen feineren Filter als gibt, der nicht schon ganz ist - formal ausgedrückt: Wenn ein Filter auf ist mit , dann gilt oder . Diese allgemeinere Definition stimmt in dem Spezialfall, dass die Potenzmenge einer Menge X ist, mit der zuerst gegebenen überein.Mit Hilfe des Zornschen Lemmas lässt sich zeigen, dass jeder Filter in einem Ultrafilter enthalten ist.
Arten und Existenz von Ultrafiltern
Es gibt zwei Arten von Filtern. Zur Unterscheidung wird folgende Definition benutzt:
Ein Filter heißt frei, wenn ist, andernfalls heißt er fixiert.
Leicht sieht man, dass Ultrafilter auf einer endlichen Menge fixiert sind; auf endlichen, halbgeordneten Mengen besitzen Ultrafilter ein kleinstes Element, sie lassen sich als für ein Element a darstellen. Für Filter auf allgemeinen Mengen gilt folgender Satz:
- Ein Filter auf X ist ein fixierter Ultrafilter genau dann, wenn es ein gibt mit .
In diesem Fall heißt x Hauptelement des Ultrafilters.
Freie Ultrafilter können nur auf unendlichen Mengen existieren. Es lässt sich zeigen, dass jeder Filter einer Menge X (allgemeiner: jede Teilmenge , für die die Schnittmenge endlich vieler Teilmengen von wieder in liegt) in einem Ultrafilter von X enthalten ist, was die Existenz freier Ultrafilter sichert. Die Beweise dazu beruhen allerdings auf dem Auswahlaxiom und sind daher nicht konstruktiv. Deshalb können freie Ultrafilter nicht explizit angegeben werden, obwohl die meisten Ultrafilter auf unendlichen Mengen frei sind.
Ein Beispiel für fixierte Filter sind Umgebungsfilter.
Beispiele
- Auf der leeren Menge gibt es nur den leeren Filter, welcher die leere Menge ist. Dieser ist damit ein Ultrafilter.
- Ist X eine endliche Menge, dann ist jeder Ultrafilter auf X genau durch einen Punkt fixiert. Wäre das nicht so und wäre der Filter durch die Menge {x1,...,xn} fixiert, so könnte man ihn durch Hinzufügen von xn echt verfeinern. Somit sind die Ultrafilter auf einer Menge gerade die Punktfilter.
- Der Umgebungsfilter eines Punktes in der Topologie ist genau dann ein Ultrafilter, wenn der Punkt isoliert ist.
- Zur Konstruktion hyperreeller Zahlen verwendet man einen Ultrafilter auf den natürlichen Zahlen: Der kofinite Filter auf den natürlichen Zahlen ist der Filter, der nur die Komplemente endlicher Mengen natürlicher Zahlen enthält. Er ist selbst kein Ultrafilter (denn er enthält weder die Menge der geraden noch die Menge der ungeraden natürlichen Zahlen), ist aber in einem Ultrafilter enthalten - diesen kann man nicht konkret angeben, es gibt auch mehrere mögliche. Entscheidet man sich für einen davon (nicht-konstruktiv), kann man hyperrelle Zahlen definieren.
Literatur
- Boto von Querenburg: Mengentheoretische Topologie. 3. neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Springer-Verlag, Berlin u. a. 2001, ISBN 3-540-67790-9 (Springer-Lehrbuch).
- Skript zur Mengentheoretische Topologie (deutsch), (PDF-Datei; 1,7 MB).
- Thorsten Camps, Stefan Kühling, Gerhard Rosenberger: Einführung in die mengentheoretische und die algebraische Topologie. Heldermann, Lemgo 2006, ISBN 3-88538-115-X (Berliner Studienreihe zur Mathematik 15), S. 203ff. Kapitel 13.
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