- A-Kohle
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Aktivkohle oder kurz A-Kohle (Carbo medicinalis, medizinische Kohle) ist eine feinkörnige Kohle mit großer innerer Oberfläche, die als Adsorptionsmittel unter anderem in Chemie, Medizin, Wasser- und Abwasserbehandlung sowie Lüftungs- und Klimatechnik eingesetzt wird. Sie kommt granuliert oder in Tablettenform gepresst (Kohlekompretten) zum Einsatz.
Inhaltsverzeichnis
Eigenschaften
Aktivkohle besteht überwiegend aus Kohlenstoff (meist > 90 %) mit hochporöser Struktur. Die Poren sind wie bei einem Schwamm untereinander verbunden. Die innere Oberfläche beträgt zwischen 300 und 2000 m²/g Kohle. Die innere Oberfläche von 4 Gramm Aktivkohle entspricht ungefähr der Fläche eines Fußballfeldes. Die Dichte von Aktivkohle liegt im Bereich von 200 bis 600 kg/m³. Die Porengrößenverteilung der Mikroporen (< 2 nm), Mesoporen (2–50 nm) und Makroporen (> 50 nm) bestimmt die Adsorptionseigenschaften.
Bei einem Würfel mit einer Kantenlänge von 1 cm übersteigt die innere Oberfläche die äußere um mehr als den Faktor 10.000.
Gewinnung
Aktivkohle wird aus pflanzlichen, tierischen, mineralischen oder petrochemischen Stoffen hergestellt. Als Ausgangsmaterialien dienen dabei z. B. Holz, Torf, Nussschalen, Braun- oder Steinkohle bzw. Kunststoffe. Entsprechend wird sie auch als Pflanzenkohle bezeichnet. Als Tierkohle, lat. carbo animalis, wird Aktivkohle bezeichnet, die aus tierischem Blut (Blutkohle) oder aus Knochen (Knochenkohle) hergestellt wird.
Die Herstellung geschieht im Allgemeinen durch Behandlung mit Dehydratisierungsmitteln (Zinkchlorid, Phosphorsäure) bei 500–900 °C oder durch trockene Destillation. Die so erhaltene Rohaktivkohle wird anschließend oxidativ aktiviert bei 700–1000 °C mit Wasserdampf oder Kohlendioxid, zum Teil auch mit Luft.
Für einige Verwendungszwecke wird die Aktivkohle mit weiteren Chemikalien behandelt (imprägniert), um die Abscheidewirkung zu verbessern. Filterkohle für Atemfilter in Gasmasken wird mit Metallsalzen belegt, was die Abscheidewirkung für viele chemische Giftstoffe verbessert.[1]
Einsatzgebiete
Aktivkohle wird in erster Linie als Adsorptionsmittel zur Entfernung unerwünschter Farb-, Geschmacks- und Geruchsstoffe aus Gasen, Dämpfen und Flüssigkeiten eingesetzt. Ein großer Vorteil von Aktivkohlen besteht in ihrer thermischen Reaktivierbarkeit. Hauptsächlich findet Aktivkohle Verwendung in Form von Granulaten, als Pulver oder in pelletierter Form. Auch Gewebe aus Aktivkohle sind auf dem Markt erhältlich.
Mit Aktivkohle werden zum Beispiel entfernt:
- Chlor, Ozon und andere geschmacks- und geruchsstörenden Stoffe sowie Bakterien aus Wasser, Süßungsmitteln, Glyzerin und chemischen Flüssigkeiten
- farbgebende Stoffe und Störstoffe aus flüssigen Strömen in der chemischen- oder Nahrungsmittelindustrie
- Giftstoffe aus der Luft (Filter bei Gasmasken, Belüftungsanlagen von Panzern und Schutzräumen, Abluft bei Produktionsanlagen)
- Uranhexafluorid aus der Luft in der Kerntechnik (Brennstoffherstellung)
- Benzindämpfe aus der Abluft von Tankanlagen
- Chlorkohlenwasserstoffe aus Abluft und Abgasen z. B. bei chemischen Reinigungen
- ein Anteil Teer aus dem Zigarettenrauch in Zigarettenfiltern
- unerwünschte Aromastoffe aus Wodka und anderen Spirituosen
- Schweißgeruch in Schuhen (durch aktivkohlehaltige Einlagen)
- Gärungsnebenprodukte wie Fuselöle und Ester aus Bier
- Schadstoffe in Aquarien-und Teichfiltern
- störende Gerüche aus der Abluft von Küchen, Fritteusen und Backöfen
In der Abwasserreinigung werden Aktivkohlen verwendet, um adsorbierbare, gelöste Abwasserinhaltstoffe aus dem Wasser zu entfernen. Dieser Verfahrensschritt wird zumeist erst eingesetzt, wenn preiswertere Methoden wie biologische Verfahren, Fällung und Flockung nicht zum Ziel führen. Diese Methode kann auch zur Reinigung von Teilströmen in der Industrie eingesetzt werden, wobei das Ziel verfolgt werden kann, Reststoffe zurückzugewinnen.
Eine weitere bedeutende Anwendung für Aktivkohle liegt in den Kabinenluftfiltern für die Automobilindustrie. Seit Mitte der 1990er Jahre wird diese Filterklasse in Klimaanlagen eingesetzt. Die sogenannten Kombifilter (das ist eine spezifische Kabinenluftfilterklasse) beinhalten eine Schicht Aktivkohle, welche schädliche Gase aus der Luft herausfiltriert und somit die Passagiere vor diesen Schadstoffen schützt. Für diese Anwendung werden jährlich weltweit mehr als 5000 Tonnen Aktivkohle verarbeitet.
In den Abluftstecken von Kernkraftwerken werden Aktivkohlefilter als Verzögerungsstrecken für kurzlebige radioaktive Edelgase verwendet. Die Edelgase durchlaufen - bedingt durch zeitweise Adsorption - die Filterstrecken deutlich langsamer als der Rest der Abluft. Durch den radioaktiven Zerfall wird dabei die Menge der radioaktiven Edelgase in der Abluft erheblich vermindert.
Die Wasseraufbereitung bedient sich ebenfalls der Adsorption an Aktivkohle zur Reinigung von Rohwasser.
Durch ihre hohe Adsorptionsfähigkeit lässt sich Aktivkohle auch in Sorptionspumpen zur Erzeugung von Vakua verwenden.
Aktivkohle weist nur eine eingeschränkte Beladbarkeit auf. Eine Regeneration erfolgt meist durch Erhitzen auf mehrere hundert Grad Celsius. Dabei verdampft zum einen ein Teil der Beladung (z. B. organische Lösemittel), ein anderer Teil kann aber auch verkoken, dann muss die Aktivkohle wie bei der Herstellung wieder mit Wasserdampf reaktiviert werden.
Aktivkohle kommt auch in Wärmebeuteln vor.
Medizinische Anwendung
In der Medizin wird Aktivkohle vor allem dafür benutzt, Giftstoffe aus dem Magen-Darm-Trakt zu entfernen. Bei harmlosen Durchfallerkrankungen, z. B. Magen-Darm-Grippe (Gastroenteritis), werden üblicherweise Kohlekompretten benutzt. Bei Vergiftungsnotfällen wird Aktivkohle in größerer Menge benutzt, um oral aufgenommene Gifte, die sich im Verdauungstrakt befinden oder einem enterohepatischen Kreislauf unterliegen, aus dem Organismus zu entfernen. Die Dosierung ist in solchen Fällen 0,5 bis 1 g Kohle pro Kilogramm Körpergewicht bei einem erwachsenen Menschen.
Lebensmittelfarbe
Aktivkohle wird in der Lebensmittelindustrie als Farbstoff E 153 eingesetzt. E 153 kommt in Fruchtsaftkonzentraten, Gelees, Marmeladen, Süßwaren und in schwarzen Wachsüberzügen bei Käse zum Einsatz.
Einzelnachweise
Literatur
- Hartmut von Kienle & Erich Bäder: Aktivkohle und ihre industrielle Anwendung. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1980, ISBN 3-432-90881-4
- Roop Chand Bansal, Jean-Baptiste Donnet, Fritz Stoeckli: Active Carbon. Marcel Dekker, New York 1988, ISBN 0-8247-7842-1
- John W. Patrick (Hrsg.): Porosity in Carbons. Edward Arnold, London 1995, ISBN 0-340-54473-2
- CD Roempp Chemie Lexikon. Georg Thieme Verlag, Stuttgart
- Thomas Schneider, Benno Wolcke, Roman Böhmer: Taschenatlas Notfall & Rettungsmedizin - Kompendium für den Notarzt. 3. Auflage, Springer Medizin Verlag Heidelberg, 2000, 2004, 2006, ISBN 3-540-29565-8
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