- Ursula Brandmüller
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Ursula Brandmüller (* 9. August 1809 in Dickenreishausen; † 7. Juni 1834 in Memmingen) war eine Giftmörderin und wurde am 7. Juni 1834 in Memmingen öffentlich hingerichtet. Es war die letzte öffentliche Hinrichtung in Memmingen, das zum damaligen Königreich Bayern gehörte.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Ursula Rabus wurde in Dickenreishausen, einem kleinen damals traditionell evangelisch-lutherischen Ort geboren. Seit 1472 verwaltete die Memminger Unterhospitalstiftung den Ort. Durch die Zugehörigkeit zu Memmingen wurde das Dorf in der Reformationszeit 1532 evangelisch.
Ihr Vater war ein Kleinbauer und Besitzer eines Söldnergutes. Die Mutter war bei Ursulas Geburt 40 Jahre und der Vater 63 Jahre alt. Sie besuchte von ihrem 6. bis zum 14. Lebensjahr die Werktags- und die Sonntagsschule. Nach dem Zeugnis des Lokalschulinspektors und evangelischen Pfarrers Haug besuchte sie regelmäßig die Schule, besaß aber nur mäßige Geistesgaben. Laut ihren Angaben konnten ihre Eltern ihren eigenen Namen nicht schreiben. Sie selbst besaß ein vorzügliches Gedächtnis und wurde als ein sehr liebenswürdiges Kind charakterisiert. Ein Jahr nachdem sie die Schule abgeschlossen hatte, übernahm ihr Bruder das kleine landwirtschaftliche Söldneranwesen des Vaters. Ein Jahr blieb sie noch zuhause beim Bruder. Mit 16 Jahren wurde sie Dienstmagd. 1828 mit 19 Jahren kam sie in Anstellung zu einem Bauern namens Michael Rabus in Dickenreishausen, der aber nicht mit ihr verwandt war. Sie begann ein Verhältnis mit dem wesentlich älteren Mann, der ihr nach ihren Angaben versprach, im Falle einer Schwangerschaft sich von seiner Frau Rosina scheiden zu lassen. Die Gattin des Bauern erfuhr von dem Verhältnis und war darüber nicht erfreut. Als Folge davon bekam Ursula sehr schwere Arbeiten auf dem Hof zugeteilt, fühlte sich aber immer wieder zu dem älteren Bauern hingezogen.
Heirat
Am Ostermontag, dem 8. April 1833, heiratete sie David Brandmüller, einen Pflasterer und Witwer aus Memmingen. Er hatte drei Kinder von seiner verstorbenen Frau und eine weitere Tochter aus einer früheren Beziehung. Für die Kinder suchte er eine Mutter. Die Heirat war für Ursula kein sozialer Aufstieg, bot ihr aber eine solide materielle Basis. Brandmüller verfügte über einen Anteil am Haus in der Krugstraße, was nach Abzug der Schulden 120 Gulden wert war; er hatte eine relativ sichere Anstellung als Pflasterer beim städtischen Bauhof.
Ursula bekam als Mitgift von ihrem Bruder 100 Gulden. Weitere 100 Gulden hatte sie als Dienstmagd erspart. Michael Rabus vermachte ihr 100 Gulden zur Aussteuer. 300 Gulden waren für eine Dienstmagd in der damaligen Zeit ein ansehnliches Vermögen. David Brandmüller kaufte im Jahr der Heirat noch einen Hopfengarten am Ulmer Tor. Die Nachbarn beschrieben sie als reinlich, höflich und zurückgezogen. Ihr Schwager bezeichnete sie als schlechte Köchin. Den Stiefkindern stand sie eher gleichgültig gegenüber. Darüber, dass sich die Eheleute öfters in Streit miteinander lagen, war nichts bekannt. David Brandmüller war aber in der Stadt dafür bekannt, öfters einen über den Durst zu trinken.
Mord
Wenige Tage nach der Hochzeit kam ihr früherer Dienstherr Michael Rabus mit der Bitte, sie doch regelmäßig besuchen zu dürfen, in ihre neue Wohnung. Auch die nächsten Tage versuchte er sie zu treffen und versprach ihr 3.000 Gulden, die er bei dem geplanten Verkauf seines Hofes zu erlösen glaubte. Sie entwarfen einen Plan, wie sie ihr Leben gemeinsam führen konnten. Ursula sollte sich ihres Mannes mittels eines Giftes, das sie ihm in die Suppe tun würde, entledigen. Michael Rabus versprach, seine Frau Rosina auf die gleiche Weise zu töten. Am 27. August 1833, dem Mittwoch vor dem Fischertag, übergab er ihr im Hopfengarten das Gift.
Die Möglichkeit einer Scheidung der Ehe bestand auch damals, war aber ein sehr langwieriges Verfahren vor weltlichem und kirchlichem Gericht mit ungewissem Ausgang. Ursulas Wohnungsnachbarin, eine Hebamme namens Ursula Stephan, war geschieden. Sie erzählte der danach fragenden Ursula, dass das Verfahren zehn Jahre in Anspruch genommen habe, bis sie geschieden worden sei. Als Scheidungsgrund wäre eine unüberwindliche gegenseitige Abneigung in Frage gekommen, was in der Interpretation des damaligen evangelischen Scheidungsrechtes noch nicht allgemein bekannt war.
Am 28. August 1833 war ganz Memmingen auf den Beinen. Es war der Vortag des Fischertags, einem traditionellen Fest der Stadt. An diesem Tag mischte Ursula Brandmüller ihrem Mann David Brandmüller Arsen in die von ihr gekochte Morgensuppe. Daraufhin musste er sich bereits viermal bei der Arbeit erbrechen. Am 29. August 1833 verstarb David Brandmüller gegen 5 Uhr morgens.
Bald darauf waren zwei weitere unübliche Todesfälle zu vermelden. Am 4. September 1833 verstarb im nahen Dickenreishausen unter ungeklärten Umständen Michael Rabus’ Frau Rosina. In dem kleinen Dorf mit damals 372 Einwohnern kam es sofort zum Gerede. Es war bekannt, dass Ursula Brandmüller einige Jahre bei Rabus als Dienstmagd gearbeitet und Michael Rabus mit ihr ein Verhältnis gepflegt hatte. Michael Rabus sah sich an die Wand gedrängt und erhängte sich am 6. September 1833 um halb fünf Uhr morgens an seiner Bettstatt.
Am 9. September 1833 wurde David Brandmüller vom Totengräber Johann Jakob Neher und vier Gehilfen auf Anweisung von Untersuchungsrichter Joseph Zeckl um 5 Uhr morgens exhumiert. Noch am selben Tage um 10 Uhr morgens wurde Ursula Brandmüller zu einem Verhör bei Assessor Joseph Zeckl in das Landgericht Memmingen einbestellt. Sie wurde in Untersuchungshaft genommen. Am 15. September 1833 lag des Ergebnis der chemischen Untersuchung fest. Apothekenprovisor Creuzberg war der Nachweis gelungen, dass sich Arsen im Magen befand.
Beschreibung durch den Untersuchungsrichter
Der Untersuchungsrichter Zeckl beschrieb Ursula Brandmüller folgendermaßen: Sie war fünf Schuh und drei Zoll groß, was einer heutigen Größe von 1,56 m entspricht. Sie hatte blonde Kopfhaare zu einem Zopf zusammengebunden, blonde Augenbrauen, blaue Augen, kleine Nase und kleinen Mund, rotes rundes Kinn, weiße Zähne und eine gesunde Gesichtsfarbe. Sie trug eine Backenhaube, schwarz-braunwolles Halstuch, schwarze geblümten Brustlatz und eine Wams aus schwarzem Tuch, einen schwarz tuchenen Rock, blau wollene Strümpfe und schwarzlederne ausgeschnittene Schuhe.
Hinrichtung
Die Hinrichtung Ursula Brandmüllers sollte am 7. Juni 1834, einem sommerheißen Samstag, vollzogen werden.
Zeckl hatte der Delinquentin das endgültige Urteil drei Tage zuvor morgens um 9 Uhr offiziell eröffnet. Bereits am 1. Juni hatte ein zwölfjähriger Junge ein Schreiben auf dem Marktplatz gefunden, nach dessen Inhalt unverhohlen mit Brandstiftung gedroht wurde, sollten die Richter nicht ein gottesfürchtiges Urteil sprechen. An zwei weiteren Stellen der Stadt wurden Brandbriefe gefunden. Tatsächlich brannte es auch am Mittag des 6. Juni 1834. In der ganzen Stadt wurden Feuerpatrouillen aufgestellt. 80 Mann der Landwehr und 23 Mann der Gendarmerie standen in Alarmbereitschaft. Zusätzlich zur örtlichen Polizei forderte Zeckl den Einsatz des 11. Linien-Infanterieregiments aus Kempten im Allgäu an, das 100 Mann umfasste.
Eine bayerische Verordnung vom 22. Februar 1814 sah vor, den Wagen, in dem der Delinquent transportiert wurde, mit militärischer Bedeckung zu begleiten. Des Weiteren war der Einsatz von Gendarmerie und Landwehr am Richtplatz und eine militärische Umringung des Schafotts vorgeschrieben, um die Sicherheit der Stadt zu garantieren. Vor der Frohnveste in der Spitalgasse, in der die Delinquentin einsaß, wurden acht zusätzliche Gendarmen und 36 Mann der Kavallerie postiert.
Nachdem der Zug mit der Delinquentin das Kempter Tor passiert hatte, erreichte er zwischen neun und zehn Uhr den Richtplatz vor der Stadt. Um die 20.000 Menschen hatten sich versammelt. Scharfrichter Leimer und seine beiden Gehilfen traten aus dem Schafottstübchen. Mit einem Streich trennte er das Haupt vom Rumpf, worauf aus dem Publikum ein gedämpftes Bravo ertönte. Der Vorführer des Scharfrichters zeigte das Haupt dem Volk und legte es dem auf dem Stuhl sitzenden Leichnam zu Füßen. Pastor Köberlin hielt danach eine passende vorher beim Gericht zur Prüfung und Genehmigung vorgelegte Ermahnungsrede. Ein Druckstück mit Beschreibung der von der Hingerichteten begangenen Verbrechen, das in einer Auflagenhöhe von 8.770 Exemplaren erschienen war, wurde unter dem Volk verteilt. Die Lage in der Stadt blieb auch nach der Hinrichtung ruhig.
Ursula Brandmüller war keine eiskalte Giftmörderin, die mit Vergnügen jeden umbrachte, der sich ihr in den Weg stellte. Beispiele für solche Mörderinnen sind die 1811 in Nürnberg hingerichtete Anna Margaretha Zwanziger oder die 1831 in Bremen exekutierte Gesche Gottfried. Das Auffallende an der Verurteilten war ihre Durchschnittlichkeit. Brandmüllers Verteidiger war der damals 31-jährige gebürtige Münchner und freie Advokat Josef Anton Wibmer.
Geschichte der Prozessakten
Im Februar 1921 bat der sozialdemokratische Stadtrat und Verwaltungsrat des städtischen Museums und Archivs in Memmingen Dannecker den Präsidenten des Memminger Landgerichtes Barth, die Akte Brandmüller dem Memminger Stadtarchiv zu überlassen. Landgerichtspräsident Barth lehnte ab, weil er befürchtete, bei Abgabe der Akten in das Archiv könne der Inhalt der Akten in einer der Allgemeinheit nicht dienlichen Weise in die Tagespresse kommen. Deswegen befindet sich die Akte auch heute noch im bayerischen Staatsarchiv in Neuburg an der Donau.
Literatur
- Paul Hoser: Der Kriminalfall Ursula Brandmüller in Memmingen 1833–1834. Urteilsverkündung und Hinrichtung; Memminger Geschichtsblätter, Jahresheft 1997–2000, S. 74
- F.L. Vogt: Lebensgeschichte der Giftmörderin Gesche Margarethe Gottfried, geborene Timm, 3 Bände; Bremen 1831
- Paul Hoser: Die Geschichte der Stadt Memmingen – Vom Neubeginn im Königreich Bayern bis 1945. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3-8062-1316-X.
- Uli Braun, Walter Braun: Eine Stunde Zeit für Memmingen – vom Umland ganz zu schweigen.. Maximilian Dietrich Verlag, Memmingen div. Auflagen, ISBN 3-934509-30-4.
Weblinks
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